Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
kümmern. Eure Schande erlegt euch eine Bürde auf, die ihr niemals abschütteln könnt.« Er starrte Shakarov an.
»Ihr bedeutet mir jetzt und in der Zukunft nichts mehr. Ich kenne euch nicht.«
Der große Atreskaner erwiderte ohne Bedauern seinen Blick.
»Eines Tages werden wir uns wieder als Freunde die Hände schütteln, General«, sagte er. »Es mangelt uns nicht an Respekt dir gegenüber. Allerdings gibt es Zeiten, in denen die Treue für unser Land schwerer wiegt als die Treue gegenüber den Anführern, die wir lieben. Lass uns nicht voller Hass scheiden.«
Robertos Verzweiflung drohte ihn zu übermannen. Nichts hätte er lieber getan, als Shakarov zu bitten, am Ende doch zu bleiben. Diese leidenschaftlichen Leute unter dem Banner der Konkordanz zu sammeln. Denn ihre Leidenschaft konnte die Tsardonier beiseite fegen. Doch hinter sich spürte er ein neues Vertrauen und einen erstarkten Glauben. Er würde alles tun, um dies zu fördern.
So blieb er aufrecht, wendete sein Pferd und ritt unter den Jubelrufen seiner Armee ins Lager zurück. Er hielt erst an, als er sein Zelt erreicht hatte. Dort stieg er ab, eilte hinein und warf seinen Helm in die Ecke. Herides bückte sich, hob ihn auf und hängte ihn auf den Ständer.
»Hinaus«, befahl Roberto. »Schaff mir Davarov und Kastenas her.«
Sie waren ihm vom Tor aus gefolgt und kamen, als Herides nach draußen eilte, sofort herein. Roberto ließ sich auf seine Pritsche fallen und barg das Gesicht in den Händen. Er war den Tränen nahe, und er war zornig. Beides konnte er sich nicht erlauben.
»Du hast getan, was du tun musstest«, sagte Elise.
»Verschone mich mit deinem Verständnis«, fauchte er. »Es ist ein Rückschlag. Ich habe als Anführer versagt, und mein Fehler trifft die ganze Konkordanz.« Er hob den Kopf. »Verzeih mir, Elise, das war ungerecht.«
Sie sagte nichts und nickte nur. Auch Davarov hatte Shakarovs Entscheidung noch nicht verwunden.
»Sie haben uns genau wie Yuran verraten«, sagte er. »Du hättest sie alle töten sollen.«
»Aber da liegt die Schwierigkeit. Sie glauben, sie kehren zurück, um ihr Land vor Tsard und den Rebellen zu retten. Glaubst du wirklich, Shakarov sei ein Verräter?« Roberto stand wieder auf und trat an einen Tisch, um drei Gläser Wein einzuschenken.
»Mit jedem Tag wird der Fluch, der auf diesem Heer liegt, stärker«, sagte er. »Aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass meine eigenen Soldaten sich in so großer Zahl gegen mich wenden. Das darf nicht noch einmal geschehen. Wie viele sind wir jetzt?«
»In den letzten Tagen sind viele desertiert«, erklärte Elise. »Heute befehligst du immer noch mehr als elftausend.«
»Mit beinahe zwanzigtausend bin ich nach Tsard gekommen.«
»Aber die Kämpfer, die geblieben sind, werden dir überallhin folgen«, sagte Davarov. »Du hast ihre Stimmung gespürt.«
»Das war in den letzten Tagen der einzige Segen«, antwortete Roberto. »Wir müssen unsere Formationen umstellen. Ich will nicht, dass Atreskaner und Estoreaner in unterschiedlichen Legionen dienen. Jetzt nicht mehr. Davarov, dir übertrage ich die Leitung der gesamten Infanterie. Elise, du übernimmst die gesamte Kavallerie. Wählt eure Kommandeure gut aus. Wir werden auf dem Marsch nach Gestern gemeinsam üben. Vergesst die anderen, die fort sind. Wir haben schon zu viel Zeit verschwendet. Dreißig Meilen am Tag von hier bis Gestern, sonst haben wir keine Konkordanz mehr, die wir retten könnten. Wenn wir dann kämpfen, werden wir die Tsardonier mit einer Gewalt angreifen, der sie nichts entgegensetzen können. Wir sind die Faust Gottes, und seine Hand kann Berge einebnen.«
Der Morgen dämmerte, und die Karku würden bald zurückkehren. Das Schneetreiben hatte nicht aufgehört, der heulende Wind drang jetzt sogar bis in die Felsspalte vor. Inzwischen waren alle wach und warteten. Mirron war an diesem Morgen niedergeschlagen. Sie saß abseits von den anderen und spielte mit den Flammen’ des Lagerfeuers, ließ die Zungen über ihre Finger streichen und sich von ihnen wärmen. Sie fand Trost in den chaotischen Energien. Zugleich war es hypnotisierend, und sie musste aufpassen, dass die Flammen nicht ihre Kleidung erfassten.
»Hier, ich habe etwas, das euch auch von innen wärmt.«
Mirron schaute auf. Menas war mit einer dampfenden Blechtasse gekommen. Mirron brauchte eigentlich kein warmes Getränk, aber es war nicht Menas’ Schuld, dass sie es nicht verstand. Sie zog eine Hand aus dem
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