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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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schnappte nach Luft. Auf ihrer Wange erschien ein roter Streifen.
    »Ich verbitte mir diesen Ton!« sagte Star. »Du bist beim Stehlen erwischt worden, und ich mußte dich aus dem Gefängnis holen. Und jetzt reißt du den Mund auf und tust, als wäre ich die Idiotin.«
    Pearl brach in Tränen aus.
    Priest seufzte. Er hätte das kommen sehen müssen. Mit den Kleidern im Kommuneladen war alles in Ordnung. Es gab blaue, schwarze und braune Jeans, Hemden aus Denim, weiße, graue, rote und gelbe T- Shirts, Sandalen und Stiefel, dicke Wollpullover für den Winter, wasserdichte Mäntel für die Arbeit im Regen. Das Problem war, daß alle Kommunarden die gleiche Kleidung trugen, und dies schon seit Jahren. Natürlich wollten die Kinder mal etwas anderes anziehen. Vor fünfunddreißig Jahren hatte Priest eine Beatles-Jacke aus der Rave-Boutique in der San Pedro Street gestohlen.
    »Pearl, cherie, gefallen dir deine Kleider nicht?« fragte Poem ihre Tochter.
    »Wir … wir wollten doch nur so aussehen wie Melanie«, stieß Pearl zwischen Schluchzern hervor.
    »Aha«, sagte Priest, dem in diesem Augenblick alles klar war.
    Melanie trug noch immer die Kleider, die sie mitgebracht hatte -knappe Tops, die den Bauch freiließen, Miniröcke, kurze Shorts,ausgeflippte Schuhe und freche Mützen. Sie sah schick und sexy aus. Kein Wunder, daß sich die Mädchen an ihrem Vorbild orientierten.
    »Wir müssen uns mal über Melanie unterhalten«, sagte Dale und es klang etwas besorgt. Die meisten Kommunarden wurden nervös, wenn sie eine Meinung äußerten, die als Kritik an Priest aufgefaßt werden konnte.
    Priest fühlte sich in die Defensive gedrängt. Er war es, der Melanie hierher gebracht hatte, er war ihr Liebhaber. Und Melanie spielte eine entscheidende Rolle in seinem Plan. Sie war die einzige, welche die Daten auf Michaels Diskette, die sie inzwischen auf ihren Laptop überspielt hatte, interpretieren konnte. Er, Priest, konnte nicht zulassen, daß Stimmung gegen sie gemacht wurde.
    »Wir haben von Neuankömmlingen noch nie verlangt, daß sie‘ sofort die Kleider wechseln«, sagte er.
    »Sie tragen erst einmal ihre‘ alten auf, so war es bisher üblich.«
    Jetzt meldete sich Alaska zu Wort. Die ehemalige Lehrerin war mit Juice, ihrer Geliebten, vor zehn Jahren zu ihnen gestoßen. Die beiden hatten sich als Lesbierinnen geoutet, worauf ihnen in der Kleinstadt, in der sie wohnten, das Leben zur Hölle gemacht worden war. »Es geht ja nicht nur um Melanies Kleider«, sagte sie. »Von Arbeit scheint sie auch nicht viel zu halten.« Juice nickte zustimmend. »Ich habe sie aber in der Küche gesehen«, erwiderte Priest. »Sie hat Geschirr abgewaschen und Plätzchen gebacken.«
    Alaska wirkte eingeschüchtert, ließ aber nicht locker: »Leichte Hausarbeiten, okay. Im Weinberg rührt sie keinen Finger. Wir füttern sie durch, Priest.«
    Star erkannte, daß Priest unter Beschuß geriet, und kam ihm zu Hilfe. »Solche Leute gab es bei uns schon öfter. Erinnert ihr euch noch, wie Holly in ihrer ersten Zeit bei uns war?«
    Holly hatte sich kaum anders als Melanie verhalten – ein hübsches Mädchen, das sich zunächst von Priest und erst später von der Kommune angezogen fühlte.
    Holly setzte ein reuevolles Grinsen auf. »Ich geb‘s ja zu, ich war faul. Irgendwann kam ich mir dann schäbig vor, weil ich mich nicht so reingehängt habe wie die anderen. Kein Mensch hat mir Vorwürfe gemacht. Ich bin schließlich von allein drauf gekommen, daß ich mich viel wohler fühle, wenn ich mich angemessen an der Arbeit beteilige.«
    »Melanie übt einen schlechten Einfluß auf die Kinder aus«, warf Garden ein. Die ehemalige Drogenabhängige war fünfundzwanzig, sah aber aus wie vierzig.
    »Sie spricht mit ihnen über Pop-Platten, Fernsehshows und lauter solchen Mist.«
    »Wenn Melanie aus San Francisco zurück ist, werden wir zweifellos mit ihr über diese Dinge reden müssen«, sagte Priest. »Ich weiß, daß sie über das, was Flower und Pearl getan haben, sehr böse sein wird.«
    Dale gab sich damit noch nicht zufrieden. »Was vielen von uns stinkt …«
    Priest runzelte die Stirn. Das klang, als hätten sich einige hinter seinem Rücken abgesprochen. Herrgott noch mal, hab‘ ich vielleicht eine echte Rebellion am Hals? Er ließ seine Ungehaltenheit mit Absicht durchklingen. »Nun? Was ›stinkt‹ vielen von euch?«
    Dale schluckte. »Ihr Handy und ihr Computer.«
    Es gab keine Stromleitung im Tal, weshalb die Kommune kaum Elektrogeräte

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