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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Ende des langgezogenen Kellergewölbes sah er Licht und Menschen, die sich rings um ein Feuer aufhielten. Andere standen in einer Reihe und hofften mit einer Schale in der Hand auf eine Ration Suppe. Kolk hüpfte vorwärts, auf das Feuer zu. Eine Ratte kreuzte seinen Weg. Erschreckt flatterte er auf. Sein Krah! hallte so laut, wie er es noch nie zuvor gehört hatte.
    «Was war das?»
    Volkhardt sprang mit der Hand am Dolch auf und blickte in den finsteren Tunnel. Die anderen Kinder taten es ihm gleich, doch so sehr sie sich auch anstrengten, da war absolut nichts zu sehen.
    «Wahrscheinlich eine Katze oder ein paar Ratten», antwortete einer.
    Volkhardt beruhigte sich. Er nahm den langen Holzlöffel wieder zur Hand und rührte die Suppe. Im Kessel waren Schwarzwurzeln, die Kathi und Wilhelm aus der Apotheke mitgebracht hatten, dazu gestohlene Steckrüben aus dem Keller des Gasthauses zum Stern und Pastinaken aus der Küche des Juliusspitals.
    «Wann ist es endlich so weit?», fragte ein Junge in zerschlissenen Hosen und einer löchrigen Jacke, die gerade noch mit einem Strick vor dem Auseinanderfallen bewahrt wurde. Sein Gesicht war schwarz vor Dreck, die Augen hungrig und müde. Die Schale in seinen Händen bestand aus dem Schädelknochen eines Tieres, der Form und dem Gebiss nach zu urteilen dem eines Hundes.
    «Gedulde dich», erwiderte Volkhardt.
    Er blickte hinüber zu Kathi, die seit Stunden nichts anderes tat, als Heilkräutertee zu kochen und ihn an die Schwachen, Erkrankten und Verletzten zu verteilen.
    Die Nachricht, dass ein Mädchen Medizin ausgab, hatte sich nämlich in den Kellern herumgesprochen. Seitdem trafen ständig neue Kinder ein. Und egal, ob ihre Kräuter nun wirkten oder nicht, es war die Hoffnung, die zählte. Endlich war da wieder jemand, der sich kümmerte und ohne eine Gegenleistung zu fordern einfach nur half. Doch lange würde Kathi das nicht mehr durchhalten. Sie brauchte dringend eine Pause.
    Er ging zu ihr hinüber. Ein Mädchen lag vor ihr auf der blanken Erde, den Fuß in ihrem Schoß. Drei dieser kleinen Zehen waren schwarz, offensichtlich erfroren. Gleich daneben, auf dem Fußrücken, eine eiternde Wunde.
    «Was ist da passiert?», fragte Kathi.
    «Sie kamen in der Nacht, als wir alle schliefen. Meine Oma war krank … sie lag im Sterben.» Sie schniefte. «Sie müssen es gerochen haben.»
    Ratten. Kein Wunder, dass die Wunde sich so entzündet hatte. Der Fußrücken war rot und geschwollen, überraschend warm und schmerzempfindlich. Auffallend und besorgniserregend war aber eine Vene, die sich auf der Haut abzeichnete.
    Sie hatte so etwas schon mal bei einem Mann gesehen, der in die Apotheke gekommen war. Grein war sofort klar gewesen, dass ihm nicht mehr zu helfen war. Aber vielleicht hatte dieses Mädchen noch eine Chance. Sie suchte nach dem Beutel mit den Wurzeln und Blättern der Beinwellpflanze. Ihre Wirkstoffe reinigten die Wunde und halfen, sie zu verschließen.
    «Willst du nicht mal eine Pause machen?», fragte Volkhardt.
    Kathi blickte auf. Ihre Augen waren müde.
    «Nicht jetzt. Später vielleicht.»
    Mit einem Nicken zur Seite befahl sie ihm, näher zu kommen. «Das Mädchen muss dringend zu einem Arzt», flüsterte sie ihm ins Ohr. «Die Zehen, wahrscheinlich der ganze Fuß, müssen weg, sonst wird sie sterben.»
    Wenn sich Volkhardt unter den Kindern seiner Schwarzen Banden umsah, war dieses Mädchen bei weitem nicht die Einzige, die dringend Hilfe brauchte. Und jetzt kamen auch noch Angriffe von Ratten dazu. Wenn er es recht bedachte, führte er in diesem Weinkeller ein riesiges Lazarett.
    «Morgen bringe ich sie ins Juliusspital.»
    Kathi brachte den Beinwell auf die Wunde auf, legte ein halbwegs sauberes Stück Stoff darüber und verknotete es.
    «Fürs Erste wird das reichen», sagte sie zu dem Mädchen. «Jetzt steh auf und stell dich in die Reihe für die Suppe. Sie wird dir guttun.»
    Die Kleine erhob sich und setzte vorsichtig den Fuß auf den Boden.
    «Ich danke dir», sagte sie. «Ich wünschte, ich könnte auch etwas für dich tun.»
    «Werde gesund», antwortete Kathi und rieb sich den Schweiß von der Stirn. Dann wandte sie sich dem nächsten Patienten zu.
    «Komm jetzt», ging Volkhardt dazwischen. «Du brauchst eine Pause.»
    «Ich bin aber noch nicht so weit.»
    «Und ob du das bist.»
    «Schau, wie viele noch warten.»
    Sie zeigte auf die lange Schlange der Kinder.
    «Es ist keinem gedient, wenn du vor Müdigkeit umfällst oder einen Fehler

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