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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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stürzt.« Herine deutete auf die Stadt und ihre Pracht. »Ich habe mich entschieden, das Leben so vieler Bürger zu retten, wie ich nur kann. Wir haben uns schon einmal darüber gestritten. Wenn ich die Tsardonier davon abhalten kann, alles zu zerstören, was wir im Laufe so vieler Jahrhunderte aufgebaut haben, dann werde ich es tun. Wenn die Aufgestiegenen dabei eine Rolle spielen können, dann setze ich sie mit Freuden ein.«
    »Ihr rettet die Körper der Menschen und verliert ihre Herzen.« Die Kanzlerin rückte ein Stück von der Advokatin ab. »Ich erfahre, was die Bürger reden, weil ich mich unter ihnen bewege.«
    »Ihr schürt aus eigennützigen Gründen die Ängste der Menschen«, sagte Herine. »Glaubt mir, es wird Euer Untergang sein, wenn der Krieg zu Ende ist und die Abrechnung kommt. Übertreibt es nicht, Felice. Auch die Religion muss sich entwickeln. Es ist an der Zeit, dass Ihr in Euer Haupthaus zurückkehrt und über Eure Zukunft nachdenkt. Vielen Dank übrigens, dass Ihr mich in all meinen Sorgen aufgemuntert habt.«
    In den Augen der Kanzlerin loderte blanker Hass. Sie wollte sich umdrehen, hielt aber inne, als im Hafen Hornsignale gegeben wurden. So kehrte sie zu Herine auf den Balkon zurück. Die beiden Frauen warteten auf eine Signalfolge, die einen Angriff ankündigen würde, doch sie blieb aus. Vielmehr gaben die Hörner gleich darauf Entwarnung, und dann fuhren drei Schiffe gemächlich ins ruhige Hafenwasser. Zwei hatten Segel gesetzt, während das dritte offenbar beschädigt war und nur von den Rudern angetrieben wurde. Der Mast war verschwunden, ungefähr auf halber Höhe abgebrochen, das Deck und die Reling waren in Mitleidenschaft gezogen worden.
    Selbst auf diese Entfernung konnte Herine die große dunkelblaue Flagge erkennen, die an Mast und Heck des führenden Schiffs wehte und verriet, wer sich an Bord befand. Koroyan zuckte zusammen, und ihre Miene war der Inbegriff abgrundtiefer Verachtung.
    »Euer Ankläger stattet uns einen Besuch ab«, sagte Herine. »Ihr seid sicher überrascht, ihn zu sehen, nicht wahr?«
    »Die Aktivitäten von Arvan Vasselis gehen mich nichts mehr an«, sagte die Kanzlerin. »Das habt Ihr mir deutlich genug gesagt.«
    »Dieser Ansicht war ich jedenfalls«, erwiderte Herine. »Aber da wir gerade davon sprechen: Die Gottesritter unter Führung von Horst Vennegoor sollten doch nördlich der Karalberge die Küste schützen, nicht wahr?«
    Die Kanzlerin neigte vorsichtig den Kopf.
    »Wahrscheinlich hat er nur seine Landkarte verloren oder wusste nicht mehr, wo Norden und Süden sind.«
    »Meine Advokatin?«
    »Meinen letzten Berichten konnte ich entnehmen, dass er mit einer Geschwindigkeit von fünfundzwanzig Meilen am Tag nach Süden marschiert ist. In Richtung Caraduk. Vielleicht nach Westfallen.«
    »Herine, ich kann Euch versichern, dass …«
    »Ich vermute, dass er etwa vor zwölf bis vierzehn Tagen dort eingetroffen ist. Ungefähr so lange würde es auch dauern, um von Westfallen nach Estorr zu segeln, wenn man es eilig hat.«
    »Meine Advokatin, Ihr wollt mir doch nicht vorwerfen …«
    »Ach, nun haltet den Mund. Eure Proteste sind so ermüdend. Ihr hört vielleicht, was die Bürger von Estorr sagen, Kanzlerin Koroyan. Ich bin sicher, dass sie alles gutheißen, was Ihr wünscht. Aber ich sehe und höre alles, und Ungehorsam oder Verrat vergesse ich nie. Ich werde jetzt Marschallverteidiger Vasselis und diejenigen begrüßen, die er in meine Hauptstadt mitgebracht hat. Wenn ich auch nur einen Eurer Leser oder Legionäre auf der Mole sehe oder Ihr auch nur eine einzige Bemerkung hinsichtlich seines Glaubens macht, dann lasse ich Euch verhaften.« Sie winkte mit einer Hand. »Ich wünsche Euch einen schönen Nachmittag.«
     
    »Backbordruder rückwärts, Steuerbord vierzig Schlag.«
    Iliev zog die Ruderpinne zu sich herüber, und der Spornkorsar schwenkte scharf nach Backbord ab. Aus dem Rauch einer brennenden Bireme der Konkordanz tauchte die tsardonische Trireme auf und hielt direkt auf sie zu. Die Pfeile der Feinde fielen ringsum ins Wasser oder bohrten sich in die Reling.
    »Steuerbordruder rückwärts, Backbord dreißig Schlag.« Er war stolz auf seine disziplinierten Männer. Die Feinde dachten, sie hätten sein Kommando ausgeschaltet, aber sie kamen ihm nicht einmal nahe. Wieder warf er das Ruder abrupt herum, wendete nach Steuerbord und entfernte sich in spitzem Winkel von der Trireme. Seine Mannschaft war müde, alle hatten weit mehr gegeben, als

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