Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
gespielt, Jhereds Ruf zu folgen, doch nachdem die Kavallerie lange Zeit gesucht und ihn nicht entdeckt hatte, blieb er versteckt, wo niemand ihn vermutete. Er hätte sich gern gezeigt und wäre gern zu Jhered gerannt, um Vergebung zu empfangen und zu den Aufgestiegenen zurückzukehren, doch stärker war die Stimme in ihm, die ihm sagte, dass er es besser bleiben lassen sollte. Dieses Mal konnte kein Versprechen seine Taten ungeschehen machen. Er wusste genau, was er getan hatte, doch die anderen würden trotz seiner überwältigenden Schuldgefühle seine Reue nicht erkennen. Sie würden ihn verstoßen.
    Als Jhered schließlich aufgebrochen war und die Hufschläge seines Pferds verklungen waren, wusste Gorian, was er zu tun hatte. Er unterbrach die Verbindung mit der mächtigen Buche und fiel aus den unteren Zweigen zu Boden. Zuerst konnte er sich nicht einmal bewegen.
    Immerhin fand er die Zeit, mit seinem Werk zufrieden zu sein. Er hatte sich am Ort seiner Verbrechen versteckt. Einmal hatte Jhered direkt unter ihm verlangt, dass er auftauchte. Vater Kessian hatte immer gesagt, sie würden alle Antworten in Zeiten größter Not ganz von selbst finden, und dies hatte sich abermals bewahrheitet.
    Ihm war eingefallen, dass es recht einfach möglich sein müsste, das Erscheinungsbild seiner Haut auf die Energie einzustimmen, mit der er arbeitete. So war es auch. Er hatte seine Kleider im Stamm des Baums versteckt und mit Blättern bedeckt und war dann hinaufgeklettert. Dort hatte er sich für die Energien des Baums geöffnet und sich darin eingerichtet, bis sie ihn überspülten und besser verbargen, als es jeder Schatten hätte tun können. Es war so leicht gegangen, und er hatte sich dabei sogar ein wenig erholt. Nach den vorherigen Werken war er stark erschöpft gewesen, und so hatte er lange Zeit reglos liegen müssen, was ihm nicht leicht gefallen war. Außerdem taten ihm die Blase und sein ganzer Unterleib weh.
    Er holte seine Kleidung. Es war kalt, die Luft kühlte sich rasch ab. Eine Träne rann über sein Gesicht, und bald weinte er heftig. Er hatte alles verloren. Seine Brüder, Mirron, die arme Mirron, und alles, was ihm vertraut gewesen war. Alles verloren. Jetzt stand er allein auf der Hochebene eines von Feinden besetzten Landes und hatte nichts mehr, was er sein Eigen nennen konnte, und kein Ziel, zu dem er gehen konnte.
    Gorian gürtete seine Tunika und zog die Stiefel an, dann rieb er sich über die Arme. Der Baum hatte ihn während des Tages warm gehalten, aber seinen Pelzmantel hatte er im Lager gelassen. Vermutlich war er nicht mehr da, aber es konnte nicht schaden, einmal nachzusehen. Mit seinen Sinnen erforschte er die Umgebung. Niemand versteckte sich in den Bäumen, niemand wartete am Lagerplatz. Sein Rucksack und die Pelze waren noch dort, wo er sie zurückgelassen hatte, aber alles andere war fort.
    Er bückte sich, um sie aufzuheben, fuhr aber gleich wieder auf und drehte sich um. Kovan schlenderte ins Zwielicht, einen Pfeil in seinen Bogen gelegt.
    »Paul war der Ansicht, du würdest den gleichen Fehler noch einmal machen, aber nicht einmal ich habe dich für so dumm gehalten. Er sagte, du würdest ins Lager zurückkehren, und ich wollte die ganze Nacht hier verbringen, um meine Wette zu gewinnen. Jetzt schuldest du mir obendrein noch zwanzig Denarii.«
    »Und was noch?«
    »Halt den Mund, Gorian. Halt den Mund und setz dich.«
    »Oder was?« Er lächelte.
    Kovan kam näher, bis er nur noch zwei Schritte entfernt war. Er hielt den Pfeil genau ausgerichtet, und in seinem Blick lag eine Entschlossenheit, die Gorian vorsichtig machte.
    »Menas ist tot, weil sie dich nicht angreifen wollte. Begehe nicht den Fehler anzunehmen, ich hätte die gleichen Hemmungen. Der einzige Grund dafür, dass du noch keinen Pfeil im Hals hast, ist die Tatsache, dass die anderen Jhered angefleht haben, dich leben zu lassen.«
    »Haben sie das wirklich getan?« Liebe und Hoffnung erwachten in Gorian. Dann würden sie ihm doch noch vergeben.
    »Ich werde mich dem Wunsch meiner Freunde beugen und auf das hören, was mein Kommandant sagt. Danach handele ich auch. Es gefällt mir nicht, aber ich richte mich danach.«
    »Dann bist du hier, um mich zurückzubringen?«
    »Zurück?« Kovan riss die Augen weit auf. »Du bist ganz sicher so verrückt, wie Mirron es beschrieben hat. Ich wusste es längst. Zurück? Mach dich nicht lächerlich. Du lebst noch, und das ist mehr, als du verdient hast. Du hast deine Sachen und deinen

Weitere Kostenlose Bücher