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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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Wäre ich eine paranoide Person wie Juliette, die stets das Schlimmste unterstellt, würde ich annehmen, dass Jeeves mir eine Falle stellen will. Ich finde es keineswegs lustig, dass er mich kreuz und quer durch die Domäne meiner Gegnerin schickt, während ich der Schwester, der sie Rache geschworen hat, wie aus dem Gesicht geschnitten bin. Aber … was hat Jeeves davon? Warum
sollte er mir den Tod wünschen? Ich kann keinen Grund dafür entdecken. Und falls er mir doch nach dem Leben trachtet, warum sollte er mir dann eine derart ausgeklügelte Falle stellen? Und wer steckt hinter dem Versuch, mich durch eine Klage zu ruinieren und einen Anspruch auf meinen Körper durchzusetzen?
    Jeeves benutzt mich als Köder. Oder er selbst ist der Maulwurf in der Organisation.
    Keine dieser Alternativen ist sonderlich beruhigend. Aber ich brauche das Flugticket zum Jupiter, stimmt’s? Falls ich beispielsweise zur Erde reise, kann ich nicht wissen, welche Schwestern der Domina mir als Nächstes über den Weg laufen – oder welche ihrer Leibwächter, die extravaganten Aristo-Gangster oder die zwergwüchsigen Space-Cowboys, die Ninjas, die sie so gern beschäftigt. Bisher habe ich es erstaunlich gut geschafft, am Leben zu bleiben; doch vor allem habe ich das der Tatsache zu verdanken, dass ich Unterstützung hatte. Falls ich mit Jeeves breche, habe ich beim nächsten Mal vielleicht nicht mehr so viel Glück.
    Ich setze mich aufs Bett und denke weiter angestrengt nach. Kann ich die Aufträge erledigen, ohne mich zu exponieren? Ich rufe Jeeves’ Nachrichten auf und lese sie nochmals durch. Danach überprüfe ich den Reiseplan. Jeeves will, dass ich wegen dieser Aufträge Orte aufsuche, die so weit auseinander liegen wie Carter City, Lowell und … Ja, denkt eines meiner Ichs, das könnte klappen. Und so beginne ich damit, meinen eigenen Reiseplan auszuarbeiten.

    Am nächsten Tag verlässt die Lebedame Kate mit Sack und Pack das schäbige Hotel und steigt in einen Bummelzug gen Süden. Der Zug hält an vielen Stationen entlang der Strecke zu dem Reiseziel, für das Kates Fahrkarte gilt. Es liegt in der Nähe der Stadt Bougainville am Südpol. Doch als der Zug dort ankommt, ist Kate nicht mehr an Bord. Maria Montes Kuo – die vermutlich auf mehreren Überwachungslisten steht – nimmt einen Suborbitalflug nach Faschoda, eine Magnetschwebebahn nach Maxwell
und einen Zug nach Tribeca. Ich tue nichts dergleichen und besorge mir stattdessen aus dritter Hand eine ramponierte Spinne. Ich zahle mit Geld aus der Brieftasche von Jennifer Sixt. Auch Jennifer ist eine der vielen Identitäten, die Jeeves für seine Kuriere bereithält, allerdings ist ihre Legende eher durchsichtig.
    Habe ich schon erwähnt, dass der Mars wirklich groß ist?
    Drei Tage später komme ich mit der Spinne an der Peripherie von Hellasport an, fast dreitausend Kilometer von dem Ort entfernt, wo ich das Fahrzeug erworben habe. Ich habe unterwegs nicht geschlafen, bin erschöpft, und jedes Gelenk in meinem Körper ist bei der Fahrt über raues, unwegsames Gelände halb aus den Fugen geraten. Ich habe viel Zeit gehabt, nachzudenken, zu grübeln und Jeeves’ Anweisungen wieder und wieder durchzugehen. Inzwischen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich tatsächlich jede Menge Staub aufwirbeln sollte, wenn Jeeves Staub aufwirbeln will. Allerdings nicht zu dem Preis, der Domina in die Hände zu fallen.
    Da ich einen zerfledderten Stadtplan zu Rate gezogen habe, brauche ich am Reiseziel nicht lange, den gesuchten Markt in einer Hintergasse zu entdecken. Mehrere Verkaufsbuden und schmuddelige Geschäftsfassaden reihen sich hier an Transformatorenstationen und mobile Händler, die ein ganzes Sortiment von Nährstoffen verkaufen. Ich gehe lieber zu Fuß, als die Spinne hierher mitzunehmen. Das, wonach ich suche, ist ein bisschen vornehmer als Ferds abgewrackter Schuppen in der Schrottstadt, ansonsten aber durchaus ähnlich. Das Wartezimmer ist schwarz gestrichen und nur spärlich möbliert, damit nichts von den hier ausgestellten Utensilien ablenkt: Glieder, Köpfe, Rümpfe und die Körperstruktur stützende Knochen zieren Wände und Decke. Alle Körperteile tragen die Signatur der Ingenieurin, die die chirurgischen Eingriffe vornimmt. Der Laden wirkt schäbig und hässlich, aber angeblich investiert Red ihre Gewinne in die Praxis und nicht in kunstvolle Malerarbeiten.
    »Ist jemand da?«, rufe ich und nehme auf einer Sitzbank mit bemerkenswert lebensechten Füßen

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