Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
waren. Als der Fahrer beschleunigte, krachte plötzlich etwas aufs Dach, und gleich darauf schlidderte ein halber Ziegelstein über den Asphalt. »Bloß ein harmloser Warnschuss«, sagte Rebus.
»Sie haben gut reden, Mann. Es ist ja nicht Ihr Taxi.« Zurück auf der Hauptstraße, mussten sie an einer roten Ampel halten. Auf der anderen Straßenseite stand ein Wagen, in dem eine Frau bei eingeschaltetem Innenlicht einen Stadtplan studierte. »Die Arme«, bemerkte der Fahrer. »Würde niemandem empfehlen, sich hier zu verfahren.«
»Wenden Sie«, befahl Rebus. »Was?« »Wenden Sie, und halten Sie vor dem Wagen an.« »Weshalb?« »Weil ich es will«, erwiderte Rebus kurz angebunden. Die Körpersprache des Fahrers verriet Rebus, dass der Mann schon pflegeleichtere Fahrgäste gehabt hatte. Als die Ampel auf Grün sprang, blinkte er rechts, tat, wie ihm geheißen, und hielt dicht am Kantstein an. Rebus hatte schon den Geldschein parat. »Der Rest ist für Sie«, sagte er beim Aussteigen.
»Das habe ich mir aber auch verdient, Mister.« Rebus ging zu dem anderen Auto, öffnete die Beifahrertür und stieg ein. »Nette Nacht für eine Spritztour«, sagte er zu Siobhan Clarke. »Stimmt.« Der Stadtplan war verschwunden, vermutlich unter ihrem Sitz. Sie beobachtete den Fahrer, wie er ausstieg und das Dach seines Wagens inspizierte. »Und was hat Sie in diese Gegend verschlagen?« »Ich war zu Besuch bei einem Freund«, sagte Rebus zu ihr. »Was für eine Ausrede haben Sie zu bieten?« »Brauche ich eine?« Der Taxifahrer schüttelte den Kopf und warf Rebus einen finsteren Blick zu, ehe er wieder einstieg und ein zweites Mal wendete, um sich Richtung Innenstadt in Sicherheit zu bringen. »Welche Straße haben Sie gesucht?«, fragte Rebus. Sie schaute ihn an, und er lächelte. »Ich habe gesehen, wie Sie den Stadtplan gewälzt haben. Darf ich raten: Fairstones Adresse?« Es dauerte einen Augenblick, bis sie antwortete. »Woher wissen Sie das?« Er zuckte die Achseln. »Nennen Sie's männliche Intuition.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ich bin beeindruckt. Außerdem ahne ich, wo Sie gerade herkommen.« »Ich war zu Besuch bei einem Freund.« »Hat dieser Freund auch einen Namen?« »Andy Callis.« »Sollte ich ihn kennen?« »Andy war bis vor einer Weile bei der Trachtengruppe. Ist krankgeschrieben.« »Sie sagen >war<... klingt, als würde er nicht wieder zum Dienst kommen.« »Jetzt bin ich beeindruckt.« Rebus rutschte auf dem Sitz herum. »Andy hat's schlimm erwischt... psychisch.« »So schlimm, dass er auf Dauer wegbleiben wird?« Rebus zuckte die Achseln. »Ich überlege immer wieder... ach, was soll's.« »Wo wohnt er?« »Alnwickhill Road.« Rebus hatte völlig arglos geantwortet. Er funkelte Siobhan an, denn ihm wurde klar, dass es keine beiläufige Frage gewesen war. Sie erwiderte seinen Blick mit einem Lächeln. »Das ist in der Nähe von Howdenhall, stimmt's?« Sie holte den Stadtplan unter dem Sitz hervor. »Ist ein ganzes Stück von hier entfernt...« »Okay, ich habe also auf der Rückfahrt einen Abstecher gemacht.« »Um sich Fairstones Haus anzusehen.« »Ja.« Mit zufriedener Miene klappte sie den Stadtplan zu. »Ich steh in dieser Sache unter Verdacht«, sagte Rebus. »Ich habe darum allen Grund, neugierig zu sein. Und Sie?« »Na ja, ich dachte...« Sie rang mit sich, war eindeutig wieder in der Defensive. »Was dachten Sie?« Er hielt eine seiner behandschuhten Hände hoch. »Schon gut. Ich find es peinlich, zuzuhören, wie Sie sich krampfhaft eine Geschichte ausdenken. Wissen Sie, was ich vermute...« »Was?« »Ich vermute, Sie wollten gar nicht zu Fairstones Haus.« »Ach?« Rebus schüttelte den Kopf. »Sie wollten ein bisschen herumschnüffeln. Auf eigene Faust ermitteln, vielleicht mit Freunden von Fairstone reden, Leuten, die ihn gut gekannt haben... vielleicht mit jemandem wie Peacock Johnson. Wie mache ich mich bisher?« »Warum sollte ich so etwas tun?« »Ich habe das Gefühl, Sie zweifeln daran, dass Fairstone tot ist.« »Schon wieder männliche Intuition.« »Sie haben es angedeutet, als ich Sie vorhin anrief.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe.
»Wollen Sie drüber reden?«, fragte er leise.
Sie schaute auf ihren Schoß. »Ich habe eine Nachricht bekommen.« »Was für eine Nachricht?« »Sie lag in St. Leonard's und war mit >Marty< unterschrieben.« Rebus dachte nach. »Dann weiß ich genau, was Sie jetzt tun werden.« »Was?« »Sie fahren in Richtung Innenstadt und warten auf weitere
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