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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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verflochten sich und zerrten an den Felsklippen. Erdmassen rutschten die Hänge herab. Oben brachen immer mehr Wurzeln aus der Hochebene hervor und schleuderten Steine in die Luft. Ein gequältes Kreischen, als würden riesige Metallplatten verdreht und zerfetzt, erfüllte die Luft. Dann brach die Kante der nördlichen Hochebene ein und raste dröhnend hinab. Eine Flutwelle aus Felsen ergoss sich ins Tal. Bäume, Erde und Steine strömten auf einer Länge von ein oder gar zwei Meilen unaufhaltsam herab. Viel weiter hinten, als sie es geplant hatten. Staubwolken stiegen auf.
    Einen Herzschlag später brach auch die südliche Hochebene zusammen. Hier schossen ebenfalls Wurzeln empor und rissen einen Spalt auf, der sich rasch verbreiterte, bis die ganze Felswand abstürzte. Achtzig Schritte lang oder länger war der Abbruch. Jetzt bekam sogar der Grund des dahinter liegenden Sees Risse, und das Wasser schoss, von den felsigen Ufern befreit, herab.
    Eine blaue, grüne und graue Wand stürzte auf die Ebene herunter. Steinplatten wurden Hunderte Fuß hoch in die Luft geschleudert, als sie vom uralten Druck befreit wurden. Schlamm, Bäume und Steine schossen in einer Woge hinab, die sich auf der ganzen Ebene ausbreitete und über der tsardonischen Armee zusammenbrach. Sie hatten keinen Fluchtweg mehr.
    Pferde stiegen hoch, und Männer rannten davon, als die Woge herabdonnerte, die von den Aufgestiegenen durch das Tal geleitet wurde.
    Sie konnten nicht wissen, was sie anrichteten, als sie den Fels und das harte Holz auf die hilflosen Feinde herabdonnern ließen. Diese suchten ihr Heil in der Flucht, doch das Wasser war schneller, fing sie ein und verschlang sie, wenn sie nicht schon vom unerbittlichen Klammergriff der einstürzenden Abhänge gefangen und zerquetscht wurden.
    Das Dröhnen der aufbrechenden Erde schmerzte in Jhereds Ohren, die Schreie der Tsardonier gingen im Brüllen des Wassers unter, und das Trommeln der Hufe war im Hagel der Steine nicht mehr zu hören.
    »Hört auf!«, schrie er Gorian ins Ohr. »Hört auf, das Werk ist vollbracht.«
    Das Wasser brandete vor den gegenüberliegenden Hang und schwappte wieder zurück. Die Welle breitete sich auch in ihre Richtung aus und verflachte, rollte die Steine noch ein paar Schritte weiter und lief aus. Als ihre Hände und Beine nass wurden, kamen die Aufgestiegenen wieder zu sich.
    Sie sanken in sich zusammen, ihre Gesichter hatte Falten, als wären sie um Jahre gealtert, die Haare waren strähnig, die Finger runzlig. Sie schnappten heftig nach Luft und lagen hilflos und erschöpft da. Mirron schaffte es als Erste, sich halb aufzurichten, aber Menas kam rasch zu ihr und drückte sie wieder hinunter.
    »Sieh nicht hin, Liebes. Sieh besser nicht hin.«
    Jhered stand auf und kehrte dem Zerstörungswerk den Rücken.
    Den unzähligen Menschen, die unter Wasser, Felsen und Stein verschüttet worden waren. Den Schreien der Verwundeten und Fliehenden. Den wenigen Glücklichen, die weit genug hinten marschiert und nicht in Gefahr geraten waren. Der Vernichtung von siebentausend Kriegern.
    Er blickte zu den Legionen der Konkordanz mit ihren stolzen Wimpeln und Standarten. Zu den Gesichtern der Legionäre und Kavalleristen. Zu den Zenturionen, Wundärzten und Ingenieuren.
    Schweigen breitete sich aus.

 
23

    848. Zyklus Gottes, 40. Tag des Solasab
    15. Jahr des wahren Aufstiegs
     
    S chließlich führte Roberto sein Heer auf die Hochebene und ließ ein Lager aufschlagen. Er hatte damit gerechnet, dass seine Soldaten sich aus der Schlachtordnung lösten und zu Jhered und seinen Hexenkindern rannten, um ihnen alle Gliedmaßen einzeln auszureißen, nachdem diese unter Gottes Himmel einen solchen Frevel begangen hatten. Doch sie hatten sich zurückgehalten, denn sie mussten sich fragen, was die Aufgestiegenen einem Menschen antun konnten, nachdem sie so etwas mit einem ganzen Hügel gemacht hatten.
    Er war aufgesessen und hatte sich vom Lärm einhüllen lassen, hatte den Gebeten um göttliche Gnade gelauscht. Er hatte gehört, wie sie es vernünftig zu erklären versucht hatten. Ein Naturphänomen. Eine Strafe, die der Allmächtige den bösen Tsardoniern auferlegt hatte. Das Flehen um Gnade hatte sich stellenweise sogar in Dankgebete verwandelt. Aber tief in ihren Herzen wussten sie es. Sie hatten beobachtet, wie sich der dunkle Kreis um die Kinder ausgebreitet hatte. Natürlich verstanden sie nicht, was geschehen war, aber der schwarze Kreis war den Erdrutschen und der

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