Die Kinder des Saturn
durchnässen die bunte Nylon- und Polyesterpolsterung und beschlagen die Sensoren. Zwar gibt es unter den Fluggästen einiges Murren, und es kommt auch zu Beschwerden, aber die Verlautbarung, dass es sich um eine offizielle Inspektion der Polizeibehörde handelt, dämpft die Panik, die eben noch auszubrechen drohte. Niemand mag die Pink Goo -Polizei, doch in der Öffentlichkeit herrscht die Meinung vor, dass sie eine hässliche, jedoch unerlässliche Aufgabe erfüllt. Deshalb nehmen die Passagiere es schweigend hin, dass die Polizei in den Raum voller Dampfschwaden stürmt.
Ich weiß nicht, was ich mir von der Pink Goo -Polizei erwartet habe, doch bestimmt nicht das hier: Sie setzt Drohnen ein, Metallkugeln so groß wie Fußbälle, die mit Düsen und Sensoren ausgerüstet sind. Wie bitte? Es schwärmen gar keine heimtückischen Bullen aus, DNA -Scanner zwischen die Zähne geklemmt? Nur zwei, drei Kugeln wirbeln mit unwirklicher Grazie herum, prallen zwischen Boden, Wänden und Decke auf und richten ihre Sensoren in jeden Winkel. Die Dampfschwaden in der Andockschleuse vernebeln mir zwar den Blick, trotzdem kann ich erkennen, dass die Passagiere sich wegducken. Und dann …
»Hallo, große Transuse? Du kannst uns jetzt rauslassen. Erinnerst du dich noch an uns?« Aus dem Sack an meiner Taille meldet sich Bill oder Ben. Bestürzt merke ich, dass sich der Himmel vor meinen Augenschlitzen eingetrübt hat. Unter meinen herunterbaumelnden Füßen erstreckt sich der unheimliche blaue Nebel bis zu einem unbegrenzten Horizont. Unmittelbar über meinem Kopf befindet sich die Andockschleuse – ein brutaler Fühler, der sich in die widerstrebende Pygmaion und deren Luftschleuse hineingeschoben hat.
»Klar.« Als ich den Sack aufziehe, steckt Bill (oder Ben) den Kopf mit den Greifwerkzeugen und den Knopfaugen heraus und sieht sich um. Gleich darauf hält er sich an meinem Gesicht fest, stemmt sich davon ab und huscht das Kabel hinauf, dicht gefolgt von seinem Bruder, der auch den Sack mitnimmt. »He!« Ich bin es nicht gewohnt, als Trittleiter benutzt zu werden.
»Leise, Transuse, wir versuchen uns anzuschleichen. Willst du jetzt den Lockvogel präparieren?«
»Wenn ihr meint, dass es schon an der Zeit ist.« Ich befestige den anderen Sack am Kabel, öffne ihn und hole den Inhalt heraus. Es sind Klamotten, die die ehrenwerte Kate Sorico niemals richtig mochte, und jede Menge anderes Zeug zum Ausstopfen. Voluminöses, massives Rohmaterial, das der Drucker in meiner Kabine produziert hat. Die Pygmalion hat feierlich geschworen, es werde auf dem Radar wie ein Körper wirken.
»Wir sind fast da, Transuse. Mach dich bereit.«
Was wir gleich versuchen werden, ist wirklich albern, aber immer noch besser als alle Alternativen, die uns eingefallen sind. (Nochmals checke ich die angezapften Leitungen, sehe aber nur Dampfschwaden. Irgendjemand – ich glaube, es könnte Mary X. sein – beschwert sich gerade darüber, dass die Dampfschwaden ihre Frisur ruinieren.)
Der Plan ist einfach, vielleicht sogar einfältig:
a. Schicke als Ablenkungsmanöver mehrere verschlüsselte Nachrichten an Jeeves. Erledigt.
b. Verlasse die Pygmalion , ehe die Polizei an Bord stürmt, und bleibe außer Sichtweite. Erledigt und bis jetzt geschafft.
c. Lass die Polizei das Schiff durchsuchen.
d. Setze ihr einen Köder vor die Nase, nach dem sie schnappt.
e. Geh wieder an Bord der Pygmalion und setze darauf, dass die Polizisten annehmen, wir hätten das Schiff schon früher verlassen oder wären nie an Bord gewesen. Du kannst auch hoffen, dass ihr Treibstoff knapp ist, weil sie zurück in die Umlaufbahn müssen, und sie deshalb nicht lange bleiben können – oder sonst etwas dieser Art.
Wie gesagt, ein völlig alberner Plan. Trotzdem bietet er uns, wie die Pygmalion betont hat, eine geringe Chance, der Pink Goo -Polizei nicht in die Hände zu fallen. Im Unterschied zu allen Alternativen, die uns zur Verfügung stehen.
»Fertig.«
Ich sehe zwar jede Menge Schwachstellen in diesem Plan, doch am besten denke ich gar nicht darüber nach. Wenn wir nicht einfach herumsitzen und darauf warten wollen, dass die Polizei uns festnimmt, können wir eigentlich gar nichts anderes tun, als uns an diesen Plan zu klammern. Und wer weiß? Vielleicht klappt er ja sogar.
»Okay, Große. Gib ihr ein bisschen Schwung.«
Ich ziehe die Beine an und versetze dem Lockvogel einen kräftigen Tritt ins gut gepolsterte Kreuz. Die Kleiderpuppe treibt mit schönem Schwung
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