Die Kinder des Saturn
eine einzige Person namens Rhea auftreten.)
Selbstverständlich ist es nur eine gesprochene Nachricht. Wie kommt es, dass ich mit dieser altertümlichen Manieriertheit fast gerechnet habe?
»Hallo, Freya. Inzwischen sind Sie sich vermutlich darüber im Klaren, dass die Situation kritisch ist. Hier eine kurze Zusammenfassung: In den letzten Jahren ist uns aufgegangen, dass ein Konsortium geheim arbeitender Labors, das sogenannte Sleepless-Kartell, eine Serie von Nanoreplikatoren aus Green Goo und Pink Goo zu entwickeln versucht, um damit einen vollständig funktionstüchtigen Schöpfer ins Leben zu rufen. Das ist ein gewaltiges Unterfangen, und Labors aus dem ganzen Sonnensystem sind daran beteiligt. Verschiedene Konsortien von Aristokraten,
insbesondere die als Schwarze Klaue bekannte Gruppe, haben höchstes Interesse an diesem Projekt. Die Ware, die Sie von Merkur zu Mars befördert haben, war eine Arbeitsprobe – ein flugtauglicher Organismus -, in dem auch DNA-Sequenzen unserer Schöpfer exprimiert waren. Sie diente als Beweis für die Glaubwürdigkeit dieses speziellen Labors. Ob diese Leute auch einen lebenden Homo sapiens ohne Vorlage herstellen können, ist fraglich, aber wir befürchten das Schlimmste. Die Firma Jeeves arbeitet mit verschiedenen Interessenten zusammen, die mit den von den Aristos dominierten Fraktionen nicht auf gutem Fuß stehen und nicht dafür sind, die Herstellung von Musterexemplaren des Homo sapiens zu diesem Zeitpunkt zu genehmigen, insbesondere wenn man dessen Hang zur eigenständigen Reproduktion bedenkt. Die Gruppe der Schwarzen Klaue ist optimistisch und glaubt, sie könne ihren künstlich hergestellten Gebieter beherrschen und lenken, sobald sie ihn in Besitz hat. Bestenfalls geben sich diese Leute Illusionen hin. Schlimmstenfalls nehmen sie dabei bewusst den Niedergang der Zivilisation in Kauf. Und dieser Ausdruck ist gewiss nicht übertrieben, wenn man den potenziellen Schaden bedenkt, den ein bösartiger Schöpfer bewirken könnte.
Inzwischen haben wir eine ganze Reihe von Rückschlägen hinnehmen müssen, die unsere Arbeit behindern. Offenbar ist es zumindest einer gegnerischen Fraktion gelungen, unsere Organisation zu infiltrieren. Entweder haben diese Leute einen unserer jüngeren Teilhaber ›umgedreht‹, oder sie haben unter den Mitarbeitern, die unser Vertrauen genießen, einen Spitzel eingeschleust. Wir wissen nicht, wer dieser Maulwurf ist, sind uns aber darin sicher, dass Sie nicht in diese Geschichte verwickelt sind. Auch Juliette war es nicht. Man sollte wohl noch erwähnen, dass Juliette selbst es war, die vor einigen Jahren, als sie erstmals verdeckte Arbeit für uns leistete, die Nachricht von ihrem Tod und einen gefälschten Seelenchip in Umlauf brachte. Erst nachdem die Entscheidung gefallen war, Sie, wenn möglich, zu rekrutieren – damals lebten Sie auf Venus -, hat Daks den gefälschten Chip in Ihrem
Seelenfriedhof durch den echten ersetzt, den Juliette beigesteuert hatte. Nachdem Juliette ihren ersten echten Chip übermittelt hatte, stießen wir auf gewisse Probleme. Bestimmte Ereignisse auf Mars beeinträchtigten in der Folgezeit Juliettes Bereitschaft, mit uns zu kooperieren. Daks müsste Ihnen mittlerweile eine Kopie des jüngsten uns zugänglichen Seelenchips von Juliette gegeben haben, den wir uns ohne ihr Wissen angeeignet haben. Möglich, dass Sie die darauf gespeicherten Erinnerungen als traumatisch empfinden werden. Allerdings nehmen wir an, dass die Aufarbeitung dieser Erinnerungen Ihnen dabei helfen wird, sich Ihre Zielstrebigkeit in der bevorstehenden schwierigen Phase zu bewahren. Die Aufzeichnung erfolgte vor knapp einem Jahr, nach Juliettes letztem, verhängnisvollem Auftrag, kurz bevor sie floh. Falls Sie Juliette begegnen, denken Sie bitte daran, dass Juliette keine Schuld trifft. Es kann sein, dass sie sich irrational verhalten wird, irrational in einer Weise, die unseren gemeinsamen und Ihren persönlichen Interessen in hohem Maße entgegenwirkt, aber wir tragen ihr nichts nach. Dieser unglückselige Zufall, dieses Missgeschick, das Juliette ereilt hat, hätte jeden von uns treffen können. Wir werden Juliette, falls möglich, helfen – wir können ihr eine Therapie anbieten -, allerdings müssen Sie auch daran denken, dass sie uns an die Schwarze Klaue verraten könnte. Deshalb sollten Sie ihr mit angemessener Vorsicht begegnen, falls es zu einem Zusammentreffen kommt.«
Ich muss schlucken. In Anbetracht dessen, dass ich erst vor
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