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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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nicht nur des Vergnügens wegen mitgekommen. Er war ein nützlicher Zeuge, und wie Jhered wusste, auch ein möglicher Mitverschwörer. Das Gleiche galt für seine Mutter.
    »Versprich mir, dir etwas Zeit zu nehmen und mit ihm zu trainieren«, sagte Vasselis. »Du solltest ihn aber durchaus ernst nehmen. Er zählt, obwohl gerade erst siebzehn, zu den zehn besten Kämpfern in Cirandon.«
    »Das will ich gern tun. Ich könnte etwas Übung brauchen.«
    »Auf welchem Platz stehst du inzwischen?«
    Jhered knurrte. »Nach den Spielen werde ich nirgends mehr sein, im Moment bin ich Dritter. Allerdings habe ich kaum noch Zeit für Wettkämpfe. Ich habe außerhalb von Estorr viel zu tun.«
    »Du bist Dritter? Vielleicht solltest du doch nicht mit ihm üben. Ich habe Angst, du könntest ihn verletzen.«
    »Ich verspreche dir, vorsichtig zu sein.«
    »Dafür wäre ich dir dankbar.«
    Die beiden Männer schwiegen, während ihre Pferde die letzte Anhöhe erklommen. Dort oben wehte der Wind stärker, und Jhered roch die Seeluft. Vasselis zügelte sein Pferd und hielt an.
    »So, da wären wir«, sagte er. »Und nun sage mir, dass ich übertrieben habe.«
    Das hatte er nicht. Westfallen war wunderschön, von den Fischerbooten in der Bucht bis zum erstaunlichen Wasserfall. Vom Strand mit dem goldenen Sand bis zu den weißen Häusern, die um das Forum und die Springbrunnen herum errichtet worden waren. Von den Feldern, auf denen der Weizen sich im Wind wiegte und das Gemüse spross, bis hin zur Wassermühle, deren gemächliches Klappern den Rhythmus des Lebens zu bestimmen schien. Es war ein Bild der Vollkommenheit. Kaum zu glauben, dass die Ketzerei, die Vasselis eingeräumt hatte, alle gepflasterten Straßen und alle Ziegelsteine der Häuser durchtränkte.
    Jhered blickte nach rechts, als die anderen zu ihnen aufschlossen. Nur zwei Helfer hatte er mitgenommen, aber es waren die Allerbesten. Hauptmann Harkov aus der persönlichen Wache der Advokatin, den er seiner Familie und seinen Pflichten hatte entreißen können. Er würde die Angelegenheit besonders skeptisch und unbeeindruckt von religiösen Erwägungen betrachten. Außerdem Orin D’Allinnius, den Ersten Wissenschaftler der Advokatin, ein alterndes, immer besorgtes Genie. Er sollte die Sichtweise des Wissenschaftlers und Ingenieurs beisteuern, und es gab keinen besseren in der ganzen Konkordanz. Abgesehen höchstens von Rovan Neristus, den Roberto nach Tsard mitgenommen hatte.
    Hinter ihnen hatte auch der Wagen gehalten. Vasselis zwanzig Wächter und Jhereds eigenes Levium, die Elitekrieger der Einnehmer, warteten auf den Befehl, die Reise fortzusetzen.
    »Ich habe etwas Finsteres erwartet«, sagte D’Allinnius, dessen kleine Augen unter der gerunzelten Stirn kaum noch zu erkennen waren. »Ihr habt diesen Ort beschrieben, als wäre er eine Festung des Bösen. Ich glaube, hier würde ich mich lieber zur Ruhe setzen, als die Empfehlung auszusprechen, ihn dem Erdboden gleichzumachen.«
    Jhered schüttelte den Kopf. »Ihr werdet Euch erinnern, dass ich sagte, die Ketzerei könne alles weiß malen, während das Herz im Innern schwarz und entschlossen bleibt.«
    »Sehr poetisch«, meinte Vasselis wenig beeindruckt.
    »Die Leute sollen nicht ihre Meinung ändern, nur weil alles so hübsch aussieht.« Er sah D’Allinnius scharf an. »Ist das klar?«
    Der Ingenieur zuckte mit den Achseln. »Wissenschaft lässt sich nicht durch den äußeren Schein täuschen.«
    »Hauptmann Harkov, möchtet Ihr noch etwas hinzufügen?« Jhered war aufgefallen, dass der Hauptmann Westfallen mit zusammengekniffenen Augen betrachtete.
    »Ich frage mich, woher diese Wolke kommt.« Er deutete zur anderen Seite der Stadt, wo über einem Weizenfeld ein dunkelgrauer Fleck erschienen war.
    »Dampf oder Rauch, würde ich vermuten«, meinte Jhered.
    »Nein«, erwiderte D’Allinnius. »Danach sieht es nicht aus.« Er hielt inne und räusperte sich. »Eher eine Luftspiegelung, die durch die Hitze und die Nähe des Meeres entsteht. Ich vermute, daran ist nichts Ketzerisches, Schatzkanzler Jhered.« Er hielt inne. »Aber halt … ist das nicht …?«
    Vasselis lachte. »Ja, das ist es. Erstaunlich, nicht wahr? Ein Wunder nach zwanzig Tagen ununterbrochenem Sonnenschein, meinst du nicht auch?«
    Jhereds Herz raste, und er murmelte ein Gebet, Gott möge sie in seiner Umarmung sicher behüten. Es war eine einzelne Wolke, die sich nicht bewegte und Regentropfen ablud.
     
    »Du hast es, du hast es«, rief Kessian, der

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