Die Kinder Von Eden : Roman
brauche. Sobald die Frau zu Ende gesprochen hat, weiß ich, ob es sich um diejenige handelt, die ich suche.«
»Und wer ist das?«
»Die Frau, die in der John-Truth-Show angerufen hat, natürlich.« Er pochte mit seinem Ringbuch auf die Schreibtischplatte. »Das FBI, die Polizei und sämtliche Radiostationen, die diese Show übertragen, haben bislang insgesamt tausendzweihundertneunundzwanzig Anrufe mit Hinweisen zur Identität dieser Frau bekommen.«
Judy nahm die Akte auf und blätterte sie durch. War der entscheidende Hinweis irgendwo darin versteckt? Simon hatte seine Sekretärin beauftragt, die Anrufe mit wichtigen, unmittelbarer Hinweisen herauszusuchen. In den meisten Fällen handelte es sich um Name, Anschrift und Telefonnummer der Anrufer, die bestimmte Angaben über die gesuchte Frau gemacht hatten. In einigen Fällen war ein Zitat des Informanten vermerkt:
Ich hatte immer schon den Verdacht, daß sie Verbindungen zur Mafia hat.
Sie gehört zu diesen undurchsichtigen Typen. Es überrascht mich nicht, daß sie in so eine Sache verwickelt ist.
Nach außen wirkt sie wie eine ganz normale Frau, aber es ist ihre Stimme – das würde ich auf die Bibel schwören.
Ein besonders nutzloser Tip stammte von einem anonymen Anrufer:
Ich weiß, daß ich die Stimme schon mal im Radio oder so gehört hab‘. Ich konnte mich deshalb daran erinnern, weil sie so sexy klingt. Ist aber lange her. Vielleicht hab ‘ ich sie auf‘ner Schallplatte gehört.
Es war eine sexy Stimme, wie Judy sich erinnerte. Das war ihr schon gleich zu Anfang aufgefallen. Die Frau könnte im Direktmarketing ein Vermögen verdienen, indem sie Leuten per Telefon Werbeanzeigen aufschwatzte, die eigentlich überflüssig waren.
»Alles in allem habe ich heute hundert Personen von der Liste streichen können«, sagte Simon. »Über kurz oder lang brauche ich Unterstützung.«
Judy blätterte weiter durch die Akte. »Ich würde Ihnen ja helfen, wenn ich könnte. Aber ich darf mich nicht mehr mit dem Fall befassen.«
»Oh, toll. Vielen Dank. Jetzt fühle ich mich schon viel besser.«
»Haben Sie schon gehört, wie es mit den Nachforschungen vorangeht?«
»Marvins Team ruft jeden an, der auf der Anschriftenliste der Bewegung Grünes Kalifornien steht.
Marvin selbst ist gerade mit Brian nach Sacramento unterwegs. Was die beiden dem berühmten Mr. Honeymoon erzählen wollen, weiß ich allerdings beim besten Willen nicht.«
»Es sind nicht die Grünen, die dahinterstecken. Das wissen wir alle.«
»Aber für Honeymoon kommt offenbar niemand anders in Frage.«
Judy betrachtete die Akte und runzelte die Stirn. Sie hatte eine weitere Aussage entdeckt, in der von einer Schallplatte die Rede war. Wie beim ersten Tip dieser Art, wurde auch hier kein Name der Verdächtigen genannt, doch der Anrufer hatte gesagt:
Ich hab‘ die Stimme auf ‚ner Schallplatte gehört, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Irgendeine alte Aufnahme. Aus den sechziger Jahren vielleicht.
Judy fragte Simon: »Ist Ihnen aufgefallen, daß zwei der Anrufer ein Plattenalbum erwähnen?« »Tatsächlich? Ist mir entgangen.«
»Beide haben erklärt, sie hätten die Stimme auf einer alten Schallplatte gehört.«
»Wirklich?« Sofort war Simon Feuer und Flamme. »Dann muß es ein Sprechalbum gewesen sein – Gutenachtgeschichten oder Shakespeare oder irgend so was. Zwischen der Sprechstimme und der Singstimme eines Menschen bestehen ziemliche Unterschiede.«
Raja Khan kam an der Tür vorbei und entdeckte Judy. »Oh, ich dachte, Sie wären zu Mittag, Judy. Ihr Vater hat angerufen.«
Judy wurde von Erregung gepackt. Wortlos stürmte sie aus Simons Büro und eilte zurück an ihren Schreibtisch. Ohne sich zu setzen, riß sie den Hörer von der Gabel und wählte Bos Nummer.
Er nahm sofort ab. »Hier Inspektor Maddox.«
»Was gibt‘s Neues?«
»Einen Verdächtigen.«
»Mensch, das ist ja phantastisch!«
»Stell dir vor, irgendwo zwischen Shiloh, Texas und Clovis in New Mexiko ist vor zwei Wochen ein seismischer Vibrator verschwunden. Und mit ihm der Fahrer. Sein ausgebrannter PkW wurde auf der örtlichen Müllkippe gefunden – mit ‚ner verkohlten Leiche drin. Wahrscheinlich die von dem Fahrer des Vibrators.«
»Der Mann wurde wegen des verdammten Lastwagens ermordet? Diese Leute machen keine Gefangenen, was?«
»Der Hauptverdächtige ist ein gewisser Richard Granger, achtundvierzig Jahre alt. Sie nannten ihn Ricky und hielten ihn für einen Hispano, aber mit einem
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