Die Kinder des Saturn
gewöhnt bin als an alle anderen bisher getragenen Masken, auch wenn mein Gesicht mir dabei angespannt vorkommt. Während all dieser Prozeduren träume ich, ich sei Juliette.
Ich döse in Petes Armen, nackt auf einem Bett gefallener Blätter in einem Treibhaus mit grüner Kuppel auf dem Mars. Beide sind wir glitschig von den Körpersekreten des anderen und erschöpft, aber zugleich empfinden wir das Hochgefühl erster Verliebtheit, und ich wünsche mir, dieser Augenblick könnte ewig andauern. Da ich kein Schwachkopf bin, ist mir natürlich klar, dass ich eine Ausrede erfinden und die Flucht antreten muss. Ich dürfte gar nicht hier sein, und mit jeder Sekunde, die ich länger verweile, riskiere ich einen Eklat. Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht, der all unsere Vorhaben scheitern lassen könnte. Trotzdem bin ich hin und her gerissen. Ich möchte mich für immer an ihm festklammern, ihn stets bei mir spüren, bin entschlossen, ihn nicht zu verlieren, doch kurzfristig gesehen …
»Wir könnten zusammen durchbrennen«, murmle ich.
»Das würde ich liebend gern.« Während er mein Ohrläppchen berührt, schließe ich die Augen. »Ich möchte auf ewig mit dir zusammenbleiben.«
»Also, dann …« Ich ziehe mich ein wenig zurück und überlege, ob ich mich aufsetzen soll. »Warum tun wir’s nicht einfach?« In seiner Gegenwart fällt es mir schwer, mich zu konzentrieren.
»Meine Gebieterin ist eine eifersüchtige Arbeitgeberin. Falls sie mich für treulos hält …«
»Aber sie ist doch nur deine Arbeitgeberin! Du gehörst ihr doch nicht!« Stimmt das überhaupt? Plötzlich schaudert es mich vor Angst. Vielleicht könnte ich ihr Pete abkaufen. Doch das ist ein unsinniger Gedanke. Ich kenne mich selbst zu gut, um anzunehmen, dass es funktionieren könnte.
Mit der Fingerspitze streicht er leicht über meine Lippen. Es kommt mir ganz natürlich vor, sie zu küssen, und das führt zu einem weiteren Zwischenspiel. Irgendwie schaffe ich es einfach nicht, mich zu bremsen. Doch er redet weiter, obwohl ich den Kopf an seine Kehle schmiege. »Sie ist viel gefährlicher, als dir klar ist, meine Liebe. Sie ist zwar nicht meine Eigentümerin, da hast du Recht, aber sie könnte sich so verhalten, als wäre sie es, wenn sie wollte. Die verdammte Oberschicht hat das Geld und als Körperschaft auch die Macht, mich oder dich zu verklagen und uns wie die Schlachtschweine vor Gericht zu zerren, bis unser Vermögen völlig aufgebraucht ist und wir pleite sind. Bitte riskier das nicht! Sobald wie möglich werde ich mir irgendetwas einfallen lassen, um da herauszukommen, du wirst schon sehen. Ich muss ihr nur suggerieren, es sei ihre eigene Idee, mich loszuwerden. Und sobald ich frei bin, komme ich zu dir …«
»Ich will aber nicht warten.« Es fällt mir wirklich schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. »Wir könnten auf der Stelle fortgehen. Ich habe eine Spinne dabei. Und ich weiß, wo du dir eine neue Identität beschaffen kannst …«
»Ich will ja mit dir zusammen sein! Aber du unterschätzt meine Gebieterin …«
Plötzlich schwingt die Tür auf, und ein kühler Luftzug dringt von draußen herein. »Na, so was! Das ist ja wirklich interessant.«
Während Pete sich neben mir aufsetzt, drehe ich mich um. »Ich ha… habe ihr die Orchideen gezeigt«, stottert er hilflos. Auch Pete ist so ausgestattet, dass er die körperlichen Reaktionen unserer Schöpfer nachahmt. Und wenn er verlegen ist, errötet er.
Eliza Lynch, die Grande Dame von Paraguay – oder ihre gegenwärtige Darstellerin – ist davon keineswegs beeindruckt, wie deutlich zu merken ist. Mit wedelndem Kopfputz aus uralten Pfauenfedern bleibt sie am Eingang stehen, und wenn Blicke töten könnten, würde der Hass in ihren düster funkelnden Bishojo-Augen ausreichen, eine ganze Stadt zu vernichten. »Mit dir beschäftige ich mich später«, erklärt sie kalt und wendet leicht den Kopf, um mich anzuglotzen. »Und was Sie betrifft: Dass Sie sich so einfach an meinem persönlichen Hab und Gut bedienen …«
Während ich mich hochrappele, härtet sich meine Haut und bildet Schuppen zur Verteidigung aus. Aber ihre Leibwächter haben sich bereits zwischen uns gedrängt – zwergwüchsige schwarz gekleidete Sadisten, die kichern, als sie ihre Elektrokeulen aus den Futteralen ziehen. »Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig«, werfe ich ihr an den Kopf. »Lassen Sie uns das wie eine Ehrensache miteinander austragen.«
Das ist pure Aufschneiderei, denn in
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