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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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sich.
    «Was … wo wollt Ihr hin?», stammelte Kathi.
    Ursula folgte ihr, wie es eine kleine Schwester tat.
    Helene hielt schnurstracks auf die Hexenkommissare zu. Die schauten ebenso überrascht.
    «Was willst du, Weib», herrschte Dürr sie an. «Und was sollen die Kinder hier?»
    Helene schob Kathi und Ursula voran. «Jetzt sagt, dass ihr euch das alles nur ausgedacht habt.»
    Kathi verstand nicht. «Mutter, was ist mit Euch?»
    «Ihr gebt jetzt zu, dass ihr niemals mit Babette auf den Schalksberg ausgefahren seid.»
    «Aber …»
    Unruhe machte sich breit. Die Ersten in der Menge begannen zu fragen, was dieses Weib, das die Bestrafung der Hexe verhindern wollte, dort vorne zu suchen habe. Wollte diese Närrin etwa auch die anderen Angeklagten von der Sünde freisprechen?
    Die Situation war so nicht geplant, aber sie war günstig. Der kleine Lorentz, der die Anklägerin seines Vaters neben den anderen Hexenkindern gesehen hatte, würde die Gelegenheit beim Schopf fassen. Er würde ihr alles heimzahlen und seinen Vater aus der Haft befreien. Damit wäre sein jämmerliches Dasein bei den Schwarzen Banden beendet, und er konnte wieder nach Hause zurückkehren. Er huschte an den Stadtknechten vorbei, hob den Finger und zeigte auf die Anklägerin.
    «Hexe! Hexe!», schrie er so laut, dass selbst die Angeklagten vor Staunen aufblickten. «Sie ist eine Hexe!»
    Kathi drehte sich um. Da war er wieder, dieser Junge mit den stechenden Augen. Er stapfte durch den Schlamm genau auf sie zu.
    «Du bist eine Hexe. Hexe!»
    Immerzu wiederholte er die Worte, während er mit ausgestrecktem Finger auf sie zeigte.
    «Wer ist der Bengel?», raunzte Faltermayer.
    Dürr zuckte mit den Schultern.
    Auch Kathi wusste keine Antwort, nur dass er in Begleitung Volkhardts gewesen war.
    «Er ist mein Stiefbruder», antwortete Ursula und überraschte alle. «Der Sohn meines Ziehvaters Karl Rußwurm.»
    Und je näher Lorentz kam, desto deutlicher wurde, dass er mit dem Fingerzeig nicht Kathi beschuldigte, sondern die neben ihr stehende Ursula. Das Halsabschneiden, das er Kathi symbolisch angedroht hatte, hatte offenbar ihr gegolten.
    «Du bist eine Hexe!»
    Lorentz spuckte vor ihr aus. «Ich weiß, was du alles mit dem Teufel getrieben hast.»
    Stellvertretend für Ursulas verstorbene Mutter verpasste Helene ihm eine Ohrfeige. «Du verdorbener Rotzlöffel! Untersteh dich, so zu sprechen.»
    «Haltet ein», bestimmte Dürr und erhob sich. «Ich will hören, was der Bub zu sagen hat.»
    Er wandte sich an Lorentz. «Nun, sprich. Welche Anschuldigung erhebst du gegen dieses Kind?»
    «Sie ist eine Hexe», antwortete er, durch das Eingreifen von Dürr wieder mutiger geworden. «Ich habe sie auf dem Schalksberg gesehen, wie sie mit dem leibhaftigen Teufel gebuhlt hat. Er hat sie zu seiner Braut genommen.»
    «Lügner», erwiderte Ursula. «Du warst nie auf dem Schalksberg, und den Teufel, den du zu sehen glaubst, der steckt in deinem widerlichen Vater und damit auch in dir.»
    «Wie willst du denn auf den Schalksberg gekommen sein?», fragte Dürr misstrauisch, aber auch neugierig.
    «Die Hexe Babette kam letzte Nacht zu mir und hat mich mitgenommen.»
    «Babette hast du nie gesehen», erwiderte Kathi zornig. «Mit einem wie dir hat sie nichts zu schaffen.»
    Lorentz strafte sie mit seinem stechenden Blick. «Missgeburt der Hölle. Auch du bist des Teufels Braut.»
    Wieder erhob Helene die Hand, doch Dürr hielt sie zurück. «Wartet. Wir werden das klären.» Er blickte sich nach Pfarrer Ludwig um und gab ihm ein Zeichen, mit den Kindern herzukommen.
    Als sie sich im Halbkreis um Lorentz, Kathi und Ursula aufgestellt hatten, fragte er sie: «Kennt ihr diesen Jungen?»
    Grit, Anna und all die andern schauten sich unsicher an. Was wollte Dürr damit bezwecken? Es war besser, vorsichtig zu sein. Einer nach dem anderen schüttelten sie den Kopf.
    «Und Ihr, Pfarrer, kennt Ihr das Kind?»
    Auch Ludwig verneinte.
    «Wenn niemand dich kennen will», schlussfolgerte Dürr, «aber alle auf dem Schalksberg gewesen sind, was inzwischen bewiesen ist, dann bist du ein Lügner.»
    Das hatte sich Lorentz leichter vorgestellt. Er protestierte. «Ich lüge nicht. Diese Hexen haben sich alle gegen mich verschworen, weil ich die Wahrheit sage und sie damit auf den Scheiterhaufen bringen kann.»
    Grit lachte böse. «Und wie willst du das beweisen?»
    Lorentz drehte sich zu ihr um. «Du bist nicht nur eine Hexe, sondern auch eine hinterlistige Dirne und

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