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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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»Zwischen diesen beiden Hügeln – wie hießen sie noch gleich?«
    »Der linke ist der Slieve-nam-ban, der weiße Berg, und der rechte –«
    »Das Volk nennt sie die ›Titten der Dana‹«, knurrte der Schmied.
    »Die was?« Siggi glaubte sich verhört zu haben.
    »Die Brüste der Göttin. Dies hier ist uralter Boden, hast du das nicht gewusst?«
    Bevor sie sich noch weiter in die Feinheiten der Namengebung vertiefen konnten, ertönte aus der Ferne, leise, doch klar und deutlich zu vernehmen, der Ruf eines Horns.
    »Sie kommen!«
    Alles andere war vergessen. Sie rannten in Richtung des Hornklangs, und nun war es wirklich so, als verliehe ihnen die Aussicht auf den bevorstehenden Kampf Flügel. Siggi schlug das Herz bis zum Hals. So weit die Theorie. Jetzt wurde es ernst. War die Warnung noch rechtzeitig gekommen? Hatten sie alles bedacht, was es zu bedenken gab? Jeder Fehler konnte Menschenleben kosten – das Leben von Menschen, die er in den letzten Tagen zu schätzen gelernt hatte.
    Der Weg war lang, viel zu lang. Die Zeit verrann, während sie liefen. Erst als sie keuchend auf der Kuppe des Weißen Berges innehielten, sah Siggi, dass die Sonne kaum weitergerückt war. Er hatte es, in Ermangelung einer Uhr, mittlerweile gelernt, auf solche Zeichen zu achten. Was immer sie auch bedeuten mochten in der Anderswelt, wo die Zeit mitunter seltsame Kapriolen schlug.
    Aber sie waren noch rechtzeitig gekommen. Obwohl die Sonne hinter einem Schleier aus Wolken verborgen blieb, hatten sich die Morgennebel bereits verzogen, sodass die Sicht klar war. Weit voraus tauchten auf einer Hügelkuppe winzige Punkte auf. Trotz der Entfernung konnte man erkennen, dass es sich um Männer auf Pferden handelte.
    »Jetzt bräuchte ich mein Fernglas«, meinte Siggi.
    »Fernglas?« Oisín sah ihn entgeistert an.
    »Ja. Ich hab so ein Fernglas, einen Feldstecher, mit dreihundertfacher Vergrößerung. Damit könnte ich jetzt genau sehen, wie viele es sind.«
    »Und wo hast du das?«
    »Zu Hause.« Das war eine Welt weit entfernt.
    Plötzlich wurde sich Siggi der absurden Situation bewusst, in der er sich befand. Was konnte ihm schon geschehen? Er war in einem Traum gefangen; er hatte sich selbst auf dem Bett liegen sehen, in Dunvegan Castle. Und jetzt lag er hier auf einem Feldherrenhügel – auf der linken Brust der Erdgöttin, verbesserte er sich – und plante eine Schlacht.
    Doch er hatte das Leid in den Augen der Menschen gesehen und den Hunger und die Verzweiflung, die einem Hauch von Hoffnung gewichen war. Auch diese Reiter da unten, diese Krieger, waren Menschen, sagte er sich. Doch jetzt konnte er nicht mehr zurück. Er konnte nur noch darauf hinwirken, dass die Geschichte ohne allzu großes Blutvergießen vor sich ging. Denn für die Menschen, die diese Schlacht austrugen, würden das Blut und die Tränen echt sein.
    »Ich brauche keine Magie, um die Feinde zu zählen«, sagte Dermot, der von allen die schärfsten Augen hatte. »Es sind mehr als zwanzig, aber weniger als zwei Dutzend.«
    Das grenzte es ziemlich genau ein. Siggi sah trotz allem immer noch nur ein paar wuselnde Punkte. Erst als die ersten der Reiter den nächsten Hügelkamm erreicht hatten, sah er sie genauer. Seine Vermutung hatte nicht getrogen. Er konnte das Blinken von Rüstungen erkennen, vermutlich Ketten- oder Schuppenpanzer, aber dies schien sich nur auf die Hauptleute zu beschränken. Die meisten trugen nur mit Metallplatten verstärkte, knielange Jacken. Und hier und da sah er sogar einen nackten Oberkörper. Doch alle Reiter trugen Helme und längliche, metallbeschlagene Schilde.
    »Oscar«, kommandierte er, »du weißt, was du zu tun hast. Es geht los. Und – viel Glück!«
    Oscar schluckte kurz, dann nickte er, und es hätte nicht viel gefehlt und er hätte auch noch salutiert. Dann drehte er sich abrupt um und rannte davon. Er war der schnellste Läufer von allen, und darum hatte er sich für die gefährlichste Aufgabe gemeldet.
    Als die ersten Reiter in der Klamm auftauchten, welche das Tal zwischen dem Slieve-nam-ban und dem Slieve-nam-dubh, dem Weißen und dem Schwarzen Berg, bildete, sahen sie vor sich eine kleine, schmächtige Gestalt, die einen wilden Tanz aufführte.
    »Hey!«, rief sie. Und dann folgte ein Schwall von Beschimpfungen, wie sie nur die reiche Fantasie der gälischen Sprache hervorbringt.
    Der Vormarsch der Reiter kam ins Stocken. Weitere tauchten in der Passschlucht auf.
    »Fangt mich doch, wenn ihr könnt!«
    Doch die Reiter

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