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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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er nicht vorbereitet auf das, was jetzt kam:
    »Dies aber ist es, was die Stäbe beschrieben«, rief der Druide aus. Er hob eine tönerne Schüssel, in der es hölzern rasselte. »Und zum Zeichen, dass ich wahr gesehen habe, werfe ich sie erneut …«
    Mit Schwung schleuderte er den Inhalt auf den Boden. Holzstäbe hüpften auf dem hartgestampften Grund. Sie formten sich zu einem Muster – viel zu regelmäßig, wie es schien, als dass bloßer Zufall es hätte hervorrufen können.
    »Emain Macha«, las der Druide.
    Hagen konnte die Schriftzeichen nicht erkennen, die auf den Stäben eingeschnitzt waren, aber die anderen in der Halle, sofern sie überhaupt lesen konnten, waren hinreichend beeindruckt. Fergus, dessen Gesicht noch eben wutgerötet gewesen war, war blass geworden.
    »Dies ist darum mein Urteilsspruch«, ergriff der König wieder das Wort. »Beide, Fergus und Cúchullin, werden bei Sonnenuntergang hinaufgehen nach Emain Macha. Wer am Morgen als Erster zurückkehrt, wird dann der eine und einzige Recke von Ulad sein.«
    War Fergus vorher blass gewesen, war er jetzt totenbleich. Hagen verstand die Aufregung nicht ganz, aber er begriff, welch ganz reale Gefahr ihm drohte. Wenn er mit dem Recken in der Dunkelheit allein war, wer garantierte ihm dann, dass Fergus nicht diese seltsame Prüfung mit einem kräftigen Hieb aus dem Hinterhalt für sich entschied?
    Aber Cathbad enthob ihn mit dem nächsten Satz dieser Sorge – und machte die ganze Angelegenheit nur noch geheimnisvoller:
    »Ich aber erlege euch beiden auf, dass keiner von euch die Hand gegen den anderen erhebt. Und wer gegen diesen Spruch fehlt, unter dem soll die Erde sich auftun und ihn verschlingen.« Er nahm den Krug und warf ihn auf den Boden, dass er zerschellte. »Ich, Cathbad, habe dies gesprochen.«
    Die Krieger um Fergus murmelten untereinander. Hagen spürte, wie seine Freunde näher rückten, wie um ihm beizustehen. Der König blickte auf die Scherben des Kruges hinab, als wäre ihm die ganze Sache zuwider.
    »Jetzt geht«, sagte er dann, »und kommt einander nicht mehr unter die Augen, bis die Sonne sinkt.« Er winkte müde mit der Hand. »Ihr Jungs, geht spielen! Und ihr Krieger, tut das, was ihr am besten könnt: Kämpft. Morgen werde ich drei Trupps hinausschicken, die Steuern einzutreiben. Den in den Süden wird mein Recke anführen, wer es auch sei.«
    Fergus blickte auf und wollte etwas sagen, aber der König schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab.
    »Fort mit euch!«
    Hagen und seine Freunde machten, dass sie wegkamen. Noch im Gehen spürte Hagen die bohrenden Blicke von Fergus in seinem Rücken. Doch es war nicht nur Zorn in dem Blick des Recken gewesen, als er aufgesehen hatte, sondern auch etwas wie Furcht – nein, mehr noch, ein tiefer, unmenschlicher, übernatürlicher Schrecken.
    So verbrachten Hagen und die anderen den Nachmittag weitab von den Kriegern am Fluss. Erst angelten sie, dann zogen sie ihre ohnehin nassen Kittel aus und sprangen ins Wasser. Übermütig wie richtige Wolfswelpen tollten sie in dem flachen Gewässer am Ufer umher und spritzten sich gegenseitig nass. Sie waren froh, dem täglichen Einerlei zumindest für heute entkommen zu sein.
    Nur Hagen war nachdenklich. Ihm gingen die Worte des Druiden nicht aus dem Sinn. Ob der Alte nun etwas gesehen hatte oder nicht, er hatte ihnen damit etwas sagen wollen. Und die Sache mit den Stäben – wenn es ein Trick war, dann ein verdammt guter.
    Während ihre Kleider, die sie auf die Büsche der Umgebung verteilt hatten, in der Nachmittagssonne trockneten, hockten die Jungen am Ufer um ein Feuer, das Laeg mit Hilfe seiner Brüder entzündet hatte, und brieten die Fische, die sie vorher gefangen hatten.
    »Was ist Emain Macha?«, fragte Hagen, während er den Stock mit seinem Fisch umdrehte, um auch die andere Seite garen zu lassen.
    Conall Cearnach sah ihn von der Seite an. »Das weißt du nicht?«
    »Der ›Hügel der Macha‹«, vermute ich. »Aber wer oder was ist – oder war – Macha?«
    »Macha, die Goldhaarige«, klärte Conall ihn auf. »Sie war eine Fürstin und Kriegerin – und eine vom Zaubervolk, sagt man. Sie war die erste Königin von Teltin, aber sie war nie glücklich hier, ehe sie starb.«
    »Dann ist sie also schon lange tot?«
    »Sie ist nicht tot. Die Kinder der Göttin Dana sterben nicht so wie wir; weißt du das nicht? Sie ist …« Seine Stimme stockte.
    »… eine Ban-Sidhe.« Erc hatte es ausgesprochen, der kleine, mausgesichtige

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