Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
rannte Kathi auf die Männer zu.
    «Hört auf!», schrie sie sie an und zerrte an ihnen, damit sie innehielten. Doch sie ließen sich nicht beirren. Ein Schlag beförderte sie zu Boden.
    Einer der drei Reiter erkannte Kathi sofort. Es handelte sich um den Apotheker Grein, der drauf und dran war, sein missratenes Lehrmädchen vor den Hexenkommissaren Faltermayer und Dürr zu schelten. Gleichwohl fürchtete er deren Unmut, wenn sich herausstellte, dass er mit dem Mädchen bekannt war. Es war daher besser zu schweigen.
    «Wer ist das Kind?», fragte Faltermayer hinter vorgehaltenem Taschentuch.
    Dürr schaute auf das Mädchen hinab. Irgendwoher kannte er es. War das nicht das Mädchen, das vor zehn Tagen mit der alten Hexe im Grünenbaum vor Gericht gestanden hatte?
    Grein suchte sein Heil in der Ablenkung. «Diese Methode wird also erfolgreich in Bamberg angewendet?»
    Faltermayer nickte. «Sie ist gefürchtet, und ich denke, wir sollten sie übernehmen.» Er blickte zur Seite. «Was meint Ihr, Meister Dürr?»
    Doch Dürr hatte nur noch Augen für Kathi. Er stieg vom Pferd.
    «Wo wollt Ihr hin?», fragte Faltermayer. «Der Kalk wird Euch die Augen zerfressen.»
    Dürr näherte sich dem am Boden liegenden Mädchen, das sich mit wütendem Gesicht nun erhob und auf ihn zurannte.
    «Meine Amme …», schrie Kathi.
    «Was hast du hier zu suchen?», fragte Dürr und wehrte das offensichtlich verrückt gewordene Ding mit einem Hieb seiner Gerte ab.
    Der Schlag streckte Kathi abermals nieder. Sie blickte auf und sah den scheuenden Gaul Faltermayers über sich.
    «So ein Satansbraten», hörte sie ihn schimpfen und war starr vor Schreck, als die Hufe neben ihrem Kopf in das Erdreich fuhren. Ein Folterknecht packte sie an den Füßen und zog sie weg. Wieder auf den Beinen, eilte sie zu Grein.
    «Herr, so tut doch etwas dagegen», flehte sie ihn an.
    Grein, der nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden wollte, stieß sie mit einem Fußtritt weg.
    «Und Ihr, Herr», wandte sie sich an Faltermayer, «wollt Ihr nicht ein gutes Wort für meine Amme einlegen? Ich bitte Euch inständig. Sie ist ein ehrliches Weib und hat sich nichts zuschulden kommen lassen.»
    Faltermayer runzelte die Stirn. «Wer bist du?»
    «Ich bin Katharina, des Apothekers Lehrling und Zögling dieser Amme.»
    Als Grein die Worte hörte, fuhr er auf. «Nein, Herr, dieses Kind ist nicht ganz richtig im Kopf. Auf meine Ehre, ich habe nichts mit ihm zu tun.»
    «Und Ihr, Meister Dürr? Mir scheint, das arme Kind ist Euch nicht ganz unbekannt.»
    Dürr nickte und kam näher. «Sie stand vor Gericht mit dem alten Hexenweib», sagte er und deutete mit der Gerte auf Babette.
    «Was wurde ihr vorgeworfen?»
    «Sie hat einen Stadtknecht angegriffen und verletzt.»
    Faltermayer lachte auf. «Einen Stadtknecht angegriffen? Ha, ich wünschte, der Bischof hätte mehr von der Sorte. Dann wär ihm um die Sicherheit der Stadt nicht länger bang.» Er wandte sich Kathi zu. «Nun, sprich, hast du etwas zur Entlastung dieses Weibs vorzutragen?»
    «Sie hat nie im Leben etwas Böses getan», antwortete sie und begann, all die Wohltaten aufzuzählen, die Babette ihr und vielen anderen Kindern getan hatte.
    Faltermayer hörte aufmerksam zu. Jeden Kontakt, den Babette mit einem Kind oder dessen Mutter hatte, quittierte er mit einem wohlmeinenden Nicken. Als Kathi immer weiter fortfahren wollte, gebot er ihr zu schweigen.
    «Ich habe genug gehört», sagte er milde. «Deine Babette ist gar ein fleißiges Weib gewesen. So viele Kinder, die sie zur Welt gebracht und aufgezogen hat, so viele Mütter, die sie von der Last der Aufzucht befreit hat. Nun sag, an welcher Brust haben sich denn all die Kinder genährt, wenn nicht an der ihrer Mütter?»
    Kathi wurde unsicher. «Ich verstehe nicht, was Ihr meint.»
    Mit Blick auf die magere Babette, deren Brüste seit einigen Jahrzehnten wohl keine Milch mehr gegeben hatten, sprach er einen schrecklichen Verdacht aus. «Wer hat dir und den vielen anderen Kindern die Milch gegeben, um ein gutes Christenkind zu werden. Dieses alte Weib doch nicht?»
    «Ich weiß nicht, Herr», wich Kathi aus. «Ich nehme an, es war die Milch von Kühen und Ziegen, die sie uns gegeben hat.»
    «Soso, du nimmst es an … Kann es nicht eher sein, dass nur der Teufel, in Person seiner verdammten Hexenbrut, imstande war, so viel Milch zu geben, wenn zur gleichen Zeit Kuh um Kuh, Ziege um Ziege ihre Milch verloren?»
    Mit einem Mal verstand Kathi, worauf dieser

Weitere Kostenlose Bücher