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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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schlaft gut.«
     
    Aber niemand fand Schlaf. Die ganze Nacht lang waren Schmähungen und Flüche zu hören. Vier Stunden vor der Morgendämmerung gab Roberto es auf, erhob sich und befahl, die Truppe marschbereit zu machen.
    So viel hatte sich in so kurzer Zeit verändert. Von einer Streitmacht, die siegreich den Feldzug begonnen hatte, über die zusammengeschweißte Gemeinschaft, die durch die Seuche entstanden war, bis hierher.
    »Es braucht Jahre, das Herz eines Heeres zu stärken, und nur einen Tag, um es zu brechen«, sagte Elise Kastenas.
    Sie ritt neben Roberto, der sich entschlossen hatte, den Zug anzuführen. Nachdem sechs atreskanische Reiter nicht zurückgekehrt waren, hatte Roberto estoreanische Späher ausgeschickt. Auch ein Plündertrupp der Fünfzehnten Atreskanischen Legion, der Pfeile Gottes, war überfällig, was Robertos Stimmung noch weiter verdüsterte.
    »Es beweist, dass wir in einem entscheidenden Augenblick versagt haben«, meinte er. »Ich kann nicht glauben, dass ich Manipel der Triarii zwischen die zankenden Hastati der Achten und Einundzwanzigsten Legion stellen muss. Wo habe ich nut einen Fehler gemacht?«
    »Du hast keinen Fehler gemacht, Roberto«, sagte Elise etwas unwirsch. »Der Abfall von Atreska kann dir auf keinen Fall vorgeworfen werden.«
    »Allerdings hätte ich die Schwierigkeiten vorhersehen müssen, die dadurch entstehen würden. Ich hätte schärfer durchgreifen müssen.«
    »Dein Oberkommando beruht darauf, dass deine Kommandanten relativ unabhängig vorgehen können. Das hat sich fünf Jahre lang bewährt, und wir waren noch nie der Niederlage auch nur nahe. Aber nachdem die Herrschaft der Konkordanz über Atreska gebrochen ist, flammt die alte Feindseligkeit wieder auf.« Sie sah ihn offen an. »Zweifle nicht an dir. Niemand hier macht dir Vorwürfe.«
    Roberto nickte. Ihm war klar, dass sie recht hatte, aber er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass Gott ihm eine Prüfung auferlegt hatte. Bis zum Generalsrang war seine Karriere glatt verlaufen. Sein Heer hatte fast reibungslos gearbeitet. Darauf und auf seine Siege konnte er stolz sein, aber nun stand er vor einer Herausforderung, die ihm schlimmer vorkam als jeder Feind, dem er sich bislang gestellt hatte.
    »Ich zweifle nicht an mir selbst«, erwiderte er. »Allerdings bin ich sehr davon enttäuscht, dass das größte Problem, vor dem ich je gestanden habe, nicht etwa mit dem Schwert vor mir herumfuchtelt, sondern sich von hinten anschleicht und die Uniform der Konkordanz trägt.« Er blies die Wangen auf. »Vielleicht kann ich sie davon abhalten, sich gegenseitig zu töten, aber ich kann nicht verhindern, dass sie reden. Es ist wie eine ansteckende Krankheit. Ich spüre die Unzufriedenheit. Sage mir, Elise, hast du über die Fragen nachgedacht, die ich gestern Abend gestellt habe?«
    »Ich habe an kaum etwas anderes gedacht.«
    »Und was denkst du jetzt?«
    Elise sah sich um und vergewisserte sich, dass niemand zuhörte. Dann deutete sie auf das vor ihnen ansteigende Gelände. Links und rechts erhoben sich Hügel mit steilen Hängen, die sich im Osten bis zur Toursanischen Seenplatte und im Westen bis zu den Ebenen von Atreska erstreckten.
    »Wenn wir hinter dieser Anhöhe auf Feinde treffen, dann stecken wir in großen Schwierigkeiten. Eine tsardonische Armee, die so viele Kämpfer hat wie wir, könnte uns leicht besiegen. Wir haben mit vielen Leuten in der Truppe gesprochen, und es besteht kein Zweifel daran, dass das Vertrauen zwischen Legion und Ala zerstört ist. Das gilt sicherlich für die Hastati, betrifft aber wohl auch höhere Ränge. In der Kavallerie steht es nicht ganz so schlimm, weil wir anders organisiert sind. Ich glaube nicht, dass sie sich gegen uns wenden werden, aber die atreskanischen Hastati wollen nicht für die Konkordanz sterben.«
    Roberto nahm den Helm mit dem grünen Federbusch ab und fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die Haare. »Dann sind wir überhaupt kein Heer, sondern ein Gruppe wandernder Bürger. Hast du eine Vorstellung, wie wir sie wieder für uns gewinnen können?«
    Er kannte die Antwort bereits, wollte sie aber aus ihrem Mund hören.
    »Wir können es nicht«, flüsterte Elise. »Wir marschieren an ihrem Land und ihren Angehörigen vorbei, die dort um ihr Leben und ihre Zukunft kämpfen. Sie verstehen nicht, warum du nicht den Befehl gegeben hast, die Invasion zurückzuschlagen. Sie können das Gesamtbild nicht erkennen. Wir kämpfen für die Konkordanz, sie aber

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