Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
auf der Talhöhe schienen den Störenfried gar nicht ernst zu nehmen, auch als er anfing, von ihnen fortzuhüpfen. Sie sammelten sich und begannen gemeinsam den Abstieg.
    Da tauchte neben Oscar – denn er war der Tänzer – eine weitere Gestalt auf, hochgewachsen und hellhaarig. Goll Mac Morna ließ seine Schleuder kreisen. Es war eine Entfernung, die einer guten Pfeilschussweite entsprechen mochte, aber eigentlich viel zu groß für ein geschleudertes Geschoss. Dennoch stand er da, ganz kühl, nahm Maß und ließ den Stein fliegen.
    Er traf den vordersten der Reiter mitten ins Gesicht.
    Ob es Zufall war, Geschick oder das Glück des Tüchtigen; vielleicht war es auch eher der Schreck. Jedenfalls riss der Reiter den Kopf in den Nacken, das Pferd scheute, bäumte sich auf – und stürzte.
    Da gab es für die übrigen kein Halten mehr. Mit einem Aufschrei pressten sie ihren Tieren die Fersen in die Weichen und sprengten los. In halsbrecherischem Galopp ging es den Hohlweg hinab, auf die beiden unverschämten Burschen los, die vor ihnen her rannten.
    »Jetzt!«, rief Siggi.
    Seile, die über den Weg gelegt worden waren, spannten sich. Pferde stürzten. Reiter wurden in hohem Bogen aus den Sätteln katapultiert. Tiere und Menschen brüllten.
    Es war, als hätte die Natur, hätten die Bäume und Sträucher selbst sich gegen die Angreifer erhoben. Jetzt erst sah man, dass die Wegränder mit Dorngestrüpp verfestigt waren, und selbst auf den Weg hatte man Ranken und spitzige Steine verstreut. Hier hielt sich ein Gestürzter das blutige Gesicht, dort hatte sich ein Pferd in einem Weißdorndickicht verfangen. Zudem zischten jetzt aus den umliegenden Bäumen Pfeile herbei, und auf diese kurze Distanz hatten sogar die kleinen Jagdbögen eine durchschlagende Wirkung.
    Zielt auf die Pferde, nicht auf die Reiter, hatte Siggi den Schützen eingeschärft. Doch da die meisten der Reiter nur teilweise gepanzert waren, mit Brustplatten und Armschienen und aufgenähten Ringen aus Eisen, und die wenigsten Kettenhemden trugen, fanden die Pfeile auch unter den Kriegern ihr Ziel. Und versucht, sie nur kampfunfähig zu machen und nicht zu töten, hatte er hinzugefügt. Doch in den Wirren der Schlacht zählten solche Feinheiten nicht, wie er jetzt feststellte.
    Der Krieg ist ein grausames Geschäft, selbst wenn er nicht mutwillig vom Zaun gebrochen wird, sondern wenn es nur darum geht, die Heimat und das eigene Leben zu verteidigen. Manchmal, für alte Menschen, mag der Tod eine Erlösung sein. Aber das Sterben tut immer weh.
    Siggi hatte damit gerechnet. Die Bilder von den Kämpfen zwischen Göttern und Menschen, die er nicht nur aus alten Sagenbüchern kannte, sondern selbst mit eigenen Augen gesehen hatte, waren zwar verblasst, aber nie völlig verschwunden. Und dennoch hatte ihn nichts auf den wirklichen Anblick vorbereitet, den er nun vor Augen hatte: Pferde, die in Todespein schrien; Menschen, die fluchten, beteten, stumm litten oder wimmernd verbluteten.
    Siggi packte den Speer fester. Mit seinen verbliebenen Kämpfern, all denen, die nicht am Wegrand gebraucht wurden, stand er in der Mitte des Pfades. Neben ihm waren es genau zwölf. Jeder von ihnen trug zwei Speere. Zur Verteidigung hatten sie nicht mehr aufzubieten als grobe Schilde aus Weidengeflecht. Siggi kam sich schutzlos und nackt vor. Aber das war alles Teil seines Plans.
    Aus dem Chaos der Reiter und Pferde schälte sich so etwas wie eine Ordnung heraus. Der Anführer, ein bulliger, rotbärtiger Kerl mit einem Helm in Form eines Ebers, brüllte Befehle. Die Reiter formierten sich. Siggi hatte gewiss nicht damit gerechnet, dass ihre erste List die gesamte Truppe disziplinierter Soldaten aufhalten würde. Doch jetzt stellte er fest, dass der Feind ihnen immer noch an Zahl überlegen war. Sie hatten höchstens ein halbes Dutzend ausgeschaltet.
    Jetzt rückten die Reiter langsamer vor, jeden Fußbreit des Weges misstrauisch abtastend, ob dort nicht weitere Überraschungen lauerten.
    Siggi spürte die Spannung unter den Umstehenden wachsen. Hier und da gab es Bewegung. »Noch nicht«, sagte er mit unterdrückter Stimme. »Erst auf mein Zeichen.«
    Jetzt waren die Reiter auf zwanzig Schritt heran. Siggi schloss die Augen, zählte langsam bis drei.
    »Jetzt!«
    Dreizehn Arme bewegten sich zugleich. Dreizehn Speere, mit aller Kraft geschleudert, flogen auf die erste Reihe der Reiter zu.
    Nur wenige fanden ihr Ziel. Die Distanz war groß genug, dass die Nordleute die Wurfgeschosse

Weitere Kostenlose Bücher