Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
voller Verfolgungsjagden und Scharmützel erspart und keine Verluste erlitten. Der Weg vor ihnen war frei, siebentausend Tsardonier waren ausgeschaltet, und er konnte sich mit seinen Kämpfern bei nächster Gelegenheit in die Schlacht um Gestern einschalten.
Am Morgen würde er Boten ausschicken, die versuchen sollten, bis zur Grenze von Neratharn durchzukommen. Im Augenblick hatten die Kämpfer dort keine Hoffnung, und ohne Hoffnung konnten sie den Tsardoniern und den rebellischen atreskanischen Truppen nicht lange standhalten. Er musste ihnen diese Hoffnung geben. Wenn sie bis zur Mitte des Dusasauf durchhielten, dann würden sie Verstärkung bekommen. Roberto Del Aglios würde ihnen mit seinen Legionen zu Hilfe kommen.
Gleich am nächsten Morgen.
Voll angekleidet und benommen erwachte er auf seiner Pritsche. Im Lager war es still, ein kühler Wind ließ die Zeltleinwand flattern. Er rieb sich die nackten Arme und richtete sich auf, um die Stiefel auszuziehen und sich zuzudecken, aber er war nicht sicher, ob es die Kälte war, die ihn geweckt hatte. Angestrengt blinzelnd erforschte er die Dunkelheit.
»Es ist üblich, sich anzumelden, bevor man das Zelt des Generals betritt«, sagte er. »Ich wüsste schon gern, wer gekommen ist, um mich zu töten.«
»Ich bin nicht gekommen, um dich zu töten.«
Der Schatten, den Roberto entdeckt hatte, näherte sich und entpuppte sich als schmutziger atreskanischer Schwertkämpfer mit einem Dolch.
»Goran?«
»Es tut mir leid, dass ich dich stören musste, Roberto«, sagte Shakarov.
Inzwischen hatten sich Robertos Augen an das Zwielicht angepasst.
Shakarov trug noch die Kleidung, mit der er fortgegangen war, doch er war wieder mit Waffen und der Rüstung der Konkordanz ausgestattet.
»In Atreska sind viele Legionäre gestorben«, sagte er, als er Robertos Blick bemerkte. »Deshalb bin ich hier.«
»Wie bist du hereingekommen?« Robertos Schreck wich dem Zorn.
»Nicht jeder, der noch hier ist, stimmt mit dir überein. Du bist nicht so dumm, etwas anderes anzunehmen. Ich musste dich einfach erreichen.«
»Davarov?«
»Nein«, sagte Shakarov. »Er würde mich töten, wenn er wüsste, dass ich hier bin.«
»Er ist nicht der Einzige. Wo ist Herides? Wo ist meine Leibwache?«
»Sie sind vorübergehend abgelenkt«, sagte Shakarov. »Das ist nicht ihre Schuld. Du hast von mir nichts zu befürchten.«
»Nein?« Roberto starrte Shakarov an, dann seufzte er. »Nun gut, du bist also hier. Um Gottes willen, leg den Dolch weg und setz dich.« Er deutete auf den Stuhl an seinem Kartentisch. »Willst du darum bitten, wieder aufgenommen zu werden?«
»Nein, General«, sagte Shakarov. Er setzte sich und legte den Dolch in seinen Schoß. »Ich möchte dich von deinem verhängnisvollen Kurs abbringen.«
»Wunderbar.« Roberto kochte inzwischen fast vor Wut. »Schon wieder taucht unangekündigt jemand auf, den ich nicht sehen will, und sagt mir, wie ich mein Heer zu führen habe. Verschwinde, Goran. Kehre zu deinen Deserteuren zurück.«
»Deserteure laufen weg und verstecken sich«, gab Shakarov empört zurück. »Wir haben in meiner Heimat gegen die Tsardonier gekämpft. Wir haben die Arbeit der Konkordanz getan.«
»Du hättest bleiben und deine Arbeit hier tun sollen, wo sie die größte Wirkung entfaltet. Ich habe dir nichts weiter zu sagen.«
»Roberto, du musst mir zuhören. Die Schlacht um die Konkordanz wird nicht an der Grenze von Gestern stattfinden. Sie findet jetzt schon statt, in ganz Atreska und hinauf bis zur Grenze von Neratharn. Ich bin zwanzig Tage durch mein Land gereist und habe gesehen, was dort vorgeht.«
»Du weißt allerdings nicht, was in Gestern und am Tirronischen Meer vorgeht«, erwiderte Roberto. »Komm zur Sache. Dieses Lager wird in zwei Stunden marschbereit sein, und dann solltest du verschwunden sein.«
»Gestern hat zu seiner Verteidigung vier Legionen aufzubieten, die sich entlang der ganzen Grenze verschanzt haben. Außerdem kommt ihnen Jorganesh zu Hilfe. Atreska braucht dich. Du musst an unserer Seite kämpfen.«
Roberto sprang vom Bett auf und beugte sich über Shakarov.
»Lass mich dir erklären, wie es wirklich aussieht. Gesterns vier Legionen, falls sie wirklich alle angetreten sind, stehen mehr als dreißigtausend Feinden gegenüber, die ganz im Westen an der Grenze zu Atreska angreifen. Jorganesh kann ihnen nicht helfen, weil er zusammen mit seiner ganzen Armee vernichtet wurde. Die tsardonische Flotte kommt über das Tirronische
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