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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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öffnete die gestohlene Brieftasche, entnahm ihr den Ausweis mit dem Foto von Peter Shoebury und hielt den Atem an.
    Kincaid betrachtete das Bild und verglich es mit Priests Ge-sieht. Priest wußte genau, was sein Gegenüber dachte: Könnte er sein, denk‘ich. Kincaid gab den Ausweis zurück. Priest atmete wieder gleichmäßig weiter.
    Kincaid wandte sich an Flower: »In welche Schule gehst du, Florence?«
    Priests Herz schlug schneller.
    Denk dir irgendwas aus, Mädchen.
    »Ich, äh …« Flower zögerte. Priest war schon drauf und dran, an ihrer Stelle zu antworten, da sagte sie: »Eisenhower Junior High.«
    Stolz erfüllte Priests Brust. Flower hatte seine Nervenstärke geerbt. Da Kincaid die Schulen San Franciscos vielleicht kannte, fügte er sicherheitshalber noch hinzu: »Das ist in Oakland.«
    Damit gab sich Kincaid offensichtlich zufrieden. »Nun, wir freuen uns, daß du zu uns gekommen bist, Florence«, sagte er.
    Wir haben es geschafft!
    »Ich danke Ihnen, Sir«, sagte Flower.
    »Hast du vielleicht ein paar Fragen an mich, die ich dir schon vor der Pressekonferenz beantworten kann?«
    Priest hatte darauf geachtet, Flower vorab nicht mit zu vielen Instruktionen zu überfrachten. Wenn sie schüchtern ist oder sich bei ihren Fragen verhaspelt, wirkt das nur natürlich, dachte er. Redet sie dagegen zu abgeklärt und einstudiert, schöpft vielleicht jemand Verdacht. Doch jetzt verspürte er plötzlich große Angst um sie und mußte den väterlichen Drang, sich einzumischen und ihr zu sagen, was sie zu tun hatte, unterdrücken. Er biß sich auf die Unterlippe.
    Flower schlug ihr Notizbuch auf. »Sind Sie der Leiter dieser Untersuchung?«
    Priest entspannte sich ein wenig.
    Die macht das schon.
    »Für mich ist das nur eine von vielen Untersuchungen, um die ich mich kümmern muß«, antwortete Kincaid und deutete auf den Mann mit dem schwarzen Schnurrbart. »Die Ermittlungen in diesem Fall leitet Spezialagent Marvin Hayes.«
    Flower wandte sich an Hayes. »Ich glaube, meine Mitschüler würden sehr gerne wissen, was für ein Mensch Sie sind, Mr. Hayes. Darf ich Ihnen ein paar persönliche Fragen stellen?«
    In der Art und Weise, wie Flower den Kopf neigte und Hayes anlächelte, beobachtete Priest nicht ohne Erschrecken eine gewisse Koketterie.
    Um Himmels willen, sie ist doch noch viel zu jung, um mit erwachsenen Männern zu flirten!
    Aber Hayes nahm es ihr ab. Die Frage schien ihm sogar zu gefallen. »Bitte sehr! Schieß los!«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja. Und ich habe zwei Kinder, einen Jungen etwa in deinem Alter und ein Mädchen, das ein bißchen jünger ist.«
    »Haben Sie Hobbys?«
    »Ich sammle alles, was mit dem Boxsport zu tun hat.«
    »Das ist aber ungewöhnlich.«
    »Da hast du wahrscheinlich recht.«
    Die Selbstverständlichkeit, mit der Flower sich in ihre Rolle hineinversetzte, löste zwiespältige Gefühle in Priest aus: Einerseits gefiel es ihm – andererseits war er entsetzt.
    Sie macht das echt gut. Aber, verdammt, ich hab‘ sie doch nicht all die Jahre großgezogen, damit sie eines Tages für so eine billige Illustrierte schreibt.
    Während der Agent Flowers unschuldige Fragen beantwortete, musterte Priest ihn eingehend. Hayes war sein unmittelbarer Gegenspieler. Der Mann war durchaus gepflegt gekleidet, im konventionellen Stil.
    Sein leichter brauner Anzug, das weiße Hemd und die dunkle Seidenkrawatte stammten wahrscheinlich
    aus einem Herrenmodegeschäft. Er trug schwarze, auf Hochglanz polierte und straff geschnürte Lederhalbschuhe. Haar und Schnurrbart waren sorgfältig getrimmt.
    Aber Priest spürte auch, daß das ultrakonservative Äußere dieses Mannes nur Fassade war. Die Krawatte war ein bißchen zu auffällig. Am kleinen Finger der linken Hand trug er einen protzigen Rubinring, und der Schnurrbart wirkte irgendwie ordinär. Hayes wollte offenbar die amerikanische Elite kopieren, aber es gelang ihm nicht recht, ganz abgesehen davon, daß deren Angehörige sich an einem Samstagvormittag nicht so herausputzen würden, nicht einmal für eine Pressekonferenz.
    »Was ist Ihr Lieblingsrestaurant?« fragte Flower.
    »Viele von uns gehen ins Everton, aber das ist eigentlich eher eine Kneipe.«
    Der Konferenzsaal füllte sich allmählich. Männer und Frauen mit Notizbüchern und Kassettenrecordern erschienen, mit Kameras und Elektronenblitzgeräten beladene Fotografen, Rundfunkreporter mit Mikrofonen und ein paar Fernsehteams mit Camcordern. Bevor sie den Saal betraten, bat sie die

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