Die Kinder von Erin (German Edition)
aßen schweigend. Der Geschmack war von unbekannter Süße, mit einer leisen Bitterkeit gemischt, und als sie davon aßen, zog endlich die Ruhe in ihre Herzen ein, nach der sie sich seit langer Zeit gesehnt hatten.
»Wer seid Ihr, Herr?«, getraute sich Gunhild schließlich zu fragen.
Der Fremde lachte. Seine mandelförmigen, leicht schräg gestellten Augen, in denen so viel Freude und Weisheit lag, blitzten schelmisch. »Wisst ihr es nicht?«
Hagen wusste es.
»Du bist der Herr des Lichts, Sohn des Himmels und der Erde, geboren aus Feuer und Wasser. Du bist der Schmied des Schicksals; Macha die Goldhaarige war deine Mutter und der Alte von Erin dein Vater, der Gestaltwandler. Du bist der graue Hund, der in der Dämmerung umherstreift.«
»Dies alles bin ich und mehr«, sprach der Fremde. »Lugh Lamfada werde ich genannt, der mit der langen Hand, und Samíldanach, der Meister aller und jedweder Kunst. Doch der Name, der mir am liebsten ist, ist Mac Óg, der Sohn der Jugend. Und als solcher werde ich nun, da die Dunkelheit besiegt ist und die vier Schätze von Erin – Speer und Schwert, Kessel und Stein – wieder vereint sind, meinen Platz als rechtmäßiger König wieder einnehmen, wie es mir von Anfang an bestimmt war. Kommt mit mir!«
»Aber«, sagte Hagen, »so wie wir angezogen sind … ich meine, nicht angezogen sind …«
Lugh lachte. »Seht euch doch an!«
Und sie stellten fest, dass sie in prächtige Gewänder gekleidet waren. Hagens Gewand war rot, mit Gold gesäumt, wie es einem Helden geziemte, und Gunhilds Kleid war gelb, mit einem blauen Saum. Und an ihrem Hals blinkte golden der Halsreif, jener magische Schmuck, der sie in diese Welt geführt hatte.
»Das alles ist nicht wirklich«, meinte Hagen.
»Nein«, sagte Gunhild. »Aber es ist wahr!«
Ihr Weg führte sie zurück über die Hügel ins Land hinein. Dort, in einer Biegung des Flusses, der breit und gemächlich dem Meer entgegen strömte, war auf einem erhöhten Platz ein Zelt errichtet worden. Vier Flügel, jeweils nach Osten, Westen, Süden und Norden ausgerichtet, schlossen sich an einen hohen, runden Pavillon an, der das Zentrum bildete.
Als sie näher kamen, erschollen Hörner, mit einem tiefen, klaren Ton, und das Zelt wurde aufgeschlagen.
Und zu seiner Freude sah Hagen, dass in der nördlichen Abteilung König Conor Mac Nessa mit seinem Gefolge saß, umgeben von den Wölflingen, die ihm begeistert entgegenheulten.
Im Osten hielt Manannán Mac Lir Hof, mitsamt den Fomoriern, die sie in ihrer fremden, gutturalen Sprache begrüßten; kein Groll schien mehr übrig zu sein von Entführungen oder Kämpfen.
Im Westen saß die Dreiheit der Frauen – Brigid, Ériu und die Caillech – und bei ihnen waren auch der Dagda, der rote Mann allen Wissens, und die anderen Halbgötter der Tuatha Dé Danann, alle, die je von den Äpfeln des Lebens gekostet hatten: Nuadu Argetlam, dessen Hand wie lebendiges Silber schimmerte, und Angus Óg und andere, die in der Schlacht von Mag Tuired gefallen waren: Ogma der Weise und Goibniu der Schmied und viele andere mehr. Selbst Bres der Schöne war unter ihnen.
Im Süden aber hatte sich die Fianna versammelt und bei ihnen waren auch Dermot und Gránia. Sie hatten die alte Harfe von Tara mit sich gebracht, die nun endlich wieder an dem Ort gelangt war, wo sie einstmals erklungen war. Oisín, der Barde, schlug ihre Saiten und sang dazu:
»Ich rufe dich an, Land von Erin,
Schimmerndes, schimmerndes Meer,
Fruchtbare, fruchtbare Berge,
Wellige, wellige Hügel,
Schäumende, schäumende Flüsse,
Fischreicher, fischreicher See!«
Nur Amergin, der Erzdruide, war in der Menge der Versammelten nirgendwo zu sehen. Aber jeder, der sich darüber wundern mochte, wusste warum.
Lugh Lamfada aber trat in die Mitte des Zeltes, wo ein Hochsitz errichtet worden war, und er nahm darauf Platz und sprach:
»Friede im Himmel,
Himmel auf Erden,
Erde unter dem Himmel,
Kraft einem jeden.«
Und alle, die versammelt waren, riefen mit lauter Stimme: »Lang lebe Lugh, der Mac Óg, Hochkönig von Erin.«
Daraufhin winkte Lugh die beiden Kinder zu sich, die nun keine Kinder mehr waren, und er sagte zu ihnen: »Nehmt ihr beiden an meiner Seite Platz, und ihr seid immer bei mir willkommen, solange es euch gefällt. Und damit kein Schatten auf euch fällt von dem, was war, will ich euch neue Namen geben: Als Midir, der Stolze, und Etain, die Schöne, sollt ihr in der Legende von Erin einen Platz haben, solange sich Menschen daran
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