Die Kinder des Teufels (German Edition)
ist vergebens», erwiderte sie niedergeschlagen und ein gutes Stück zornig, «Michael ist nicht dadrin.»
«Wie kommst du darauf?», fragte Volkhardt.
Kathi zeigte ihm das Flugblatt mit Madame Sounya und ihrem sprechenden Raben. «Sie ist eine Gauklerin, nichts weiter.»
«Wo hast du das her?»
«Aus dem Wagen. Da gibt es noch viel mehr davon.»
Sounya kam zu ihnen. «Und, was sagt es dir?»
Kathi antwortete frei heraus. «Dass du eine Lügnerin bist!»
«Weil ich Geld mit meiner Kunst verdiene?»
«Kunst?» Kathi lächelte bitter. «Scharlatanerie, nichts weiter.»
Sounya reagierte unbeeindruckt.
«Wenn ich ein Scharlatan wäre, würde ich dir etwas vormachen.»
«Das tust ja auch.»
«Das werden wir noch sehen.»
Der Wagen stand vor den hohen Klostermauern. Unmöglich, da ohne Leiter drüberzukommen. Wenn man allerdings auf das Dach des Wagens kletterte, dann war es nur ein Katzensprung hinüber.
Sounya wollte es wagen. Sie stieg auf den Bock und dann auf das Dach. Die Mauer war nur noch einen Schritt entfernt. «Kommt ihr?»
«Michael ist nicht hier», erwiderte Kathi.
«Er ist es. Vertrau mir.»
«Jetzt, da wir schon mal da sind», lenkte Volkhardt ein, «können wir doch auch nachsehen.»
«Ich traue ihr nicht.»
«Du wartest hier», schlug er vor, «wenn ich ihn gefunden habe …»
Aber mitten in der Nacht und ganz alleine hier draußen herumstehen wollte sie auch wieder nicht.
«Kommt nicht in Frage», widersprach sie. «Nicht dass ich ihr glaube … ich bin weit davon entfernt … aber wenn Michael doch dadrin ist, braucht er mich.»
Mit einem Satz war sie auf dem Bock und mit dem zweiten auf dem Dach.
«Im Namen und in der Kraft unseres Herrn Jesus Christus beschwöre ich dich, unreiner Geist …»
Michael lag auf dem Altar der Klosterkirche in Himmelspforten. Um ihn herum Dutzende Kerzen. Sie spendeten nicht nur Licht, sondern hielten ihn auch leidlich warm. Etwas zu warm für Antonius, dem der Schweiß auf der Stirn stand. Er hielt die Augen geschlossen und die Hände gefaltet. Seine Stimme war fest und der Wille stark. Er wusste, dass er das Richtige tat.
«… wer immer du bist, jede satanische Macht, jeder höllische Feind, jede teuflische Legion, Schar und Rotte: Reiß dich los und entferne dich von der Kirche Gottes und von den Seelen, die nach seinem Ebenbild erschaffen und durch sein kostbares Blut erlöst wurden.»
Er öffnete das Tuch, in das Michael gewickelt war, tauchte seine Finger in ein Weihwasserkesselchen und benetzte damit Michaels Gesicht und die Brust. Der mochte das überhaupt nicht und protestierte laut. Antonius legte ihm die Hand auf die Stirn. Sie war noch immer heiß, genauso wieder der Rest des kleinen Körpers.
«Satanas, ich weiß, dass du da bist. Offenbare dich mir.»
Doch da war kein Satan, nur ein fiebriges, kleines Kind.
So wiederholte er die Worte. «Wer immer du bist, jede satanische Macht, jeder höllische Feind, jede teuflische Legion, Schar und Rotte …»
Eine Nonne schaute durch den Spalt der Kirchentür herein. Sie hatte Angst und wagte kaum zu sprechen.
«Verzeiht, ehrwürdiger Bruder …»
Antonius blickte auf. «Was willst du, Schwester?»
«Es ist alles vorbereitet, so wie Ihr es gewünscht habt.»
Er nickte. «Hab Dank, und nun geh.»
Die Nonne brauchte keine zweite Aufforderung. Draußen auf dem Gang warteten ihre Schwestern, eine aufgeregter und ängstlicher als die andere.
«Was will dieser Bruder mit dem Kind anstellen, Schwester Oberin?»
Die Sorge war berechtigt, denn plötzlich durchschnitt das laute Klagen eines Kindes die stille Abgeschiedenheit des Klosters Himmelspforten.
Antonius legte das Messer zur Seite. Blut tropfte auf den Altar. Seine Stimme war voller Leidenschaft.
«Ich beschwöre dich, du verfluchter Drache, und jedes Heer von Teufeln, durch den lebendigen Gott, durch den wahren Gott, durch den heiligen Gott, durch den Gott, der die Welt so sehr geliebt hat, dass er seinen eingeborenen Sohn dahingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern das ewige Leben hat …»
«Hört ihr das?»
Volkhardt blieb stehen, horchte in die Nacht. Auch Kathi und Sounya spitzten die Ohren. Das Schreien eines Kindes drang aus dem Dunkel.
Kathi drohte vor Schreck das Herz stehenzubleiben.
«Michael?»
«Es kommt aus dieser Richtung», sagte Sounya und ging voran. Volkhardt und Kathi folgten ihr, jetzt von allen Zweifeln befreit, am falschen Ort zu sein.
Der Weg führte sie über einen
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