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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Himmel kreisten stumm ein paar Vögel. Ihr Schweigen zahlte sich aus. Kein Jäger, der in diesen dürren Zeiten Jagd auf sie machte, würde sie vorschnell entdecken.
    Michael hingegen hatte ein aufmerksames Auge. Er lachte, als er die schwarzen Punkte am Himmel kreisen sah.
    Kathi nahm ihn vom Rücken, setzte sich auf einen Stein am Ufer und streichelte ihm sanft über die roten Wangen.
    «Was macht dich denn so glücklich?»
    Ein unschuldiges Lachen kam ihr entgegen, aus voller Brust und in perfekter Harmonie mit der Unbeschwertheit eines jungen Lebens. Lustig war das Treiben dort am blassblauen Himmel, genauso wie der Glanz in den Augen seiner Mutter.
    Der Augenblick hätte für beide ewig andauern können, wenn nicht ein Schrei sie aufgeschreckt hätte.
    Jemand kam mit nacktem und blutig zerkratztem Oberkörper auf sie zugelaufen. Er schien von Sinnen, schlug um sich, als wollte er einen angreifenden Vogel abwehren. Kathi erhob sich, vergrub Michael in ihren Armen und lief davon.
    Michael spähte über ihre Schultern und sah, wie sich der Mann in das eiskalte Wasser stürzte und nicht mehr aus ihm hervorging.
    Lustig war das. Er lachte erneut, und Kathi erschauderte.

[zur Inhaltsübersicht]
    7
    Auf den Schnee folgte der Frost, auf den Frost das Feuer.
    Seit Wochen lag die Stadt nun wie in Schockstarre. Über ihr nahmen klirrend kalte, aber helle Winternächte den Himmel ein. Sterne funkelten wie Edelsteine im samtweichen Schwarz des Universums, und der Mond schien, als gäbe es kein Morgen. Alles bezaubernd schön und verheißungsvoll, doch trügerisch wie der Glanz einer Schwertklinge.
    Von den Hügeln ringsum kamen die Tiere ins Tal auf der Suche nach Nahrung. In den Wäldern war alles Leben unter einer dicken und mit Eis überfrorenen Schneeschicht begraben. An den Rändern der Stadt wühlten sie im Unrat. Die besonders mutigen und hungrigen unter ihnen lagen auf der Lauer, bereit zuzuschlagen, wenn sich eine Chance ergab. Noch vor kurzem brauchten sie das nicht zu tun. Da brachten ihnen die Menschen die Nahrung in den Wald – Neugeborene und Alte, die nicht mehr ernährt werden konnten und eine Last darstellten.
    An den Straßen waren die aufgeknüpften Leiber schon lange bis auf die Knochen abgenagt. Nur die Hunde und Wölfe bemühten sich noch um sie. Alle anderen hofften auf die Menschen, sie nicht verhungern zu lassen. Noch war Leben in der Stadt, nicht viel, aber ausreichend, um über den Winter zu kommen.
    In diesen Tagen war es ein ausgeglichener Kampf, denn der Mensch hatte seine Allmacht verloren. Entkräftet und mit bloßen Händen stand er dem Tier gegenüber. Ratten agierten in Gruppen gewohnt einfallsreich, zwängten sich durch jede Lücke und fielen über die Erschöpften und Verletzten her.
    Die Wölfe taten es ihnen gleich. Sie waren dem Main gefolgt, hatten sich in den Hügeln zusammengefunden und durchstreiften gemeinsam die Nacht. Menschen standen gemeinhin nicht auf ihrem Speiseplan, im eigentlichen Sinne ekelte es sie vor ihrem Geruch. Aber in der Not machten sie Kompromisse. Wer zu schwach war, sich zu wehren, brachte sie und ihre Brut über diese karge Zeit.
    In den Lüften herrschten am Tag die Krähen und Bussarde, in der Nacht die Fledermäuse, Eulen und Käuze. Streng genommen waren sie die Verbündeten der Menschen, hatten es auf ihre Feinde, die Ratten, abgesehen. Der eine oder andere kam zur Einsicht, dass an einer Krähe oder an einer Eule doch nichts Teuflisches war. Wäre nur dieser verflixte Glauben an die Verwandlungskünste des Teufels nicht gewesen, der viele Gestalten annahm, um den Menschen die Seele zu rauben, es hätte sich eine Freundschaft auf Dauer entwickeln können.
    In dieser Nacht schien die Zeit stillzustehen. Leblos und schwer lag sie im Tal, drängte alles andere zur Seite.
    Kein Geräusch störte die Andacht, selbst der Ruf des Nachtwächters nicht oder das Knistern der Feuer, die die Wachen sonst entfachten, um sich zu wärmen. Nicht einmal Hundegebell war zu hören noch das Gezänk der Katzen oder der Ruf des Uhus. Alles Leben wirkte wie erloschen, in den Straßen blieb es dunkel und leer.
    Da näherte sich dem Südtor eine Kutsche, eskortiert von zwei Reitern, die bis auf einen Augenschlitz völlig vermummt waren. Auf dem Bock hantierte der Kutscher mit den langen Zügeln, und die Pferde traten nervös auf dem gefrorenen Untergrund.
    Einer der Reiter stieß mit der Lanze gegen das Tor.
    «Aufmachen. Im Namen Seiner Heiligkeit, Papst Urban, öffnet das

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