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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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möglich war, und ihre einheimischen Führer gaben sich düster und einsilbig.
    Arducius erinnerte sich noch an Mirrons Schreie, als die Abfahrt begonnen hatte. Dicht über ihrem Kopf waren die Felsen vorbeigerast, während ihre Hände, die krampfhaft das Dollbord umklammerten, den Wänden bedenklich nahe gekommen waren. Die vorne und hinten befestigten Laternen hatten mit grellem Licht und tanzenden Schatten den Weg beleuchtet. Hier und dort hatten die Laternen auch wundervolle Flechten erfasst, die in einem sanften Grün glühten.
    Als der Fluss sich beruhigt hatte und langsamer strömte, bekamen sie Dinge zu sehen, die sie sich nicht einmal in den kühnsten Träumen vorgestellt hätten. Wundervolle Ansammlungen von Stalaktiten, zu denen sie regungslos hinaufstarrten, bis ihnen der Nacken wehtat. Von leuchtenden Flechten erhellte Teiche, deren sanftes grünes und blaues Schimmern sich an den Wänden spiegelte. Unterirdische Strände, umgeben von natürlichen Säulen und Höhlen, die Westfallens Küste hätten vor Neid erblassen lassen. Jhered hatte sie immer wieder zur Eile angetrieben, aber sie alle, selbst Ossacer, hatten sich in das eiskalte Wasser gewagt, um die Höhlen zu erkunden. Es war ein magischer Augenblick gewesen.
    Nach den Schrecken der Abfahrt zeigte Arducius sich mittlerweile sogar enttäuscht, als sie die unterirdische Wunderwelt, wie Mirron sie genannt hatte, verlassen mussten. Ein letztes Mal noch wollte er einen Nebenarm sehen, der in geheimnisvoller Dunkelheit verschwand, sodass sie darüber spekulieren konnten, in welches geheime Land er führen mochte.
    Früh am vierten Morgen strömte der Fluss merklich langsamer dahin und wurde erheblich breiter. In der Ferne tauchte die große Mündung der Höhle auf, und nun ruderten die Karku schneller, weil sie sich nach der frischen offenen Luft sehnten und die Sonne im Gesicht spüren wollten.
    Es war ein Schock, als sie ans Licht gelangten. Die grelle Sonne tat ihren Augen weh, aber die Wärme war köstlich, obwohl es noch früh am Morgen war. Arducius atmete die Luft ein, die nicht mehr nach feuchtem Stein roch, sondern nach Gras und Bäumen duftete. Die Energien wetteiferten um seine Aufmerksamkeit und drohten ihn gar zu überwältigen, bis er sich wieder in der Gewalt hatte. Die Reise im Innern der Berge war erstaunlich gewesen, aber hier … hier draußen war die Welt wirklich lebendig.
    Der Fluss schlängelte sich zwischen unendlichen Bergketten entlang, hier und dort lagen auf den Bergwiesen auch Siedlungen. Sie reisten durch Schluchten mit hohen und steilen Wänden, zwischen denen es fast den ganzen Tag dunkel blieb. Die Reihen schneebedeckter Gipfel verloren sich in der Ferne – zugleich trostlos, gefährlich und unglaublich schön.
    Die Karku brachten sie zu einer verlassenen Landestelle. Der Fluss machte hier, wie Jhered erklärt hatte, eine Biegung nach Westen in Richtung Gestern.
    Im Norden führte ein baumbestandener Hang zu einer weiteren Gebirgskette hinauf, die der Nordgrenze des Landes entsprach. Die Karku halfen ihnen beim Aussteigen.
    »Warum lebt hier niemand?«, fragte Mirron. »Es ist schön.«
    »Diesen Ort haben die Herren verlassen«, erwiderte Icenga.
    Jhered blickte zur Sonne hinauf und betrachtete das Land und das Wasser. Kurz vor der Mittagszeit strahlte die Sonne gleißend auf sie herab.
    »Ich kenne diese Gebirgskette«, sagte er, indem er nach Norden deutete. »Liegt dort nicht die Lubjekschlucht?«
    »Ja, Paul Jhered«, bestätigte Icenga, und wieder machten sie alle bedrückte Mienen. »Du solltest mitkommen. Die Aufgestiegenen werden hier bleiben.«
    »Warum?«, protestierte Goran laut. »Was gibt es denn dort Schlimmes, das wir nicht sehen dürfen? Wir sind nicht ganz so jung und zerbrechlich, wie ihr immer glaubt. Nun ja, ich jedenfalls nicht.«
    Jhereds Blick wanderte von Gorian zu Arducius, der mit dem Schlimmsten rechnete.
    »Ausnahmsweise stimme ich dir zu, Gorian. Deine Augen werden dir mehr über die Wirklichkeit des Krieges verraten, als ich es mit Worten je ausdrücken könnte.« Er wandte sich an Icenga. »Sie kommen mit. Sie alle.«
    Auf dem langen Weg durch den Berg sagte niemand etwas. Mirron konnte noch so sehr betteln und Gorian noch so überheblich nachbohren, man müsse ihnen doch wenigstens verraten, was sie zu sehen bekämen, es nützte nichts. Irgendwann meinte Ossacer, der sich an Arducius’ Arm festhielt, er fühle sich, als würde er zu einem Begräbnis geführt. Der Blick, den Jhered ihm

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