Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
pfeifend herab. Sie waren mit brennendem Pech eingerieben und prallten zu beiden Seiten gegen die Hänge, um in die Reihen seiner Legionen zu donnern. Die Steine zerschmetterten Schilde und Knochen, rissen Lücken in seine Verteidigung und verwandelten die Wagen in brennende Trümmerhaufen.
»Halten!«, rief er. »Halten!«
An beiden Enden des Zuges jagten die Kavalleristen die Hänge hinauf zwischen die Bäume, den unsichtbaren Feinden entgegen. Aus tausenden Bogen sausten Pfeile herab, prallten gegen die Schilde und fanden jede Lücke im Schildwall. Jorganesh spürte die Furcht seiner Kämpfer. Lange würden sie nicht mehr durchhalten.
Ein brennender Pfeil durchbohrte den Hals seines Pferds. Das Tier stieg hoch und kreischte. Jorganesh wurde nach hinten geschleudert und prallte mit dem Hinterteil schmerzhaft auf den von der Sonne hart gebrannten Boden. Er rollte zur Seite, helfende Hände packten ihn an den Schultern und am Waffengurt und brachten ihn vor dem stampfenden Tier in Sicherheit. Gleich darauf schoss die Stute den Hang hinauf, bog nach rechts ab und floh zur Spitze des Zuges.
Seine verängstigten, aber entschlossenen Triarii zogen ihn auf die Füße und bugsierten ihn hinter den Schildwall. Vor ihm tauchte ein blutüberströmtes Gesicht auf. Tord Parnforst, der Schwertmeister der Siebzehnten Ala, dem Bahkirischen Donner, brüllte im ohrenbetäubenden Lärm, um sich verständlich zu machen.
»Wir müssen hier raus, General.« Ein brennender Stein zerlegte direkt rechts neben ihnen die Verteidigung. Beide Männer duckten sich. Flammen leckten durch die Reihen der Triarii. Ein abgerissener Arm prallte gegen Jorganeshs Helm, das Blut spritzte ihm ins Gesicht und tropfte auf seine Füße. Er konnte die Angst seiner Infanteristen fast körperlich spüren. »Die nehmen uns hier auseinander.«
»Der Hohlweg ist zehn Meilen lang«, schrie Jorganesh zurück und spuckte etwas Blut aus. »Wenn wir weglaufen, schlachten sie uns ab. Wir müssen der Kavallerie etwas Zeit lassen, die Geschütze auszuschalten.«
»Wir müssten bergauf angreifen.« Parnforst deutete zu den bewaldeten Hängen. Wieder prasselten Pfeile auf den Schildwall, rechts ertönte ein Brüllen. »In einzelnen Manipeln.«
»Ich …«
»Herr, wir können uns hier nicht halten. Die Hastati werden bald zusammenbrechen.«
Jorganesh starrte ihn an. Der Mann hatte recht. Die Lubjekschlucht war bekanntermaßen ein gefährliches Gebiet, aber er war gegen alle Bedenken gezwungen gewesen, dieses Risiko einzugehen. Als aus Gestern die Nachricht gekommen war, dass sich durch Atreska feindliche Truppen näherten, hatte er sich aus dem Kampf gelöst und seine Soldaten in einem Gewaltmarsch an der Grenze von Kark entlanggeführt.
Die Zeit arbeitete gegen sie, und im offenen Gelände stellte die Steppenkavallerie eine Bedrohung dar, gegen die er sich kaum wehren konnte. Die Lubjekschlucht hatte ihm die Aussicht geboten, den feindlichen Reitern zu entkommen und ihren Rückweg nach Gestern um vier Tage zu verkürzen. Keiner seiner Späher hatte die Gefahr vorhergesehen. Jetzt steckten sie mitten im Tal, und sein Heer war drei Meilen weit auseinander gezogen.
Zu fliehen hätte bedeutet, die Artillerie und die Verwundeten zu opfern. Wenn sie sich aber dem Kampf stellten, wurden sie möglicherweise von den feindlichen Schwertern zerfetzt. Ein unkoordinierter Angriff käme sicherlich einem Todesurteil gleich.
»General, bitte.«
Jorganesh nickte. »Formiere die Einheiten und schicke Läufer an den Linien entlang. Die Manipel sollen sich links und rechts abwechseln. Vorne und hinten muss die Front stabil bleiben. Auf mein Signal rücken wir gemeinsam vor.«
Parnforst grinste. »Wir schlagen sie.« Dann drehte er sich um und rief nach Freiwilligen, die als Boten dienen wollten.
Unterdessen bückte Jorganesh sich und hob den beschädigten Schild einer toten Bürgerin auf. Er flüsterte ein kurzes Gebet, dass ihre Zyklen weitergehen mochten, während er den Schild von ihrem Arm löste. Ringsum pfiffen schon wieder die Geschosse der Onager, und Pfeile surrten. Er wartete auf die entsetzlichen Einschläge und versuchte, sie zu zählen. Zwanzig, dreißig, es war schwer zu sagen.
Dann drängte er sich durch die eng stehenden, schwitzenden Kämpfer, ermunterte sie mit lauten Rufen, stark zu sein und zusammenzuhalten, und versprach ihnen Rache und Sieg. Während er den Schild auf der rechten Seite hoch über den Kopf hielt, rannte er an den Linien zurück und rief
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