Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
einen Warnruf aus.
»Los doch, los!«
Die Ocenii warfen ihre Messer, die wie ein Hagelschauer an ihm vorbeiflogen, und zwangen so die Gegner, die Köpfe einzuziehen. Direkt danach rannten sie weiter. Links und rechts standen die Kojen, aus deren zerwühltem Bettzeug hier und dort vom Schlaf und vom Alkohol benommene Tsardonier auftauchten. Iliev lief in der Mitte und gab seinen Männern Raum, sich links und rechts zu verteilen. Es war eng hier unten, die Decke war niedrig. Er musste gebückt rennen und hielt den Gladius und das Ersatzmesser vor sich.
Jetzt kamen ihnen die Tsardonier entgegen. Er blockte einen Hieb ab und schlug dem Feind das Heft seines Schwerts ins Gesicht. Sofort lief er weiter. Überall waren jetzt das Klirren der Klingen und die Rufe von Männern zu hören. Aus der Finsternis vor ihnen kamen wieder Pfeile geflogen, einer traf den Hinterkopf eines Tsardoniers. Iliev stieß mit dem Messer zu und verletzte einen Gegner am Arm. Die Kämpfer seines Kommandos rückten links neben ihm nach. Hinter ihm waren andere bereits damit beschäftigt, das Schiff zu zerstören. Schon konnte er Rauch riechen.
»Weiter«, befahl Iliev.
Er versetzte einem Verletzten einen Tritt an die Schläfe, dass der Mann zurückkippte, dann suchte er einen sicheren Stand und stieß nach. Sein Gladius drang unter den Rippen in den Bauch des Mannes ein, der auf der Stelle tot zusammenbrach. Allmählich geriet die feindliche Mannschaft in Panik. Die Flammen beleuchteten grell ihre Gesichter, während die Ocenii wie schwarze Schatten wirkten. Iliev ging in die Hocke und fegte seinen nächsten Gegner mit einem Tritt gegen die Fußgelenke um. Der Mann stürzte zur Seite.
Es wurde heiß. Die eingekesselten Gegner machten Anstalten auszubrechen. Rauch erfüllte den engen Raum. Noch einmal griffen die Ocenii in einer geschlossenen Reihe an und zwangen die tsardonischen Ruderer, instinktiv zurückzuweichen. Iliev hatte keine Ahnung, wie viele es noch waren. Dreißig oder vierzig, vielleicht noch mehr. Sie brüllten und drängten nach vorn, weil sie vor den rasch um sich greifenden Flammen fliehen wollten.
»Zurück und nach oben«, befahl er.
Rasch zogen sich die Ocenii zurück. Iliev schützte die letzten seiner Männer, die leichtes Öl auf die Planken gossen. Die Flammen und der erstickende, dichte Rauch würden zusätzlich ihren Rückzug decken. Pfeile pfiffen durch den Rauch, Iliev verlor einen weiteren Mann.
»Hoch jetzt!«
Die Tsardonier brachen aus. Iliev raste die Leiter hinauf und wurde halb von seinen Leuten gezogen. Ein Ring von Ocenii hatte rings um die Luke mit Gladius und Ölflasche Aufstellung genommen. Endlich war auch der letzte seiner Männer wieder oben; er hatte eine tiefe Schnittwunde im Unterschenkel. Dann warfen sie Öl und eine Fackel auf die feindlichen Matrosen hinunter, die gerade die Leiter erreicht hatten, und schlossen die Luke. Zwei Ocenii bückten sich und vernagelten sie.
Iliev sah sich auf dem Schiff um. Der Mast brannte lichterloh, das Segel war im dichten schwarzen Rauch und in den grellen gelben Flammen schon nicht mehr zu erkennen. Männer von den Siebten und Neunten Kommandos beschossen das Schwesterschiff und hielten dessen Mannschaft von der Plattform zwischen den beiden Schiffen ab, auf der drei Katapulte standen. Aus der vorderen Luke stiegen Rauch und Flammen auf, und auf dem ganzen Deck hatten die Ocenii die Oberhand gewonnen. Er schätzte die Verluste der Tsardonier auf das Fünffache seiner eigenen. Unter ihm begannen die eingesperrten Matrosen zu schreien, durch die Ritzen zwischen den Planken stieg Rauch auf.
»Zurück auf den Korsaren!«, rief er.
Er rannte zu den Leitern und winkte seinen Leuten, ihm zu folgen. Einer nach dem anderen stiegen sie hinab und nahmen die alten Positionen an den Rudern und als Gegengewichte wieder ein. Die Männer mit den Enterhaken hatten unterdessen das Loch im Rumpf bis unter die Wasserlinie erweitert. Vom Schwesterschiff und einem weiteren Schiff, das backbord in Position gegangen war, kamen Pfeile geflogen. Iliev duckte sich hinter die Reling. Noch drei Männer.
Auf der Plattform bemühten sich die Tsardonier unterdessen fieberhaft, die Bolzen zu lösen, die ihr Schiff mit dem beschädigten Schwesterschiff verbanden, das bereits eine gefährliche Schlagseite hatte. Es war ein Angriff wie aus dem Lehrbuch gewesen. Da die beiden Schiffe verkantet waren, gruben sich die Bolzen ins weiche Holz, und es war umso schwerer, sie zu lösen. Die
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