Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
bei ihm zu nehmen. Es schien, als hätten sie Lee Herdman völlig vergessen, und vielleicht, dachte Rebus im Stillen, hatten sie Recht. Die meisten Menschen in South Queensferry, selbst die Familien der Opfer, wollten einfach nur, dass das Leben weiterging. Was geschehen war, war geschehen, daran war nichts mehr zu ändern. Irgendwann musste man loslassen... Wenn man konnte.
Plötzlich brach die Sonne durch die Wolken, und Rebus schloss die Augen. Sein Gesicht wurde von Licht und Wärme überströmt. Ihm wurde klar, dass er völlig erschöpft war und kurz davor einzuschlafen; nicht dass das ein Problem darstellte. Schlafen war gut. Doch schon nach wenigen Minuten schreckte er aus einem Traum wieder hoch, in dem er sich allein in einer fremden Stadt befunden hatte, nur mit einem altmodischen, gestreiften Pyjama bekleidet. Barfuss und ohne einen Penny in der Tasche, auf der Suche nach jemandem, der ihm helfen würde, während er gleichzeitig den Eindruck zu erwecken versuchte, als wäre er wie alle anderen. Er schaute durchs Fenster in ein Cafe hinein und sah, wie ein Mann eine Waffe unter den Tisch schob und auf seinem Schoß versteckte. Rebus wusste, dass er nicht hineingehen konnte, nicht ohne Geld. Also stand er nur da und schaute, die Hände gegen die Scheibe gepresst, und versuchte, keinen Wirbel zu machen... Er blinzelte, bis er wieder scharf sah, und stellte fest, dass sie den Firth of Forth überflogen und in Kürze landen würden. Brimson sprach gerade.
»Ich habe schon oft überlegt, was für einen Schaden ein Terrorist anrichten könnte, selbst mit so einer kleinen Cessna. Denken Sie nur an das Werftgelände, die Fähre, die Straßen- und die Eisenbahnbrücke... an den Flughafen bei mir nebenan.« »Stimmt, er hätte die Qual der Wahl«, bestätigte Siobhan. »Ich wüsste allerdings ein paar Stellen in der Stadt, die er von mir aus ruhig platt machen dürfte«, warf Rebus ein.
»Oh, Sie sind wieder unter uns, Inspector. Ich sollte mich wohl dafür entschuldigen, dass unsere Gesellschaft nicht anregender war.« Brimson und Siobhan tauschten ein Lächeln, dem Rebus entnahm, dass man ihn nicht allzu schmerzlich vermisst hatte.
Die Landung war weich, und Brimson ließ die Maschine bis zu der Stelle rollen, wo Siobhans Wagen geparkt war. Rebus kletterte hinaus und schüttelte Brimson die Hand. »Vielen Dank, dass Sie mich mitgenommen haben«, sagte Brimson. »Ich habe zu danken. Schicken Sie uns die Rechnung über den Treibstoff und Ihr Pilotenhonorar.«
Brimson zuckte nur die Achseln und drückte Siobhan die Hand, wobei er sie etwas länger in der seinen behielt, als nötig gewesen wäre. Drohend hob er den Zeigefinger der freien Hand. »Nicht vergessen, ich rechne mit Ihnen.« Sie lächelte. »Versprochen ist versprochen, Doug. Aber wenn ich vorher noch eine unbescheidene Bitte äußern dürfte...« »Nur zu.« »Ich würde zu gern mal einen Blick in den Geschäftsflieger werfen, um zu sehen, wie die Gutbetuchten reisen.« Er starrte sie einen Augenblick lang an, dann erwiderte er ihr Lächeln. »Kein Problem. Die Maschine steht im Hangar.« Brimson wandte sich schon zum Gehen. »Kommen Sie mit, Inspector?« »Ich warte hier«, sagte Rebus. Nachdem sie gegangen waren, zündete er sich im Windschatten der Cessna mit einiger Mühe eine Zigarette an. Fünf Minuten später waren die beiden zurück, und Brimson wirkte gut gelaunt, was sich jedoch schlagartig änderte, als er die brennende Zigarette sah. »Rauchen strengstens verboten«, sagte er. »Brandgefahr.« Rebus zuckte entschuldigend die Achseln, schnippte die Zigarette auf den Boden und trat sie aus. Dann folgte er Siobhan zu ihrem Wagen, während Brimson in den Landrover stieg, um vorauszufahren und das Tor für sie zu öffnen.
»Netter Kerl«, sagte Rebus.
»Ja«, bestätigte Siobhan. »Netter Kerl.« »Finden Sie das wirklich?« Sie sah ihn an. »Sie nicht?« Rebus zuckte die Achseln. »Er kommt mir vor wie ein Sammler.« »Ein Sammler wovon?« Rebus überlegte einen Moment. »Von interessanten Exemplaren der Gattung Mensch... von Typen wie Herdman und Niles.« »Klar, und außerdem ist er mit den Cotters bekannt, nicht wahr?« Siobhan war offenbar noch nicht bereit, ihre Krallen wieder einzufahren.
»Hören Sie, ich will damit nicht sagen...« »Sie wollen mich vor ihm warnen, hab ich Recht?« Rebus schwieg.
»Hab ich Recht?«, wiederholte sie.
»Ich möchte nur verhindern, dass Ihnen dieser Geschäftsflieger-Glamour zu Kopf steigt.« Er hielt
Weitere Kostenlose Bücher