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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Bericht steht, daß sehr viele Leute der Meinung sind, Robson soll nachgeben und mit den Kindern von Eden verhandeln. Aber er verweigert jeden Kommentar.«
    »So wird das nichts«, sagte Priest. »Ich muß ‚ne Möglichkeit finden, mit ihm zu reden.«
    Als Judy erwachte, wußte sie nicht mehr, weshalb sie sich so schlecht fühlte. Dann aber stürzte die scheußliche Szene wie ein eiskalter Schwall auf sie ein.
    Gestern abend war sie vor Verlegenheit wie gelähmt gewesen. Sie hatte Michael eine Entschuldigung zugemurmelt und war aus dem Haus gerannt, innerlich brennend vor Scham. An diesem Morgen jedoch war das Gefühl der Demütigung einer anderen Empfindung gewichen. Jetzt war sie nur noch traurig. Sie hatte geglaubt, Michael könnte vielleicht ein Teil ihres Lebens werden. Sie hatte sich darauf gefreut, ihn besser kennenzulernen, wachsende Zuneigung zu entwickeln; sie hatte sich vorgestellt, mit ihm zu schlafen, von ihm begehrt zu werden. Doch nun war ihr Verhältnis binnen eines Augenblicks zerbrochen, zu Asche verbrannt.
    Judy setzte sich im Bett auf, um die Sammlung vietnamesischer Wasserpuppen zu betrachten, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Sie standen auf einem Regal über der Kommode. Judy hatte nie ein Puppenspiel gesehen – sie war nie in Vietnam gewesen -doch die Mutter hatte ihr erzählt, daß die Puppenspieler bis zur Hüfte in einem Teich stünden, hinter einer kleinen Kulisse, und die Wasseroberfläche als Bühne verwendeten. Seit Hunderten von Jahren wurden solche bemalten Holzpuppen benutzt, um erbauliche und lustige Geschichten zu erzählen. Sie erinnerten Judy immer an die stille Heiterkeit ihrer Mutter. Was würde sie jetzt sagen? Judy konnte ihre Stimme hören, tief und bedächtig. »Ein Fehler ist ein Fehler. Und ein weiterer Fehler kann vorkommen.Nur wer den gleichen Fehler zweimal begeht, macht sich zum Narren.«
    Gestern abend – das war bloß ein Fehler gewesen. Michael war ein Fehler gewesen. Sie mußte das alles hinter sich lassen. Ihr blieben nur noch zwei Tage, um ein Erdbeben zu verhindern.
    Das war wirklich wichtig.
    Im Fernsehen wurde ein Streitgespräch darüber gezeigt, ob die Kinder von Eden tatsächlich imstande seien, ein Erdbeben auszulösen. Die Gruppe, welche diese Meinung vertrat, hatte eine Interessengemeinschaft gebildet, die Gouverneur Robson zum Nachgeben zwingen sollte. Doch als Judy sich anzog, schweiften ihre Gedanken immer wieder zu Michael. Sie wünschte sich, mit ihrer Mutter darüber sprechen zu können. Sie konnte hören, wie Bo sich bewegte; aber mit ihm darüber zu reden, kam nicht in Frage: Es war kein Thema, über das man mit dem Vater sprach. Statt Frühstück zu machen, rief Judy ihre Freundin Virginia an. »Ich brauche jemanden, mit dem ich reden kann«, sagte sie. »Hast du schon gefrühstückt?«
    Sie trafen sich in einem Cafe unweit des Presidio. Ginny war eine zierliche Blondine, humorvoll und aufrichtig. Sie würde Judy immer nur genau das sagen, was sie wirklich dachte. Judy bestellte zwei Schokoladen-Croissants, damit sie sich besser fühlte; dann erzählte sie, was am Abend zuvor geschehen war.
    Als Judy schilderte, wie sie mit der Waffe in Händen in Michaels Schlafzimmer geplatzt war und ihn beim Vögeln überrascht hatte, brach Ginny in lautes Gelächter aus. »Tut mir leid«, keuchte sie, als ihr ein Stück Toast im Hals stecken blieb.
    »Hört sich unheimlich spaßig an, was?« meinte Judy und lächelte. »Aber mir kam es gestern abend ganz und gar nicht spaßig vor, das kann ich dir sagen.«
    Ginny hustete und schluckte. »Ich wollte nicht grausam sein«, sagte sie, als sie wieder Luft bekam. »Ich kann mir vorstellen, daß es für dich überhaupt nicht lustig war. Es war schäbig von dem Burschen, sich mit dir zu verabreden und dann mit seiner Frau zu schlafen.«
    »Jedenfalls hat es mir gezeigt, daß er sich noch nicht von ihr gelöst hat«, sagte Judy. »Und deshalb ist er noch nicht bereit für eine neue Partnerschaft.«
    Ginny machte ein zweifelndes Gesicht. »So würde ich das nicht unbedingt sehen.«
    »Du meinst, es war so etwas wie ein Lebewohl? Eine letzte Umarmung in Erinnerung an alte Zeiten?« »Vielleicht ist die Erklärung noch einfacher. Weißt du, die Kerle sagen niemals nein, wenn ihnen die Möglichkeit geboten wird, ‚ne Nummer zu machen. Für mich hört es sich so an, als hätte der Bursche das Leben eines Mönchs geführt, seit seine Frau ihn verlassen hat. Wahrscheinlich sind ihm die Hormone schon zu den Ohren

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