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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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auf: wie sie von ihren Häschern zerrissen wurde, wie sie die unfassbarsten Dinge mit ihr anstellten – Folter, Vergewaltigung, Mord. Sie kniff die Augen ganz fest zu und hoffte, sie würde nicht viel von dem spüren, was die Monster ihr antun würden. Gab es nicht in den Geschichten immer an dieser Stelle für die Heldin eine erlösende Ohnmacht?
    Als nach einer Weile immer noch nichts geschehen war, machte sie die Augen wieder auf. Und nun erkannte sie auch, dass nicht nur eine dieser Kreaturen bei ihr stand, sondern ein halbes Dutzend – riesig, grün geschuppt, waffenstarrend und doch …
    Bei näherem Hinsehen stellte sie fest, dass die Ungeheuer, bei Licht betrachtet, gar nicht so unheimlich aussahen. Und wie bei Menschen einer fremden Rasse, die man zunächst gar nicht auseinander halten kann, weil einem nur ihre Fremdartigkeit auffällt, so erkannte Gunhild jetzt, dass die grünen Wesen sich überhaupt nicht glichen wie ein Ei dem anderen, wie sie zuerst angenommen hatte. Sie waren nicht einmal einheitlich in ihrer Farbe, sondern schattiert von einem sanften Braun über Moosgrün bis zu einer hellen, gefleckten Färbung wie Blätter im Frühling. Auf dieser Schuppenhaut trugen sie verschlungene Muster von blauer Farbe; es war nicht zu erkennen, ob es eine Tätowierung war oder nur aufgemalt. Keine Form glich der anderen. Da gab es Bänder mit laufenden Spiralen, Sonnen- und Mondsymbole, aber auch einfache geometrische Formen und Schlangenlinien.
    Auch die Kleidung und Rüstung der Wesen waren höchst unterschiedlich. Einige hatten nur eine Art Ledergeschirr mit aufgesetzten Metallplatten, die bronzen blinkten. Andere trugen ein Kettenhemd aus feingenieteten Gliedern, dazu eine Art Schild vor der Brust, der an Schulterstücken und Metallgliedern befestigt war. Alle größeren Metallteile waren mit Ziselierungen versehen: ineinander verschlungenen Spiralformen, wobei ein Motiv, das eines Kreises mit drei umlaufenden Beinen, immer wiederkehrte. Bei allen ließ jedoch die Rüstung genügend Bewegungsfreiheit für Arme und Beine und den langen, muskulösen, stachelbewehrten Schwanz.
    Unheimlich jedoch blieben die Gesichter, von denen sie eines direkt anblickte, beherrscht durch ein einziges, dunkles großes Auge. Es schien dem Anführer der Bande zu gehören, denn es wurde beschattet von einem Helm, der mit Hörnern und gedrehten Formen verziert war, die Muscheln oder Schlangen ähnelten. Zwei scharfe Stoßzähne ragten wie die Hauer eines Ebers rechts und links der langen Schnauze empor, die mit nadelscharfen Knochenreihen besetzt war – wie die Zähne eines Hais.
    Gunhild schauderte und wich unwillkürlich zurück. Das Wesen stieß einen Laut aus, der zwischen einem Zischen und einem Seufzen lag. Dann folgte eine Reihe von Lauten, als wollte es ihr etwas sagen, aber sie ergaben für Gunhild keinen Sinn. Ja, sie hatte sogar Mühe, einzelne Worte zu unterscheiden. Lag es nur daran, dass sie die Sprache nicht kannte, oder waren diese fremdartigen, lippenlosen Münder nicht dazu geeignet, menschliche Worte zu formen?
    Und dann überkam sie die ganze Wucht der Erkenntnis.
    Diese Wesen waren nicht einfach nur hirnlose Monster. Sie waren intelligent. Sie besaßen eine Kultur, eine Kunst, ein Mittel der Verständigung. Sie konnten denken . Und mit Fremden, die denken können, kann man auch reden.
    Was tut man bei der ersten Begegnung mit Aliens? Was sollte sie ihnen sagen?
    Sie richtete sich auf. Die linke Schulter tat ihr weh, aber sie ignorierte den Schmerz. »Ich Gunhild …« Das klang wie ›Ich Tarzan‹. Gunhild musste unwillkürlich lachen.
    Der Anführer der Fremden wich zurück. Dann hob er die Arme, fuchtelte mit seinen Waffen, einer Art Schwert in der rechten und einer stachelbewehrten Keule in der linken Hand. Gunhild riss die Arme hoch und schloss wieder die Augen. Hatte sie die Lage doch falsch eingeschätzt? War dies jetzt das Ende?
    Sie wartete auf den fallenden Hieb, den alles auslöschenden Schmerz. Ihre Hände gingen fast automatisch zu dem Kristall an ihrem Hals, der ihr immer Kraft und Zuversicht gegeben hatte. Doch da war nichts. Statt dessen ertasteten ihre Finger etwas Neues, Fremdes. Ein Halsreif, aus schwerem, gedrehten Metall, vorne offen, mit zwei fein ziselierten Knäufen. An die Stelle des Schreckens trat Verwunderung.
    Eine andere Welt mit anderen Gesetzen …
    Dann spürte sie eine beinahe zarte Berührung an der Schulter. Gunhild schlug die Augen wieder auf und sah, dass das Wesen

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