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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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dann öffnete seine Mutter doch. Er trat ein, bevor sie widersprechen konnte.
    Was im Inneren des Hauses vorging, ließ sich am ehesten aus den lauten Stimmen schließen, die hin und wieder nach draußen drangen. Dürr lieferte sich mit seiner Mutter einen Kampf. Für ihn ging es um seinen Ruf, für sie um die Vorherrschaft in der Familie.
    Die Schlacht war überraschend schnell geschlagen. Dürr kam missmutig zur Tür heraus und schnauzte im Vorbeigehen die Folterknechte an. «Festnehmen und mitnehmen.»
    Sie waren sich nicht sicher, wen er damit meinte.
    «Die Paulus natürlich!»
     
    Am unteren Teil des Marktplatzes hatte sich vor dem Stachel ebenfalls eine Menschentraube gebildet. Bei dieser Gruppe war das Pendel in eine andere Richtung ausgeschlagen. Den lauthals skandierenden Bürgern ging es nicht um die Festnahme einer Person, die Kathi und Grit am Hexensabbat gesehen haben mochte, sondern um die Auslieferung der Dirne Grit, die die ehrenwerte Felicitas Dornbusch beschuldigt hatte.
    Valthin, der Wirt, hatte mit seinen Knechten große Mühe, den Anfeindungen standzuhalten. Er forderte die Bürger auf, endlich nach Hause zu gehen. Grit sei nicht hier.
    Christian Dornbusch hatte sich aufgemacht, um Grit zur Rede zu stellen. Als er ihre Kammer betrat, fand er Grit in einer Ecke kauernd vor. Sie schreckte auf, entspannte sich dann aber bei seinem Anblick.
    «Was um Himmels willen hast du dir dabei gedacht», warf er ihr vor, «mein Weib der Hexerei zu bezichtigen? Hast du nun völlig den Verstand verloren?»
    Grit war nicht gewillt, seine Fragen zu beantworten. Sie fuhr ihn an. «
Wir haben nichts miteinander zu schaffen.
Das waren deine Worte in der Reuererkirche. Erinnerst du dich? Nun sieh zu, wie du dein Weib retten kannst, du närrischer Ehemann.»
    Christian packte sie am Arm. «Das ist kein Spaß mehr. Hier geht es um Leben und Tod. Begreifst du das nicht?»
    «Ich verstehe sehr gut, worum es geht.»
    «Was willst du dann damit erreichen?»
    «Sag dich von ihr los und komm zu mir. Dann will ich sie verschonen.»
    Christian stockte der Atem. «Ist das dein Plan?» Er zerrte sie zum Fenster. «Sieh hinaus und sag mir, wer hier Schutz benötigt. Felicitas oder du?»
    Grit tat die aufgebrachte Menge ab. «Ein paar wirre Köpfe. Sie verstummen bald.»
    «Einen Teufel werden sie tun. Die ganze Stadt steht hinter Felicitas. Du hast nicht die geringste Möglichkeit, ihr etwas anzuhängen.»
    «Das werden wir ja sehen.»
    Christian schüttelte den Kopf über so viel Starrsinn. «Widerrufe, sofort, und ich will sehen, was ich noch für dich tun kann.»
    Grit lächelte bitter. «Weiß dein Weib eigentlich, dass du bei mir bist?»
    «Ich habe es ihr gesagt.»
    «Hast du ihr auch von unserer gemeinsamen Nacht erzählt?»
    Er zögerte. «Ja.»
    «Und, was hat sie geantwortet?»
    «Dass ich mich versündigt habe, nicht nur am heiligen Sakrament der Ehe, sondern viel schlimmer, an einem Kind.»
    «Ich bin kein Kind mehr!», schrie sie ihn an. «Jeder Kerl in dieser verdammten Stadt weiß das, nur der ehrwürdige Stadtrat Dornbusch nicht.»
    «Du irrst», antwortete er, der Unterhaltung müde. «Du bist ein kleines, verwirrtes Ding.»
    Grit riss sich los und schlug ihm zornentbrannt ins Gesicht. «Dann sollst du dein ‹Kind› bekommen. Ich schwöre, dass ich nicht länger Ruhe gebe, bis du mich auf Knien anflehst, dich zu verschonen.»
    Christian hatte nichts mehr zu erwidern. Enttäuscht wandte er sich ab. «Das wirst du noch bitter bereuen.»
    Er verließ das Zimmer und ging die Treppe hinunter auf die Straße. Er hörte die Schritte, die sich wütend den Weg nach oben bahnten, aber es fehlte ihm der Wille, Grit zu beschützen.
    Was er nicht mehr sah, war, wie drei Kerle sie zu Boden warfen und auf sie einschlugen. Dann schleiften sie sie hinaus auf die Straße, hin zum Marktplatz. Dort riss ihr einer das Kleid vom Leib, damit ein anderer die Bestrafung mit dem Stock ausführen konnte. Die Schläge trafen sie am Rücken und rissen ihr die Haut auf. Die umstehende Meute johlte und beklatschte den baldigen Tod der Dirne.
    Da drängte sich einer durch die skandierende Menge und stellte sich schützend vor Grit.
    «Haltet ein», rief Vikar Ludwig und hielt ihnen sein Kreuz entgegen. «Versündigt euch nicht an den Unschuldigen. Das Mädchen hat die Wahrheit gesagt. Soeben hörte ich aus der Kanzlei, dass noch ein Kind Felicitas Dornbusch auf dem Schalksberg gesehen hat.»

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    15
    Kathi bekam von den

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