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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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mindestens zwei Tage und zwei Nächte unterwegs sein. Wenn er fuhr, würde sie schlafen, und umgekehrt. Gegen die Müdigkeit hatten sie sich mit Amphetaminen versorgt.Den Honda ließen sie auf dem McDonald‘s-Parkplatz stehen.
    Als Star anfuhr, reichte sie Priest eine Papiertüte und sagte: »Ich hab‘ dir was mitgebracht.«
    Die Tüte enthielt eine Schere und einen batteriebetriebenen Rasierapparat.
    »Jetzt kannst du dich endlich von diesem verdammten Bart befreien«, sagte sie.
    Priest grinste, drehte sich den Rückspiegel zurecht und fing an, sich Backenbart und Schnäuzer zu scheren; beide waren, da er einen starken Bartwuchs hatte, in den vergangenen Wochen üppig gesprossen und hatten sein Gesicht rundlicher wirken lassen, als es war. Nun gewann er allmählich sein gewohntes Aussehen zurück. Mit der Schere trimmte er die Haare zu groben Stoppeln, danach benutzte er den Rasierapparat für die Feinarbeit. Zum Schluß nahm er seinen Cowboyhut ab und löste den Zopf.
    Er warf den Hut aus dem Fenster und betrachtete sein Spiegelbild. Sein Haar war aus der hohen Stirn zurückgestrichen und fiel in Wellen um das hagere Gesicht. Sein Nasenrücken war wie eine Messerklinge. Er hatte eingefallene Wangen, aber einen sinnlichen Mund – das hatten schon viele Frauen von ihm behauptet. Am häufigsten erwähnten sie jedoch seine Augen; die waren dunkelbraun, fast schwarz, und es hieß, sie besäßen eine starke, bisweilen hypnotische Wirkung. Priest wußte, daß es nicht allein an den Augen lag, sondern an der Intensität seines Blicks, wenn eine Frau fasziniert war: Er gab ihr dadurch das Gefühl, daß er sich nur auf sie und nichts anderes konzentrierte. Auch bei Männern funktionierte der Blick. Priest probierte ihn im Rückspiegel aus.
    »Hübscher Teufel«, sagte Star und lachte über ihn, aber auf eine nette, liebevolle Art.
    »Und clever dazu«, sagte Priest.
    »Einverstanden. Auf jeden Fall hast du uns diese Maschine hier organisiert.«
    Priest nickte. »Und das war erst der Anfang.«
Kapitel 2
    Federal Building, 450 Golden Gate Avenue, San Francisco, am frühen Montagmorgen: FBI-Agentin Judy Maddox saß in einem Gerichtssaal im 14. Stockwerk und wartete.
    Der Raum war mit Möbeln aus hellem Holz ausgestattet, wie bei neuen Gerichtssälen üblich. Da sie meist fensterlos waren, versuchten die Innenarchitekten, sie mit hellen Farben freundlicher zu gestalten – dies war jedenfalls Judys Theorie. Sie verbrachte viel Zeit mit Warten in Gerichtssälen; ein Schicksal, das sie mit zahlreichen anderen Mitarbeitern der Polizei- und Justizbehörden teilte.
    Judy war besorgt. Das war kein neues Gefühl, denn vor Gericht beschrieb es sie des öfteren. Da arbeitete man monate-, mitunter sogar jahrelang an einem Fall und konnte doch nie im voraus sagen, welchen Verlauf der Prozeß nehmen würde. War die Verteidigung genial oder inkompetent? War der Richter ein scharfsichtiger, kluger Mann oder ein seniler Trottel? Saßen auf der Geschworenenbank intelligente, verantwortungsbewußte Staatsbürger oder irgendwelche schrägen Vögel aus dem Milieu, die eigentlich selber hinter Schloß und Riegel gehörten?
    Heute standen vier Männer vor Gericht: John Parton, Ernest »Taxman« Dias, Fung Lee und Fung Ho. Die Fung-Brüder waren Topgangster, die anderen beiden ihre Vollstrecker. Gemeinsam mit einer Hongkonger Triade hatten sie ein Geldwäsche-System für den nordkalifornischen Drogenhandel aufgebaut. Judy hatte ein Jahr gebraucht, um herauszufinden, wie ihr System funktionierte, und ein zweites Jahr, um es ihnen nachzuweisen.
    Bei Ermittlungen gegen fernöstliche Kriminelle kam ihr zugute, daß sie selbst asiatisch aussah. Ihr Vater war zwar ein grünäugiger Ire, sie aber kam mehr auf ihre verstorbene Mutter, eine Vietnamesin. Judy war schlank und dunkelhaarig, mit ein wenig schräg geschnittenen Augen.
    Die chinesischen Gangster mittleren Alters, gegen die sie ermittelt hatte, waren nie auch nur auf die Idee gekommen, die hübsche kleine Halbasiatin könne eine hochkarätige FBI-Agentin sein.
    Judy arbeitete mit einem Staatsanwalt zusammen, den sie ungewöhnlich gut kannte. Er hieß Don Riley und war bis vor einem Jahr ihr Lebensgefährte gewesen. Er war ebenso alt wie sie – sechsunddreißig – und ein erfahrener, energischer und blitzgescheiter Mann.
    Judy hatte geglaubt, ihr Fall wäre absolut wasserdicht. Aber die Angeklagten hatten die angesehenste Anwaltskanzlei der Stadt mit ihrer Verteidigung beauftragt, und deren

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