Die Kinder vom Teufelsmoor
daß sie da allein leben können?« fragte Oskar zögernd. »Allein wohl nicht«, antwortete Rita, »es müßte schon ein Erwachsener mitgehen, aber das muß ja keiner von uns beiden sein. Wenn du etwas dafür bezahlst, findet sich bestimmt jemand, der gern für einige Wochen in der gesunden Moorluft lebt und sich dabei ein bißchen um die Kinder kümmert. Vielleicht ein Student oder eine Studentin. Die haben doch jetzt Semesterferien, und viele von ihnen sind dankbar für jeden Job, den sie bekommen.« Oskar sprang auf.
»Das klingt nicht schlecht!« rief er. »Komm, wir fahren sofort nach Bremen.«
Schon die erste junge Dame, deren Adresse man ihnen auf der Arbeitsvermittlung für Studenten genannt hatte, Claudia Glanert, war bereit, mit einer gemischten Kindergruppe pädagogische Erfahrungen zu sammeln, selbst im Teufelsmoor.
Oskar fiel ein Stein von der Seele. Er hätte die angehende Lehrerin am liebsten umarmt.
»Wenn es Ihnen recht ist, hole ich Sie morgen nachmittag gegen 4 Uhr ab«, sagte er.
»In Ordnung«, antwortete Claudia, »ich erwarte Sie.« Erleichtert fuhr Oskar darauf mit Rita los und kaufte Töpfe, Geschirr und Lebensmittel ein, damit es den Kindern im Moor an nichts fehlte.
Erst um die Abendbrotzeit kehrte er nach Worpswede zurück. Als er aus dem Auto stieg, drückten sich die Kinder scheu herum, weil sie nicht wußten, ob sich seine Wut schon gelegt hatte. Oskar winkte ihnen zu.
»Kommt mal her!« rief er. »Ich hab' euch was zu sagen!« Das klang gar nicht mehr böse, und darum traten sie nahe an ihren Onkel heran.
»Also«, begann Oskar, »ihr habt mir zwar meine Bilder verdorben, aber wir wollen nicht mehr darüber sprechen, kein Wort! Die Sache soll vergessen sein. Nur muß ich natürlich schnellstens neue malen, und damit ich dafür die nötige Ruhe habe, müßt ihr das Haus verlassen. Ich bringe euch morgen ins Moor, ins Teufelsmoor. Da sollt ihr Ferien machen. Ihr wohnt ganz allein in so einer richtigen alten Moorkate und könnt toben und Krach machen, soviel ihr wollt. Kein Mensch wird sich darüber aufregen und euch etwas verbieten. Na, ist das nichts?«
Die Kinder waren verdutzt und brauchten eine Weile, um Oskars Worte zu begreifen.
Bodo fand als erster seine Sprache wieder.
»Wir sollen allein im Moor wohnen?« fragte er. »Du kommst nicht mit?«
»Nein«, erwiderte Oskar, »ich muß hierbleiben und arbeiten. Ich bringe euch nur hin.«
»Und die da kommt auch nicht mit?« fuhr Bodo fort und zeigte auf Rita.
»Nein«, antwortete die, »ich muß auch hierbleiben.« Bodo nickte.
»Ich kapiere«, sagte er. »Ihr schickt uns ins Moor, damit wir da alle schön der Reihe nach absaufen und ihr euch nicht mehr um uns kümmern müßt.«
»Du bist wohl nicht ganz gescheit!« sagte Oskar. »Wie kommst du denn darauf?«
»Na, ist doch klar«, sagte Bodo. »Wenn du uns nicht absaufen lassen willst, kannst du uns ja auch woanders hinschicken, wo es nicht so gefährlich ist. Und außerdem würdest du uns jemanden mitschicken, der sich um uns kümmert, oder selbst mitkommen!« »Aber, Junge«, rief Oskar und lachte, »ich bringe euch deshalb ins Moor, weil ich dort ein Haus habe und nicht, weil ihr ertrinken sollt! Und aufpassen wird auch jemand auf euch. Eine junge Studentin, die mal Lehrerin werden will, fährt mit und kocht für euch und kümmert sich, daß alles seine Ordnung hat. Sie kennt sich besser aus mit Kindern als ich und meine Haushälterin. Ihr werdet euch bestimmt gut mit ihr verstehen.«
»Auf alle Fälle bist du uns los!« knurrte Bodo. »Das stimmt«, antwortete Oskar. »Und ihr seid uns los.« Rolf knipste einen Brotkrümel vom Tisch und sah seinen Onkel offen an.
»Morgen willst du uns hinbringen?« fragte er. »Ja«, antwortete Oskar, »morgen früh. Und morgen nachmittag hole ich die Studentin nach.«
»Okay«, sagte Rolf. »Wir sind einverstanden. Vielleicht ist es gar nicht schlecht im Moor.«
Am nächsten Morgen waren die Kinder schon gleich nach dem Frühstück reisefertig. Sie waren sehr erregt, denn sie spürten, daß ein großes Abenteuer auf sie wartete.
Rita stand in der Küche und schmierte Butterbrote, damit die Kinder für den ersten Tag versorgt waren.
Rena schaute ihr zu und stibitzte hin und wieder ein Stück Wurst für ihre Katze.
»Fährst du auch mit?« fragte sie.
»Ja«, antwortete Rita. »Onkel Oskar und ich wollen anschließend gleich nach Bremervörde weiterfahren, weißt du, da wohnt meine Schwester.«
»Wir müssen uns aber sehr
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