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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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dann gnade dir Gott.»
     
    Was für ein überraschendes Gespräch, staunte Kathi, die von einem Seitenaltar aus unfreiwillig zur Zuhörerin geworden war.
    Am frühen Morgen, als sie wie immer das Haus verlassen hatte, um in die Apotheke zu gehen, war sie in die Reuererkirche gegangen. Hier war sie ungestört. Ihre Lehre bei Apotheker Grein war beendet, das war klar. Ihre Mutter Helene wusste davon nichts, was im Moment noch nicht schlimm war. Für Erklärungen war später Zeit. Jetzt galt es, in aller Ruhe über die nächsten Schritte nachzudenken.
    Bei der Wahl einer ruhigen und abgeschiedenen Kirche hatte sie die richtige Entscheidung getroffen. Die Reuererkirche, weit weg von der belebten Domstraße und in der Nähe des Sandertors gelegen, war offenbar ein Treff für die, die kein Aufhebens um ihre eigenen Angelegenheiten machen wollten. Dazu gehörte anscheinend diese wenig gelittene Bedienung aus dem Stachel, genauso wie das hochangesehene Ehepaar Dornbusch. Er, der erfolgreiche Meister der Rechtswissenschaften und geschätzte Stadtrat, und sie, die wohlhabende, helfende und gläubige Frau.
    Bei einem Schankmädchen konnte es Kathi ja noch verstehen, wieso sie die abgelegene Ordenskirche der Karmeliten aufsuchte. Aber was zum Teufel machten die Dornbuschs hier? Ihr angestammter Platz war in den ersten Reihen von Neumünster und dem Dom, gleich neben dem Schultheißen und dem Bürgermeister.
    Und dann die wichtigste Frage: Was verband die Dirne Grit mit dem Stadtrat Christian Dornbusch?
    Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen vor dem Schultheißen im Grünenbaum hatte sie bereits so etwas wie Verbundenheit zwischen den beiden gespürt, als Christian Dornbusch für Babette und sie eingetreten war, dabei aber Grit angesehen hatte. Damals hatte sie sich nichts weiter gedacht, ihre Aufmerksamkeit gehörte Babette.
    Heute jedoch erhielt diese seltsame Beziehung eine neue Bedeutung. Von Liebe war zwischen den beiden die Rede gewesen, genauso wie von Zauber, Betrug und Felicitas. Ein Satz Dornbuschs war ihr besonders gut im Gedächtnis geblieben:
Du bist ein Kind, und ich bin ein Mann. Wir haben nichts gemein.
    Was für ein Zufall, dachte Kathi. Genau dasselbe beschäftigte sie in den letzten Stunden auch. Entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, näherte sie sich Grit.
    «Mit dir habe ich hier nicht gerechnet», sagte sie zu ihr.
    Grit, im ersten Moment überrascht, auf den Apothekerlehrling zu treffen, zeigte keinerlei Interesse, ihren Kummer zu teilen.
    «Was willst du?»
    Kathi sah ihr den schroffen Ton nach. «Ich kam nicht umhin, eure Unterhaltung zu belauschen, und wenn ich ehrlich sein soll, habt ihr auch wenig Anstalten gemacht, dass die Angelegenheit unter euch bleibt.»
    «Was geht dich das an?»
    «Ich weiß ja nicht, was dich mit Christian Dornbusch verbindet, aber …»
    «Und so soll es auch bleiben», schnitt Grit ihr das Wort ab. «Das sind meine Angelegenheiten. Halte dich da raus.»
    Sie drehte sich um und ging.
    Kathi gab nicht so schnell auf.
«Du bist ein Kind und ich ein Mann»
, rief sie ihr nach. «Waren das nicht seine Worte?»
    Grit, die Tür bereits in der Hand, hielt inne. «Was willst du damit sagen?»
    «Ich habe verstanden, dass Dornbusch nichts von dir wissen will. Schließlich ist er Stadtrat und Ehemann. Du hingegen bist eine einfache Dirne aus dem Stachel.»
    Grit brauste auf. «Du kleine, gemeine Kröte …»
    «Beruhige dich», sagte Kathi. «Es sind nicht meine Worte. Ich habe nur wiederholt, was ich gehört habe.»
    Als Grit klarwurde, dass Kathi recht hatte, lenkte sie ein. «Ja, das hat er gemeint. Ich bin ein nichtsnutziges Ding, und er ist ein erwachsener Mann.»
    Hier musste Kathi ansetzen. «Komm, ich will dir etwas zeigen.»
    Sie führte sie zu einem Seitenaltar. Dort hing ein großes Marienbild. Auf dem Arm der Heiligen Jungfrau saß das Jesuskind mit einer leuchtend goldenen Krone auf dem Kopf. Sein Gesicht hatte einen seltsam erwachsenen Ausdruck, und wie das Kind die Hand nach vorne streckte, mochte man meinen, ein Feldherr gebot seinen Soldaten. Und tatsächlich, die vielen Menschen auf dem Bild warfen sich vor ihm nieder und beteten ihn als ihren Gott und König an.
    «Schau dir dieses Bild mal genauer an», sagte Kathi. «Und alle anderen, die du in dieser oder auch in den anderen Kirchen von der Heiligen Jungfrau und dem Jesuskind siehst. Fällt dir dabei etwas auf?»
    Grit wusste nicht, worauf Kathi hinauswollte. «Wonach soll ich denn suchen?»
    «Schau

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