Die Kinder Von Eden : Roman
Verwerfungen. Erst dann bekäme ich genauere Anhaltspunkte.«
»Hättest du heute Zeit?« fragte Judy sofort. »Ich könnte dich in einem FBI-Hubschrauber in sämtliche Gebiete fliegen lassen, die auf der Liste stehen.«
»Ah … klar, warum nicht«, sagte er. »Ich meine … selbstverständlich nehme ich mir die Zeit.«
»Du könntest Leben retten.«
»Stimmt.«
»Findest du den Weg zum Offiziersclub in Presidio?«
»Ja, sicher.«
»Wenn du hier ankommst, wartet der Hubschrauber schon auf dich.«
»In Ordnung.«
»Vielen Dank, Michael.«
»Keine Ursache.«
Aber ich möchte immer noch wissen, warum du mit deiner Frau geschlafen hast.
Sie legte auf.
Es war ein langer Tag. Judy, Michael und Carl Theobald legten um die tausend Meilen im Hubschrauber zurück. Bei Einbruch der Dunkelheit hatten sie an fünf Stellen, die auf Michaels Liste standen, Beobachtungsposten eingerichtet, die rund um die Uhr besetzt waren.
Sie kehrten nach Presidio zurück. Der Hubschrauber landete auf dem verlassenen Paradeplatz. Mit ihren verfallenden Bürogebäuden und den Reihen leerstehender Häuser glich die Militärbasis einer Geisterstadt.
Judy mußte in die Kommandozentrale des Krisenstabes, um einem hohen Tier aus der FBI-Zentrale in Washington Bericht zu erstatten. Der Mann war am Morgen gegen neun Uhr erschienen und hatte sofort das Kommando übernommen. Zuerst aber führte Judy Michael zu seinem Wagen, der auf dem Parkplatz stand, über den sich nun die Dunkelheit senkte. »Was ist, wenn die Gesuchten den Beobachtungsteams durch die Maschen schlüpfen?« fragte Judy.
»Ich dachte, du hättest gute Leute.«
»Die besten. Aber wenn es nun doch passiert? Gibt es eine Möglichkeit, mich sofort zu verständigen, falls es irgendwo in Kalifornien einen Erdstoß gibt?«
»Natürlich«, erwiderte Michael. »Ich könnte direkt hier, in deiner Kommandostelle, einen Online- Seismographen installieren. Ich brauche bloß einen Computer und einen ISDN-Anschluß.«
»Kein Problem. Könntest du das morgen erledigen?«
»Ja, in Ordnung. Dann weißt du auch sofort Bescheid, wenn diese Leute den seismischen Vibrator an einem Ort einsetzen, der nicht auf der Liste steht.«
»Ist damit zu rechnen?«
»Ich glaube nicht. Falls ihr Seismologe seinen Job versteht, wird er die gleichen Stellen auswählen, die meiner Meinung nach in Frage kommen. Und falls er unfähig ist, sind diese Leute wahrscheinlich gar nicht in der Lage, ein Erdbeben auszulösen.«
»Gut«, sagte Judy. »Gut.« Ein Punkt, den sie sich merken mußte. Sie konnte dem hohen Tier aus Washington erklären, daß sie die Lage unter Kontrolle hatte.
Sie blickte zu Michaels schattendunklem Gesicht auf. »Warum hast du mit deiner Frau geschlafen?« »Darüber habe ich den ganzen Tag nachgedacht.«
»Ich auch.«
»Ich nehme an, ich bin dir so was wie eine Erklärung schuldig.«
»Ich glaub‘ schon.«
»Bis gestern war ich sicher, daß es mit Melanie und mir aus und vorbei ist. Aber gestern abend … meine Frau hat mich an die schönen Dinge in unserer Ehe erinnert. Melanie war humorvoll, zärtlich, wunderschön und sexy. Und was noch wichtiger ist, sie hat mich alles Schlechte vergessen lassen.«
»Zum Beispiel?«
Er seufzte. »Ich glaube, Melanie fühlt sich zu Menschen hingezogen, die sie führen … ihr sagen, wo‘s langgeht. Das gibt ihr Sicherheit. Ich war ihr Professor. Ich hatte immer gehofft, sie würde sich zu einem gleichwertigen Partner entwickeln, der sich an Entscheidungen beteiligt, der Eigenverantwortung übernimmt. Aber das wollte sie nie.«
»Verstehe.«
»Und da ist noch was. Tief in ihrem Inneren haßt Melanie die ganze Welt, haßt sie von ganzem Herzen. Die meiste Zeit läßt sie es sich nicht anmerken, aber wenn sie schlecht drauf ist, kann sie gewalttätig werden.«
»Wie meinst du das?«
»Na ja, zum Beispiel wirft sie mit Gegenständen nach mir. Einmal war‘s sogar ein Schmortopf. Sie hat mich nie verletzt, dazu ist sie nicht kräftig genug, aber hätten wir eine Waffe im Haus, hätte ich Schiß.« »Und gestern abend … ?«
»Habe ich das alles vergessen. Melanie schien es noch einmal mit mir versuchen zu wollen, und auch ich wollte einen neuen Anfang, schon wegen Dusty. Außerdem …«
Judy hätte gern in Michaels Gesicht gelesen, doch es war zu dunkel. »Was?«
»Ich will dir die Wahrheit sagen, Judy, auch wenn es dir weh tut. Ich muß dir gestehen, es war alles gar nicht so vernünftig, so anständig, wie ich vorgebe. Melanie ist
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