Die Kinder von Alpha Centauri
herausgefordert. Nach all der Zeit wußte ich
vielleicht im Innersten, daß ich ihn auch nicht einfach verlassen konnte. Was
für einen Weg hätte es sonst gegeben?« Ihre Augen standen plötzlich voller
Tränen. Sie preßte das Taschentuch auf ihr Gesicht.
Jean biß sich auf die Unterlippe, zögerte einen Augenblick und legte dann
tröstend die Hand auf Celias Schulter.
»So dürfen Sie nicht denken«, drängte sie. »Sie wollen die ganze Schuld
auf Ihre Schultern nehmen und -«
Celia hob plötzlich den Kopf und sah Lechat an.
»Aber ich habe nur zweimal geschossen, nicht sechsmal, wie die Soldaten
feststellten. Und als ich ging, war ins Haus nicht eingebrochen worden.
Verstehen Sie nicht, was das bedeutet?«
Lechat starrte sie an, schien aber noch immer nicht ganz erfaßt zu haben,
worum es ging. Colman, der neben ihm stand, biß die Zähne zusammen.
»Jemand hat es so dargestellt, als wären die Chironer das gewesen«,
sagte er mit gepreßter Stimme.
Bernards Unterkiefer klappte herunter.
»Sterm?« stieß er hervor, dann blickte er auf Celia hinunter. »Sie haben
es ihm gesagt?«
Celia nickte.
»Noch an dem Abend, als ich ins Schiff hinaufkam. Ich muß hysterisch
gewesen sein. Aber... ja, ich habe es ihm gesagt.«
Lechat nickte langsam vor sich hin.
»Und binnen weniger Stunden sorgte er dafür, daß es so aussah, als sei
die Sache von außerhalb bewerkstelligt worden. Am nächsten Morgen hatte er
seinen Putsch schon detailliert geplant. Die Chironer dienten als Vorwand.
Alles paßt zusammen. Aber wer könnte das getan haben?«
»Der SD«, sagte Colman sofort. »Da waren Profis am Werk.«
»Würden sie einen solchen Auftrag übernehmen?« fragte Jean zweifelnd.
Colman nickte.
»Sicher. Sie werden ausgewählt und ausgebildet, um Befehle zu befolgen
und keine Fragen zu stellen. Manche würden ihre eigene Mutter erschießen, wenn
der Richtige das verlangt. Und Stormbel war eingeweiht. Paßt alles.« Er dachte
nach, dann sah er Lechat und Bernard an. »Auch der Ausbruch Padawskis war mehr
als verdächtig. Ohne interne Unterstützung hätte er so nicht ablaufen können.
Viele von uns waren der Meinung, das sei ein Manöver gewesen, um die Chironer
zum Gegenschlag zu verleiten.«
Lechat zog die Brauen hoch.
»Und dann die Bombenanschläge . ..« Er blickte auf Celia hinunter.
»Steckte Sterm hinter denen auch?«
»Ich weiß es nicht, aber es würde mich nicht wundern«, erwiderte Celia.
»Bei Howard weiß ich nur Bescheid, weil... weil...«
»Weiß sonst noch jemand etwas über Howard?« fragte Colman. »Veronica
etwa?«
Celia schüttelte den Kopf.
»Bis zu diesem Augenblick niemand.«
Colman stieß den Atem hinaus. Jetzt war ihm klar, warum Celia solche
Angst gehabt und Sterm sie so scharf bewacht hatte. Ohne Zweifel so lange, bis
er die dringenderen Aspekte der unerwarteten Gelegenheit hatte bewältigen
können.
»Veronica hätte nichts tun können«, sagte Celia. »Ich suchte nicht nach
einem Menschen, bei dem ich mich ausweinen konnte. Ich hatte viel Wichtigeres
zu sagen. Der Mann dort oben, der jetzt zu bestimmen hat, könnte nicht
gefährlicher sein - er ist über die Maßen intelligent, im Vollbesitz seiner
Kräfte und dabei völlig irrsinnig. Sterm hält sich selbst für unfehlbar und
unbesiegbar, und er wird vor nichts zurückschrecken. Er hat den Rest der Armee
im Griff, weil es ihm gelungen ist, ihr eine Lüge aufzuschwatzen. Und ich war
der einzige Mensch, der diese Lüge entlarven konnte. Es wird keine
Offenbarungen durch eine Obduktion geben - der Tote ist schon eingeäschert.«
Celia sah die anderen der Reihe nach an und begegnete entsetzten Blicken, als
sie das erkannten, was Colman schon Sekunden früher begriffen hatte.
»Ja, ich wußte, daß ich in Gefahr war, aber darauf kam es nicht so an«,
sagte Celia. »Ich kann die Lüge noch immer entlarven. Ich bin bereit,
öffentlich alles zu wiederholen, was ich gesagt habe - vor der Bevölkerung, der
Armee, den Chironern - bei allen, die ihn aufhalten können. Das System, das
Gestalten wie Sterm das gibt, was sie wollen, hat meinen Mann in den Wahnsinn
getrieben und ihn dann geopfert. Es darf keine Opfer mehr geben. Deshalb mußte
ich fliehen.«
33
Colman verließ das Haus der Fallows' kurz vor Mitternacht zusammen mit
Bernard, Lechat und Celia. In Phönix waren mehr Menschen unterwegs, als er
geglaubt hatte, und die Gruppe erreichte den von Sirocco angegebenen Posten,
ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen anwenden zu
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