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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Bonbon- und Schokoladenpapier übersät. Raja fuhr vom Parkplatz und in Richtung Haight-Ashbury.
    »Der Bursche, dem der Laden gehört, heißt Vic Plumstead«, sagte er während der Fahrt. »Als ich vor ein paar Tagen angerufen hatte, war er nicht da. Ich hatte ‚nen jungen Teilzeitverkäufer an der Strippe. Sie hätten die Platte wahrscheinlich nicht, sagte er mir, aber er wollte den Boß fragen. Ich hab‘ ihm die Nummer hinterlassen, und vor fünf Minuten hat Vic mich angerufen.«
    »Endlich haben wir mal Glück!«
    »Die LP wurde 1969 von einer Plattenfirma aus San Francisco auf den Markt gebracht, der Transcendental Tracks. Die Firma hat im Gebiet der Bay ziemlich viel Werbung gemacht und dort auch einige Platten verkauft, hatte aber nie mehr einen weiteren Hit und verschwand nach ein paar Monaten von der Bildfläche.«
    Judys Hochstimmung erhielt einen Dämpfer. »Also gibt es keine Unterlagen, die wir nach Hinweisen auf den jetzigen Aufenthaltsort der Frau durchsehen könnten.«
    »Vielleicht gibt die Platte selbst uns irgendeinen Hinweis.«
    Vinyl Vic‘s war ein kleiner Laden, der bis in den letzten Winkel mit alten Schallplatten gefüllt war. Ein paar Regale standen mitten im Verkaufsraum und waren bis unter die Decke mit Pappkartons und Sperrholzkisten vollgestellt. Es roch wie in einer staubigen alten Bibliothek. Nur ein Kunde hielt sich im Laden auf, ein tätowierter Mann in ledernen Shorts, der eine alte Platte von David Bowie betrachtete. Im hinteren Teil des Verkaufsraumes stand ein kleiner, dünner Mann in engen Bluejeans und einem batikgefärbten T-Shirt neben einer Registrierkasse und nippte Kaffee aus einem Becher mit dem Aufdruck: Legalisiert das Koffein!
    Raja stellte sich vor. »Sie müssen Vic sein. Wir haben vor ein paar Minuten telefoniert.«
    Vic starrte die beiden an. Er schien überrascht. »Jetzt nimmt das FBI sich nach so langer Zeit auch mal meinen Laden vor«, sagte er, »und wer taucht auf? Zwei Asiaten. Was ist denn mit uns Amis passiert?« Raja sagte: »Ich bin der Alibi-Nichtweiße, und sie ist die fernöstliche Quotenfrau. In jeder FBI- Dienststelle muß es mindestens einen von unserer Sorte geben. Das ist Vorschrift. Alle anderen FBI- Leute sind weiße Männer mit kurzgeschorenem Haar.«
    »Oh … verstehe.« Vic schien verwirrt. Offenbar wußte er nicht, ob Raja sich bloß einen Scherz erlaubte. »Was ist mit der Schallplatte?« fragte Judy ungeduldig.
    »Hier haben wir das gute Stück.« Vic beugte sich zur Seite, und Judy sah, daß hinter der Registrierkasse ein Plattenspieler stand. Vic führte den Tonarm über die Platte und ließ behutsam die Nadel sinken. Ein
    grelles, wildes Gitarrensolo leitete in eine erstaunlich ruhige Jazz-Funk-Melodie über, bei der Pianoakkorde einen komplizierten Schlagzeugrhythmus begleiteten. Dann fiel eine Frauenstimme ein:
    »I am melting,
    Feel me melting,
    Liquefaction,
    Turning softer…«
    »Das hat echt Tiefe, was?« sagte Vic.
    Judy hielt es für Schwachsinn; aber das war ihr völlig egal. Es war ohne jeden Zweifel die Stimme der Frau auf der Bandaufnahme. Jünger, klarer, weicher, aber mit dem gleichen unverwechselbaren, tiefen, sinnlichen Tonfall. »Haben Sie die Plattenhülle?« fragte sie drängend.
    »Klar.« Vic reichte sie ihr.
    Die Hülle rollte sich an den Ecken auf, und der dünne, durchsichtige Plastiküberzug schälte sich vom Glanzpapier. Auf der Vorderseite war ein spiraliges, wirbelndes vielfarbiges Muster zu sehen, das die Augen rasch ermüden ließ. Die Worte Raining Fresh Daisies waren kaum zu erkennen. Judy drehte die Plattenhülle um. Die Rückseite war schmuddelig, und in der rechten oberen Ecke war ein brauner Ring zu sehen, den eine Kaffeetasse hinterlassen hatte.
    Der Text auf der Hülle begann mit den Worten: »Musik öffnet Türen, die zu parallelen Universen führen …«
    Judy las den Text gar nicht erst zu Ende. Auf der unteren Hälfte der Hülle waren nebeneinander fünf Schwarzweißfotos abgedruckt, nur die Köpfe und Schultern, vier Männer und eine Frau. Judy las die Bildunterschriften:
    Dave Rolands, Keyboards lan Kerry, Rhythmusgitarre Ross Muller, Baßgitarre Jerry Jones, Schlagzeug Stella Higgins, Sprechgesang
    Judy runzelte die Stirn. »Stella Higgins«, sagte sie aufgeregt. »Ich glaube, den Namen hab‘ ich schon mal gehört!«
    Sie war ziemlich sicher, konnte sich aber nicht erinnern, wo ihr der Name begegnet war. Vielleicht war es auch nur Wunschdenken. Sie starrte auf das kleine

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