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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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genug ist und ihr Körper es will. Das kann man doch als Gottes Wille bezeichnen, oder?«
    Gueran nickte. »Der natürliche Kreislauf des Lebens ist unberührt. Die Medizin darf nur bekämpfen, was den Körper, die Ernte oder das Tier gegen den Willen der Menschen oder Gottes befällt.«
    Jhered knallte die Faust auf den Tisch zwischen ihnen. Die in Leder gebundenen Bände hüpften, und Elsa fuhr erschrocken zurück.
    »Wie könnt Ihr dann an Euren Aufstieg glauben und gleichzeitig dem Orden treu bleiben, den Ihr nebenbei anprangert?«
    »Ich prangere niemanden und nichts an, am allerwenigsten den Orden«, sagte Gueran nach einer Pause, als sie sich wieder gefasst hatte. »Der Orden verkörpert den Glauben, den ich mein Leben lang gekannt und geliebt habe, und daran wird sich nichts ändern. Er ist mein Leben. Mit jedem Atemzug fühle ich mich von den Beweisen für Gottes Segnungen überwältigt. Aber der Orden verschließt die Augen vor der Weiterentwicklung der Menschen und müsste um seine Existenz fürchten, falls er seine Macht über die Gläubigen der Konkordanz jemals verlieren sollte.«
    Jhered lachte. Er hatte genug gehört.
    »Glaubt Ihr, der Orden wäre blind? Ihr seid eine irregeleitete Frau, die nicht erkennen kann, was direkt vor Euren Augen liegt. Euer Aufstieg benutzt Euch, um seine Existenz vor Gott zu rechtfertigen, obwohl doch alles, was Ihr gelernt habt, Euch zurufen müsste, dass diese Kinder eine Abscheulichkeit sind, so unschuldig sie als hilflose Opfer des Verbrechens auch sein mögen.«
    »Ich sehe nur, dass die Menschen wachsen und eine Ebene erreichen können, auf der sie besser als früher fähig sind, Gottes Werke zu tun und Frieden und Trost in die Welt zu bringen.«
    »Aber sie stellen sich auf eine Stufe mit Gott«, rief Jhered. »Sie bemächtigen sich gottähnlicher Kräfte und halten Feuer und Wasser in ihren Händen. Sie rütteln am Fundament unseres Glaubens, selbst wenn Ihr sie hinter dem Glauben verstecken wollt.«
    »Sie tun nichts dergleichen«, erwiderte Gueran mühsam beherrscht. »Gott ist der Allwissende. Sie sind nur vier Menschen, die sein Werk tun, wo immer es nötig ist. Sie stehen so wenig auf einer Stufe mit Gott wie ich. Wir sind alle seine Diener. Bitte versteht doch, Schatzkanzler Jhered. Das ist der Fortschritt. Er ist wundervoll, und wir sollten ihn begrüßen und nicht hassen. Ich bin eine Leserin des Ordens. Glaubt Ihr wirklich, ich würde dies alles auf den Feldern, über die ich wache, gutheißen, wenn ich das Gefühl hätte, es beleidige auf irgendeine Weise den Glauben, den ich liebe?«
    »Ketzer versuchen immer, den wahren Glauben zu verletzen, indem sie sich in den Mantel der Frömmigkeit kleiden«, sagte Jhered.
    D’Allinnius schaltete sich ein und sprach leise und behutsam mit brüchiger Stimme. »Der Ochse, das Maultier, das Pferd und das Schwein werden gezielt gezüchtet, da wir versuchen, ihre Gesundheit und ihre Fähigkeiten zu verbessern, dem gewünschten Zweck zu dienen. Dies nutzt ihren jeweiligen Besitzern. Aber wer wird Eure gezüchteten Menschen besitzen?«
    »Niemand …« Gueran hielt gereizt inne. »Bei allem Respekt, Ihr seht nicht, worauf es ankommt. Unsere Aufgestiegenen beweisen, dass Männer und Frauen der Natur und damit Gott näher sein können – etwas, wonach alle Anhänger des Allwissenden streben. Ein Züchter, der ausgezeichnete Reitpferde für die Kavallerie züchtet, beweist doch nur, dass Beobachtung und Auswahl ein Tier hervorbringen können, das dem Zweck besser dient, statt einfach der Natur und dem Zufall zu vertrauen. In dieser Hinsicht sind wir nicht anders, und der Wille Gottes ist, dass wir solche Verbesserungen zu erzielen versuchen. In all diesen Fällen wird das Ergebnis aber auf natürlichem Wege eintreten, wenn genügend Zeit vergeht.«
    Harkov räusperte sich. »Es tut mir leid, aber sollen wir nun glauben, dass die Kinder mit diesen Fähigkeiten auch ohne euren Eingriff geboren worden wären?«
    »Früher oder später ganz sicher«, sagte Gueran. »Der Aufstieg glaubt, dass eines Tages alle Menschen, die geboren werden, in größerem oder geringerem Maße solche Fähigkeiten besitzen werden. Dies ist wichtig, bedeutet es doch, dass es der Wille Gottes ist, und dass wir nicht gegen seinen Willen verstoßen.«
    »Aber es gibt kein nahe liegendes Rohmaterial«, wandte D’Allinnius ein.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Sie sind bisher die Ersten und die Einzigen«, erklärte er. »Sie kommen anscheinend aus dem

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