Die Kinder des Teufels (German Edition)
ihm, hielten ihn kompromisslos in der Mitte des Steins.
Wie das Protokoll es erforderte, eröffnete Riedner das Verhör und wies Erthel darauf hin, genauestens Protokoll zu führen, damit keine Missverständnisse entstünden. Dann gab er das Wort an Zacharias Stumpf, den Ankläger. Der erhob sich und verlas den gegen Gottfried erhobenen Vorwurf.
«Euch, Gottfried von Weyhenstein, wird vorgeworfen, das heilige Sakrament der Messe entehrt und missbraucht zu haben. Am Sanderanger seid Ihr in Gesellschaft einer nackten Hexe gesehen worden, wie Ihr Brot und Wein, den Leib und das Blut Christi, dem Teufel geweiht habt. Bekennt Ihr Euch schuldig?»
Gottfried bemühte sich um Fassung, obwohl ihm das nicht ganz gelang. In seiner Stimme schwang Angst.
«Nein.»
«Es liegen die Aussagen von drei Zeugen vor, die den Vorfall bestätigen.»
Gottfried hatte sich auf die Verhandlung vorbereitet. Jemand musste ihm gesagt haben, wie er sich zu verhalten hatte. Er zog die Geständnisse in Zweifel, die ihn so sehr belasteten und mit denen das Verhör gerechtfertigt wurde.
«Erpresste Geständnisse.»
Stumpf ging nicht darauf ein.
«Zudem bezichtigt Euch der ehrwürdige Vikar Ludwig …»
«Er ist ein Lügner.»
«Ich kenne Vikar Ludwig gut. Er ist Mitglied meines Konvents, und ich habe keinen Grund, an seiner Aussage zu zweifeln.»
«Er ist vom Teufel besessen. Ihr habt es alle gesehen.»
«Wir sitzen heute aber nicht über Vikar Ludwig zu Gericht, sondern über Euch.»
«Was macht es für einen Sinn, eine Anklage auf Basis erpresster Zeugenaussagen zu führen oder gar auf die wirren Faseleien eines Vikars, der überführte Kinderhexen unterrichtet hat?»
Das war natürlich ein Argument. Ludwig hatte sich mit den Kinderhexen nicht nur stadtbekannt gemacht, sondern im weiteren Verlauf auch angreifbar.
Stumpf mochte mit allem Möglichen gerechnet haben, aber nicht mit der Verstrickung Ludwigs in die Hexenprozesse. Er blickte zu Riedner, der wiederum hielt sich an Faltermayer.
«Eben darum sind Vikar Ludwigs Worte so bedeutend», antwortete Faltermayer kühl. «Er weiß, wovon er spricht.»
«Das ist zutiefst widersinnig.»
«Nur ein Teufel kann den anderen erkennen.»
«Aber Ludwig ist des Paktes mit dem Teufel noch nicht überführt worden. Wie kann sein Wort dann etwas gelten?»
«Der Verdacht reicht aus. Alles Weitere verhandeln wir später», beschied Faltermayer und gab das Wort an Stumpf zurück.
Der lenkte die Aufmerksamkeit auf einen anderen Punkt, und Crispin schien es, als ob dieses Zusammenspiel zwischen Ankläger und Hexenkommissar über Nacht an Qualität gewonnen hatte. Hatten etwa Absprachen stattgefunden, die ein schnelleres und vor allem sicheres Verfahren ermöglichen sollten? Falls ja, dann war Gottfried bereits jetzt verloren. Das hier diente allein der Form.
«Wie ich sehe», sagte Stumpf, «tragt Ihr kein Agnus Dei. Was hat es damit auf sich?»
Das schützende Lamm Gottes war ein wichtiges Schutzamulett aus geweihtem Wachs gegen die bösen Mächte. Jeder Geistliche trug eines, sie verteilten es sogar an die Gläubigen, damit sie gegen die Anfeindungen des Teufels gefeit waren. Fehlte es, war das alles andere als gut, und Gottfried wusste das.
«Ich muss es in der Aufregung vergessen haben.»
«Es liegt zerbrochen unter Eurem Bett, wie mir berichtet wurde.»
«Ihr wart in meinem Haus?»
«Meister Faltermayer hat den Auftrag zur Durchsuchung der Räume durch das geistliche Gericht erhalten.»
«Das ist nicht rechtens.»
Stumpf überging den Einwand. «Des Weiteren vermochten die Knechte in Eurem gesamten Hausrat kein einziges Weihwasserkesselchen zu finden. Sagt mir, wie kann das sein?»
Gottfried suchte nach Worten, die dieses sonderbare Fehlen erklärten. «Es muss mir gestohlen worden sein.»
«Gestohlen», erwiderte er nachdenklich. «Dann haben die Diebe aber ein höchst interessantes und durchaus wertvolles Stück zurückgelassen.» Er griff zur Seite zu einem kleinen Buch und las den Titel vor. «‹Gründlicher Bericht, ob Zauberei die ärgste und gräulichste Sünde auf Erden sei.› Geschrieben von Franz Agricola zu Sittart. Es ehrt Euch, dass Ihr Eurem Verstand so viel Bildung angedeihen lasst, doch erscheint mir dieses Buch in Zusammenhang mit der vorgebrachten Anklage nun in einem anderen Licht.»
«Woher habt Ihr es?»
«Aus Eurem kleinen, aber doch vorhandenen Bücherschrank.»
Erneut suchte Gottfried nach einem Ausweg. «Ein Bruder hat es mir zugesteckt, meinte, ich
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