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Die Kinder vom Teufelsmoor

Die Kinder vom Teufelsmoor

Titel: Die Kinder vom Teufelsmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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nicht mehr laufen«, piepste Birgit mit weinerlicher Stimme. »Ich hab' Hunger!«
    »Ich auch«, sagte Berti. »Wollen wir nicht erst mal was essen?« Sie ließen den Wagen stehen und setzten sich am Rand des schmalen Pfades ins Heidekraut. Ingelore packte die Brote aus, die Rita ihnen mitgegeben hatte, und verteilte sie.
    »Ich finde es hier im Moor eigentlich ganz toll«, sagte sie dabei, »so richtig abenteuerlich. Und man hat jede Menge Platz! Was meint ihr, wie die Kinder in der Stadt uns darum beneiden würden! Die hocken da zwischen all den Häusern aufeinander und können keine zehn Schritte laufen, ohne gegen eine Mauer zu stoßen.« »Aber dafür haben sie prima Spielplätze«, bemerkte Berti, »mit Schaukeln und Karussells und so. Sogar kleine Holzhäuser haben sie, da kann man richtig reingehen!«
    »Ach nee, wirklich?« spottete Rolf. »Und was machste da drin? Du guckst dir die Wände an und kommst auf der andern Seite wieder raus, das ist das ganze Vergnügen!«
    »Stadt ist doof«, sinnierte Bodo. »Das einzig Gute daran sind die vielen Kaufhäuser. Da kannste klauen, ohne daß einer was merkt. Du ziehst einen weiten Mantel an und läßt alles mitgehen, was du gebrauchen kannst. An der Kasse bezahlst du dann nur 'ne Rolle Klopapier oder 'ne Schachtel Streichhölzer und schleppst den ganzen Krempel seelenruhig nach Hause.«
    »Du hast einen ganz schönen Knall, mein Lieber«, rief Rolf. »So einfach ist das nicht! Da stehen nämlich überall Detektive rum, die dich genau beobachten, ganz unauffällig. Die sehen alles! Und in jeder Ecke ist eine Fernsehkamera eingebaut, du, die jeden Handgriff von dir fotografiert. Nee, nee, da ist an Klauen gar nicht zu denken. Die passen schon auf, daß ihnen nicht irgend so ein armes Schwein wie wir was wegnimmt.«
    »Warum legen sie einem denn alles so vor die Nase?« fragte Berti. »Die wollen einen doch direkt zum Klauen verleiten!« »Zum Klauen nicht, zum Kaufen«, sagte Ingelore. »Wetten, daß ich mit Leichtigkeit für jeden von uns 'ne Tafel Schokolade aus 'nem Kaufhaus klauen könnte?« rief Bodo. »Ohne daß mich eine von den blöden Kameras fotografiert?« »Vielleicht schaffst du's, vielleicht auch nicht«, sagte Ingelore. »Ich würde es nicht probieren, ich hab' nämlich keine Lust, für so einen Dreck ins Gefängnis zu gehen.«
    »Gefängnis ist gar nicht so schlimm«, sagte Bodo. »Da hast du 'n ganz gemütliches Leben, sitzt im warmen Zimmer, klebst Tüten, mußt Matten flechten und wirst auf Staatskosten durchgefüttert. Beate Krümmung hat mir das genau erzählt, ihr Alter hat schon oft gesessen. Der kommt immer ganz vollgefressen und ausgeruht wieder raus.«
    »Die dicke Krümmung spinnt!« rief Ingelore. »Die lügt doch schneller, als die Straßenbahn fährt! Prahlt damit rum, daß ihr Alter im Gefängnis war, was? Erzählt sie dir denn auch, was passiert, wenn er wieder draußen ist? Nee, das behält sie schön für sich! Aber ich kann es dir verraten. Da rennt er nämlich von Stelle zu Stelle, um 'ne Arbeit zu kriegen. Aber keiner nimmt ihn, weil er im Gefängnis war. Die haben alle Angst, daß er sie auch beklaut. Mama hat mir das erzählt, die weiß das genau, der Krümmung will doch immer mit ihr anbandeln, weil unser Vadder so lange auf See ist.« Bodo stand auf und schneuzte sich.
    »Wenn ich später mal im Knast war«, sagte er, »geh' ich hinterher einfach in eine andere Gegend, wo mich keiner kennt, da krieg' ich so viel Arbeit, wie ich haben will.«
    Ingelore erhob sich ebenfalls. Sie setzte Willy wieder auf den Handwagen und wickelte das übriggebliebene Brot ein. »Wenn man ohne Gefängnis durchs Leben kommt, hat man es bestimmt leichter«, sagte sie. »Ich werd's jedenfalls versuchen.« Langsam wanderten sie den Weg zurück.
    An der Gabelung verschnauften sie eine Weile. Bodo hatte schon wieder was zu meckern.
    »Oskar muß doch ziemlich behämmert sein«, knurrte er, »daß er uns nicht mal genau beschreiben kann, wo sein Haus steht!« »Jetzt müssen wir ja gleich da sein«, sagte Berti. »Los, weiter!« Aber eine halbe Stunde brauchten sie noch. Da winkte Rolf, der mit dem Fahrrad vorausgefahren war, ihnen zu. »Wir sind da!« rief er. »Hier steht Oskars Traumbungalow!« Das Haus, das sie sahen, hinter Birken und Erlen versteckt, ungepflegt und schief vor Alter, stand im hellen Nachmittagssonnenlicht und wirkte trotz seines schlechten Zustandes heiter und einladend. Der Wildwuchs ringsum und das Spiel der Sonne in den blinden

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