Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14

den Rock geguckt!« Als Rebus sich umdrehte, um wegzugehen, zuckte er in Siobhans Richtung die Achseln, wie um einzugestehen, dass es ein billiger Spruch gewesen war.
    Billig, aber befriedigend.
    »Im Ernst, Bobby, was ist in dich gefahren?« Rebus marschierte einen der langen Schulflure entlang, in Richtung auf eine Kammer, die wie ein begehbarer Tresor aussah, und zwar einer von der altmodischen Sorte, mit Drehrad und mehreren Kombinationsschlössern. Sowohl die äußere Stahltür als auch die sich dahinter befindende Gittertür standen offen. Hogan starrte in den Tresorraum hinein. »Diese Arschlöcher haben hier nichts zu suchen, verdammt noch mal.« »John«, sagte Hogan ruhig. »Ich glaube, du hast den Direktor noch nicht kennen gelernt...« Er wies in den Tresorraum, in dem ein Mann mittleren Alters stand, umgeben von genügend Waffen für eine Revolution. »Dr. Fogg«, sagte Hogan, um ihn Rebus vorzustellen.
    Fogg trat über die Schwelle nach draußen. Er war klein und kompakt, sah aus wie ein ehemaliger Boxer: Ein Ohr wirkte geschwollen, und sein Gesicht wurde von seiner breiten Nase dominiert. »Eric Fogg«, sagte er und schüttelte Rebus die Hand.
    »Entschuldigen Sie bitte meine Wortwahl eben, Sir. Ich bin DI Rebus.« »Wer in einer Schule arbeitet, bekommt Schlimmeres zu hören«, erwiderte Fogg, und es klang wie eine Floskel, die er schon unzählige Male benutzt hatte.
    Siobhan war inzwischen nachgekommen, und sie wollte sich gerade selber vorstellen, als sie den Inhalt des Tresorraums sah.
    »Oh, mein Gott!«, rief sie.
    »Genau das habe ich auch gedacht«, pflichtete Rebus bei. »Ich habe DI Hogan gerade erklärt«, hub Fogg an, »dass die meisten nichtstaatlichen Schulen über dergleichen verfügen.« »Es geht um die CCF, stimmt's, Dr. Fogg?«, fügte Hogan hinzu. Fogg nickte. »Combined Cadet Force: Armee-, Marine- und Luftwaffenkadetten. Sie halten jeden Freitagnachmittag eine Parade ab.« Er schwieg einen Augenblick. »Ein starker Anreiz ist vermutlich, dass die Teilnehmer sich zu diesem Anlass der Schuluniform entledigen können.« »Zugunsten einer eher paramilitärischen Aufmachung?«, vermutete Rebus. »Vollautomatische, halbautomatische und andere Gewehre«, verkündete Hogan. »Schreckt wahrscheinlich manchen Einbrecher ab.« »Gerade habe ich DI Hogan darauf hingewiesen«, sagte Fogg, »dass die Polizei Anweisung hat, zuerst diese Waffenkammer zu überprüfen, wenn hier in der Schule Alarm ausgelöst wird. Diese Bestimmung stammt aus der Zeit, als sich Gruppierungen wie die IRA Waffen beschaffen wollten.« »Die Munition wird aber hoffentlich nicht hier aufbewahrt, oder?«, fragte Siobhan. Fogg schüttelte den Kopf. »Auf dem Schulgelände befindet sich keine scharfe Munition.« »Aber die Gewehre sind einsatzbereit? Sie sind nicht unbrauchbar gemacht worden?« »Nein, sie sind durchaus einsatzbereit.« Der Blick, mit dem er in den Tresorraum sah, wirkte beinahe angewidert.
    »Sie halten nicht allzu viel von diesem Brauch?«, vermutete Rebus. »Ich glaube, es... besteht eine gewisse Gefahr, dass sein Nutzen mehr und mehr an Bedeutung verlieren könnte.«
    »Wahrhaft diplomatisch formuliert«, sagte Rebus, was ihm ein gezwungenes Lächeln des Direktors einbrachte. »Herdmans Gewehr stammt aber nicht von hier?«, fragte Siobhan. Hogan schüttelte den Kopf. »Das ist eine Sache, bei der ich auf die Hilfe der Ermittler vom Militär hoffe.« Er sah Rebus an. »Es sei denn, du kennst die Antwort.« »Jetzt hör aber auf, Bobby. Wir sind erst knapp fünf Minuten hier.« »Unterrichten Sie auch, Sir?«, fragte Siobhan Fogg, in der Hoffnung, dadurch den Streit zu vermeiden, der sich womöglich zwischen ihren beiden ranghöheren Kollegen anbahnte. Fogg schüttelte den Kopf. »Früher einmal: Religion und Ethik.« »Bei Teenagern einen Sinn für Ethik wecken? Das muss ziemlich mühsam sein.« »Bislang bin ich noch keinem Teenager begegnet, der einen Krieg begonnen hat.« Dem Tonfall fehlte es etwas an Überzeugungskraft: eine weitere einstudierte Reaktion auf eine häufige Bemerkung. »Nur weil wir ihnen in der Regel die nötigen Kampfmittel vorenthalten«, bemerkte Rebus, der erneut das Waffenarsenal betrachtete.
    Fogg schloss gerade die Gittertür ab.
    »Es fehlt also nichts?«, fragte Rebus.
    Hogan schüttelte den Kopf. »Aber beide Opfer waren Mitglied der CCF.« Rebus sah Fogg an, der zustimmend nickte. »Anthony war mit großer Begeisterung dabei... Derek mit etwas weniger.« Anthony Jarvies: