Die Kinder Von Eden : Roman
Daddy?«
Priest zog eine Braue hoch, sah sie an und sagte: »Die hab‘ ich mir geliehen.«
»Hast du sie wem aus der Tasche gezogen?«
»Gewissermaßen.« Er sah ihr an, daß sie das eher für einen Streich als für ein Verbrechen hielt. Sollte sie ruhig glauben, was sie wollte. Er warf einen Blick auf die Wanduhr. Es war Viertel vor zwölf. »Bist du soweit? Können wir gehen?«
»Ja, natürlich.«
Nach einem kurzen Fußmarsch betraten sie das Federal Building, einen abweisenden Monolith aus grauem Granit, der einen ganzen Häuserblock in Anspruch nahm. In der Lobby mußten sie einen Metalldetektor passieren, und Priest war heilfroh, daß er daran gedacht hatte, das Messer wegzuwerfen. Er wandte sich an einen Wachmann und fragte ihn, in welchem Stockwerk das FBI angesiedelt war.Mit dem Fahrstuhl fuhren sie hinauf. Priest kam sich vor wie im Kokainrausch. Die Gefahr machte ihn überwach.
Wenn dieser Aufzug jetzt seinen Geist aufgäbe, könnte ich ihn mit meiner psychischen Energie wieder in Bewegung setzen. Es war wahrscheinlich ganz gut, wenn er einen selbstbewußten, ja vielleicht sogar ein wenig arroganten Eindruck machte – schließlich trat er als Rechtsanwalt auf.
Er führte Flower in die FBI-Etage und war seiner Tochter dankbar dafür, daß sie ihn in der Lobby auf ein Schild mit der Aufschrift Konferenzsaal aufmerksam machte. Vor der offenstehenden Tür zum Saal, auf dessen anderer Seite ein Tisch mit einigen Mikrofonen erkennbar war, standen vier Männer – große, sportliche Typen in gut gebügelten Geschäftsanzügen, weißen Hemden und braven Krawatten. Das mußten FBI-Agenten sein.
Wenn die wüßten, wer ich bin, würden sie mich über den Haufen] schießen, ohne auch nur darüber nachzudenken…
Immer ruhig bleiben, Priest. Die Kerle sind keine Gedankenleser. Sie haben keine Ahnung, wer du bist. Priest war eins dreiundachtzig, doch die vier waren allesamt größer als er. Er spürte sofort, daß der ältere Herr mit dem dichten, perfekt gescheitelten und gekämmten weißen Haar der Ranghöchste war. Der Mann, mit dem er sich unterhielt, hatte einen schwarzen Schnurrbart. Zwei jüngere Männer hörten zu; ihre Mienen verrieten großen Respekt.
Eine junge Frau mit einem Klemmbrett kam auf Priest zu. »Guten Tag, kann ich Ihnen helfen?«
»Ja, ich glaube schon«, sagte Priest ‚
Dabei fiel er den Agenten ins Auge. Er wußte, was in ihren Köpfen vorging, als sie ihn musterten: Der Pferdeschwanz und die Blue Jeans machten sie mißtrauisch, doch dann sahen sie Flower und entspannten sich wieder.
Einer der beiden jüngeren Männer sagte: »Alles okay hier?«
»Mein Name ist Peter Shoebury«, sagte Priest. »Ich bin Anwalt bei Watkins, Colefax und Brown hier in der City. Meine Tochter Florence ist Redakteurin der Schülerzeitung. Sie hat im Radio von Ihrer Pressekonferenz gehört und möchte darüber in ihrer Zeitung berichten. Da hab‘ ich mir gedacht, das ist doch eine öffentliche Veranstaltung, nicht wahr? Da kann ich mit ihr hin. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, oder?«
Alle sahen den Weißhaarigen an und bestätigten dadurch Priests Eindruck, daß er der Boß war.
Es entstand eine kurze Pause. Priest befürchtete schon das Schlimmste.
He, mein Junge, den Anwalt nehme ich dir nicht ab! Du bist doch Ricky Granger, der in den Sechzigern damals in Los Angeles über so ‚ne Kette von Schnapsläden ein Riesengeschäft mit Amphetaminen aufgebaut hat. Hast du etwa deine schmutzigen Pfoten in diesem Erdbeben-Quatsch, he? Los, Jungs, filzt ihn! Und packt euch die Kleine da auch gleich. Legt ihnen Handschellen an. Wir buchten sie ein und quetschen sie aus. Mal sehen, was sie uns zu erzählen haben.
Der Weißhaarige streckte ihm die Hand entgegen und sagte: »Ich bin Leitender Spezialagent Brian Kincaid, Chef des FBI-Büros in San Francisco.«
Priest schlug ein. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Bei welcher Firma waren Sie doch gleich, Sir?«
»Watkins, Colefax und Brown.«
Kincaid runzelte die Stirn. »Ist das eine Anwaltskanzlei? Ich dachte, das wären Immobilienhändler?«
Verdammt…
Priest nickte und versuchte, einnehmend zu lächeln. »Da haben Sie vollkommen recht, Sir. Und mein Job ist es, den Kollegen juristische Probleme vom Hals zu halten.« Gab es da nicht einen Fachausdruck für angestellte Juristen? Priest durchforschte sein Gedächtnis und fand das Wort. »Ich bin der Justitiar des Hauses.«
»Können Sie sich ausweisen?«
»Aber selbstverständlich.« Er
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