Die Kinder Paxias
dieses Ziel erreichte.
In dieser offensichtlichen Nachlässigkeit, dieser unerklärbaren Konzentration seiner Beachtung auf Nichtigkeiten, gewichtet im Auge des Kriegers, erkannte sie ihre Chance.
Nur ein Blinzeln ihrer Augen war nötig, um ihre Ausgangslage voll zu erfassen.
Mit einer einzigen, perfekt platzierten, ruckartigen Bewegung ihrer freien Hand, packte sie seinen Unterarm dicht vor ihrem Gesicht und erzeugte ein unangenehmes, knirschendes Geräusch, mit dem sein Arm die behütete Umklammerung der Schultergelenkpfanne verließ – gefolgt von einem tiefen, gurgelnden Aufstöhnen.
Eine weitere Reaktion erlaubte sie ihm nicht in der winzigen Zeitspanne, die sie brauchte, um seinen schlaff herabfallenden Arm freizugeben, der nur noch Halt an der Straffheit seiner Haut und den Sehnen seiner Muskeln fand, um sich nicht endgültig von seinem Körper zu lösen und nach der schützenden Hülle über ihrer Gestalt zu greifen. Blitzschnell riss sie die Decke von sich, verschaffte sich für ihre weiteren Angriffe Freiheit und warf sie, in dem Bestreben ihm selbige für seine Verteidigung zu nehmen, über sein Gesicht, mit einem Ende seinen unverletzten Arm fixierend.
Aber es steckte noch mehr Kraft in ihm, als nach dem ersten Blick vermutet, wie sie voll widerwilligen Respekts feststellen musste, da ihr gesamtes Gewicht addiert mit nicht wenig Stoßkraft nötig war, um ihn zu Boden zu werfen. Taktisch bedacht ihre eigene Schwäche nicht zu seinem Vorteil werden zu lassen, achtete sie instinktiv darauf, ihr verletztes Bein an seiner unbrauchbaren Körperseite zu platzieren, während sie ihm übergangslos folgte.
Ihres Triumphs voll innerer Befriedigung bewusst, befreite sie sein Gesicht langsam von dem festen Stoff.
Sie saß auf ihm, ihre angespannten Beinmuskeln an seinen Rippenbögen behinderten schmerzhaft die Luftzufuhr, ihr Knie unterband den Blutstrom seines gesunden Oberarms zu seiner Hand, die Spitze des Dolches drückte bohrend gegen seine Brust. Sie war wachsam und bereit, auf Unvorhergesehenes sofort reagieren zu können.
Doch nichts geschah.
Er lag reglos mit geschlossenen Augen da. Wenn das angespannte, mühsam unterdrückte Zittern seines Körpers nicht eindeutig fühlbar gewesen wäre, hätte Bewusstlosigkeit seinen Zustand treffend beschreiben können.
Enttäuscht und wütend über seine schnelle Resignation diesen Kampf als verloren anzuerkennen, verstärkte Saya den Druck des Dolches an seiner Brust, betrachtete ungerührt den roten Fleck, der sich kriechend auf seinem weißen Hemd um die spitze Schneide ausbreitete.
Rotes Blut.
Ihr einziger Gedanke bei diesem Anblick – mehr als Abscheu löste er nicht in ihr aus.
Viel zu heiß und viel zu schnell raste es durch das Adernetz.
Sie musste sich noch im Rausch Colias Drogen befunden haben, als sie ihn bei ihrer ersten kämpferischen Begegnung für einen würdigen Gegner befunden hatte – einen Krieger, dem sie Respekt entgegenzubringen hatte.
Schwelender Hass gärte gefährlich in ihr.
Hass auf ihren Irrtum.
Hass auf ihre impulsive Voreiligkeit, die sie Mut und Kraft mit dem findigen Verwenden ihrer Schwäche zu seinem Nutzen hatte verwechseln lassen.
Und Hass auf den feigen Wurm, dessen Waffengurt eher Zierde denn Zweckdienlichkeit zu sein schien und dessen optisch beeindruckenden, unter ihren Beinen auch in diesem Moment noch deutlich spürbaren Muskeln, wohl eher als Schmuck für die Brunft nach einfältigen Weibern dienlich waren, statt einem edlen, ehrenhaften Zweck gewidmet.
Ihre Stimme war nicht mehr als ein feindliches Zischen, ein schwer bezähmter Versuch, ihm nicht ihre angesammelte Verachtung entgegenzuschleudern, während sie ihr Gesicht über seines brachte.
„Kannst du mir einen einzigen Grund nennen, warum ich dich nicht auf der Stelle töten sollte?“
Erstaunlich langsam und ruhig hoben sich die Lider über leuchtend klarblauen Augen und hefteten sich in unverwandter Beständigkeit in ihre erbost flackernden.
Auf der fahlen Blässe seiner Haut hatten sich unzählige Schweißperlen gebildet, schwarzblaue Ränder umgaben seine Augen. All das waren Beweise seiner Schmerzen an der Grenze des Ertragbaren, wie sie genau wusste.
Doch nichts davon widerspiegelte sich in seinem Blick.
Diese absolute Gleichgültigkeit und Ignoranz versetzte Saya in einen Zustand starren Erstaunens, als dieser Mann seine Brust in einem tiefen Atemzug hob und somit selbst den Dolch tiefer in sein aufgeritztes Fleisch brachte. Fest genug,
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