Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
Menschen zu töten.«
»Ich nehme die gesamte Verantwortung und jegliche Schuld auf mich. Jetzt aber hast die Gelegenheit, das zu tun, was du viel lieber tust. Rette meinen Freund. Rette den Sohn der Advokatin.«
»Ich bin so müde«, erwiderte Ossacer. »Ich kann das nicht. Ich muss mich mindestens noch einen Tag ausruhen.«
»Er wird keinen weiteren Tag überleben«, wandte Kastenas ein. »Du musst ihm helfen.«
Ossacer schüttelte den Kopf, doch Arducius fasste ihn am Arm.
»Du schaffst das, Ossie. Ich komme auch mit. Ich kann für dich den Kreis schließen und die Energien bündeln. Du musst sie nur lenken. Ich versorge dich mit Energie.«
Ossacer legte die Hände auf Arducius’ Brust, runzelte die Stirn und nagte an der Unterlippe.
»Du hast kaum noch Kraft«, sagte er. »Ich kann dir nicht noch mehr wegnehmen, damit könnte ich dich ernsthaft verletzen.«
Jhered wollte etwas sagen, doch Arducius kam ihm zuvor. »Wir müssen das Risiko eingehen. Ich bin der Einzige, den du dafür einsetzen kannst. Bitte, Ossie. Du bist der beste Schmerzfinder, den es je gegeben hat. Zeige ihnen, was wir sonst noch tun können.«
Ossacer nickte und stand mühsam auf. Jhered lächelte.
»Danke, Ossacer«, sagte er. »Das werde ich dir nicht vergessen. Und die Konkordanz wird das auch nicht.«
»Schon gut, schon gut«, sagte Ossacer. »Ich komme ja mit.«
»Gut. Sehr schön. Ossacer, du reitest hinter mir. Arducius, du sitzt hinter Kovan auf. Menas, sichere das Lager. Wenn du es verlegen musst, gehe nach Südwesten, ich finde dich schon.«
»Ja, Schatzkanzler.«
»Und ich?«, fragte Gorian. »Wir sollten lieber alle mitkommen.«
»Gorian, zähle die freien Pferde. Dafür solltest du nicht lange brauchen. Ich habe keine Zeit für Diskussionen.«
»Du musst dich ausruhen«, sagte Mirron. »Wir beide brauchen Ruhe.«
»Wir alle brauchen Ruhe«, sagte Gorian. »Was ist mit Ossacer?«
»Bitte«, sagte Jhered scharf und entnervt. »Nicht jetzt. Ein Mann liegt im Sterben.«
Darauf breitete sich Schweigen im Lager aus. Die Aufgestiegenen starrten ihn an. Gorian nickte, setzte sich wieder und zog Mirron herab.
»Rette ihn, Ossacer«, sagte er. »Aber bringt euch nicht selbst in Gefahr, ihr zwei.«
Jhered zog die Augenbrauen hoch. »Danke.«
Menas begleitete ihn ein Stück, bis sie in den Galopp wechselten.
»Gut gemacht, Paul«, sagte sie.
Mirron erwachte früh. Über den Bergen von Karle ging gerade die Sonne auf und tauchte Atreska in ein wunderschönes goldenes Licht. Durch die Blätter der Bäume erreichte es auch den schlafenden Gorian und spielte auf seinem Körper. Die meisten Altersfalten waren inzwischen aus seinem Gesicht verschwunden. Nur um seine Augen hatten sich einige Runzeln gehalten, die aber nicht verhindern konnten, dass es in ihrem Bauch heftig rumorte, als sie seine Schönheit sah.
So friedlich lag er da neben der rauchenden Glut des Feuers. Sie tastete seine Energieform mit ihren Sinnen ab, die ruhigen grünen und die sanften roten Linien, die seinem Körper folgten. Rings um ihn pulsierte der Boden leicht, und die Luft über ihm flimmerte, während er die Energien der Elemente nutzte, um sich zu erholen. Sie stellte sich vor, wie die Energien durch seine glatten Muskeln strömten und seinem wundervollen Haar neuen Glanz verliehen.
Ein Wärmegefühl, das zugleich köstlich und ein wenig erschreckend war, breitete sich in ihrem Körper aus. Sie wandte den Blick ab. Drüben im Lager der Truppe waren Ossacer und Arducius wohl noch damit beschäftigt, den General zu retten. Der Schatzkanzler wollte diesem Mann unbedingt helfen, obwohl er sie hasste. Sie konnte es nicht recht verstehen. Wahrscheinlich würde seine Rettung überhaupt nichts ändern. Auch dieser Takler hatte sie nur noch mehr gehasst, nachdem Ossacer sein Augenlicht wiederhergestellt hatte.
Menas wusste sicher, was das alles zu bedeuten hatte. Vielleicht war die Erklärung auch ganz einfach die, dass die beiden Männer schon so lange Freunde waren. Menas musste irgendwo in der Nähe sein. Sie passte auf und schützte sie vor Gefahren. Schließlich stand Mirron auf und entfernte sich einige Schritte, um sich nach Menas umzusehen. Sie hatten das Lager im Dunklen aufgeschlagen, und jetzt, bei Tageslicht, konnte sie erkennen, dass sie ein schönes Fleckchen gefunden hatten, einen ebenen Bereich in einem Wäldchen. Oberhalb lagen einige mit Moos bedeckte Felsen, zwischen denn Heidekraut wuchs. Etwas weiter rechts hörte sie Wasser
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