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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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überhaupt nichts tun. Da könnten wir uns auch gleich selbst die Kehle durchschneiden. Verstehst du nicht, dass sie sowieso schon über uns Bescheid wissen? Sie wussten, wo unser Villa ist, und sie kannten die Villa des Marschalls und das Haus der Masken. Irgendjemand hat ihnen alles verraten.«
    Kovan wandte sich an ihn. »Hör auf Ardu«, sagte er. »Bleibe ruhig und warte. Wir sind nicht hilflos. Mein Vater und die Autorität sind noch nicht da. Das bedeutet, dass sie noch nicht gefunden wurden.«
    »Und was dann? Glaubst du denn, Vater Kessian und Willem werden sie verscheuchen? Sie sind alte Männer. Und dein Vater hat nicht genug Leute. Wir müssen selbst etwas unternehmen.«
    »Noch nicht«, widersprach Arducius. »Bitte, Gorian, verrate uns nicht alle.«
    Gorian wandte sich an Mirron, die bekräftigend nickte.
    »Bitte«, sagte sie und streckte die Hand zu ihm aus. »Hör auf sie.«
    Gorian hatte jedoch damit recht, dass der Orden bereits im Bilde war. Die Angst ergriff Mirrons Herz. Ordenskrieger drängten sich durch die Menge, Empörung breitete sich aus. Sie kamen von allen Seiten. Es war nur eine Handvoll, aber sie begutachteten jeden und ließen keinen aus. Und so sehr sie sich auch bemühten, sich nichts anmerken zu lassen, die Einwohner blickten immer wieder heimlich in die Richtung der Aufgestiegenen. Nicht anklagend oder vorwurfsvoll, sondern voller Mitgefühl. Mirron wünschte, die Leute hielten sich zurück, denn so erregten sie erst recht die Aufmerksamkeit der Ordenskrieger.
    »Schlagt die Augen nieder«, flüsterte Arducius. »Seht den Boden an. Was auch geschieht, schaut nicht auf.«
    Wann immer sie sich umdrehte, konnte Mirron beobachten, wie die Krieger Leute packten und zum Oratorium stießen, wo die Kanzlerin stand. Es gab böse Worte, gelegentlich sogar ein Handgemenge und einen Schmerzensschrei. Einige Leute rangen miteinander, und im Sonnenlicht blitzte abermals Metall. Sie schauderte. Es erinnerte sie an den Mann, dessen Tod sie vor der Villa beobachtet hatte. Solche Gewaltausbrüche in ihrer Heimat. Sie hätte nie geglaubt, so etwas einmal erleben zu müssen.
    Die Soldaten näherten sich.
    »Wehrt euch nicht«, sagte Arducius. »Tut, was sie sagen. Gorian, das schließt dich ein.«
    »Schon gut«, zischte Gorian, immer noch voller Zorn.
    Jemand legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    »Geh nach vorn«, befahl der Krieger. »Sofort. Stell dich zu den anderen.«
    Sie nickte und starrte seine Stiefel an. Er legte ihr eine Hand in den Rücken und stieß sie. Sie schrie auf.
    »Nimm die Finger von ihr«, sagte Gorian.
    »Werde ja nicht frech, Bursche«, bellte der Soldat. »Geh mit ihr. Du auch. Alle fünf. Lauft, sonst bekommt ihr meinen Stiefel in den Hintern.«
    Die Aufgestiegenen und Kovan drängten sich durch die Menge, die sich vor ihnen teilte. Ein Hund lief vor ihnen, über den Arducius stolperte. Andere Hände berührten sie, doch diese waren freundlich und ermunternd wie die Worte, die sie begleiteten. Mirron bedankte sich murmelnd. Vor der Menge schirmte eine Reihe von Kriegern das Oratorium ab.
    Links trennten Soldaten des Ordens eine kleine, aber stetig wachsende Gruppe von den anderen. Die Aufgestiegenen wurden ebenfalls in diese Gruppe geschoben. Mirron sah sich rasch um. Kovan war mit seinen siebzehn Jahren anscheinend der Älteste unter ihnen. Einige waren erst zehn Jahre alt. Zu viele starrten die Aufgestiegenen mit anklagenden Mienen an, die ihre Verwandten und Eltern nicht gezeigt hatten. Kovan bemerkte es, drängte sich durch die bisher dreißig oder vierzig Köpfe starke Gruppe und erklärte ihnen flüsternd, warum sie sich zurückhalten sollten. Ein falsches Wort, und die Aufgestiegenen wären entlarvt.
    »Es tut mir leid«, sagte Mirron flüsternd zu einem Mädchen, das neben ihr stand, während eine Katze um ihre Beine strich. »Dir wird nichts passieren, mach dir keine Sorgen.«
    Oben auf dem Oratorium trat jetzt die Kanzlerin vor. Mit lauten Rufen geboten die Soldaten den Leuten auf dem Forum Schweigen.
    »Einige von euch fragen sich vielleicht, warum ich hier bin und warum ihr euch vor mir versammelt habt«, begann sie, während sie die ganze Zeit die Jugendlichen auf der rechten Seite anstarrte. Mirron konnte die Abscheu der Frau fast körperlich spüren. »Ich glaube aber nicht, dass die Zahl der Schuldigen sehr hoch ist. Vermutlich sind auch einige unschuldige Besucher hineingeraten, und euch möchte ich versichern, dass ihr nichts zu befürchten habt. Gott

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