Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
Sätze, die mit »Sollen wir nicht …« anfingen und mit »… uns ein Wochenendhäuschen auf dem Land kaufen, Schatz?!« aufhörten. »Schatz« ist höchste Alarmstufe. Wenn Frauen »Schatz« sagen, ist es so, als wenn meine Mutter »Junger Mann« sagt. Danach kommt nie etwas Erfreuliches
Ich versuchte es erst mit Argumenten, was bei Frauen natürlich Quatsch ist. Ich brachte das Beispiel mit dem Playmate, ohne Erfolg. Ich erklärte, dass es einen Grund hat, warum die Bauern bei Bauer sucht Frau entweder keine Bauern sind oder so aussehen, als wäre die Mutter ein Schaf und der Vater ein Schlaganfall gewesen. Aber da hieß es von Ramona, ich sei ein typisch zynischer Stadtmensch, dem ein Aufenthalt auf dem ehrlichen, einfachen Land guttun wird. Wir sind ja schon ein bisschen in der Welt herumgekommen, aber für Ramona schienen zwei Wochen Bali ein schlechteres Abenteuer als ein Wochenende in Bad Bumsdorf.
Ich wollte als Kind mal einen Hund haben. Mein Vater gab mir einen Stein und eine Leine und erklärte, ich solle mit dem Stein an der Leine einen Monat lang jeden Tag drei Mal durch den Park laufen. Wenn ich dann noch Lust hätte, führen wir sofort ins Tierheim. Es blieb für mich bei einer hundlosen Kindheit. Frauen und Kindern kann man Wünsche nur austreiben, indem man ihnen die Konsequenzen plastisch vor Augen führt. Deswegen fuhr ich mit Ramona für ein verlängertes Wochenende auf einen Bauernhof in der Nähe.
Der Bauernhof verhielt sich dann auch zur Idylle exakt so wie mein Stein zum Hund. Die Menschen sprachen einen von Grammatik befreiten Dialekt, die Gegend roch nach Gülle, und die Betten sahen aus, als wäre Stefan Mross darin gezeugt worden. Ramona war begeistert.
Im Gasthof gab es irgendeine lokale Spezialität, die aus gutem Grund keine weitere Verbreitung gefunden hatte. Vermutlich irgendwas mit Pansen. Ramona war begeistert. Wir verliefen uns bei Spaziergängen, traten in Kuhfladen, und ich erklärte meiner Freundin, dass die Bauern die von ihr ins Herz geschlossenen Tiere später alle umbringen, um daraus den Pansenfraß zu machen. Ramona blieb begeistert, und wir hatten Sex in dem Bett von Stefan Mross’ Eltern.
Der Hauptunterschied von Stadt und Land ist, dass auf dem Land absolut nichts los ist. Deswegen erfindet der Landmensch ständig irgendwelche Rituale, die alle das Ziel haben, sich zu besaufen. Jemand hat Geburtstag, ist gestorben, hat geheiratet, einen neuen Traktor, oder es ist Donnerstag. Egal. Es gibt Alkohol, und das nicht zu knapp.
Auch Gäste werden schnell in diese Rituale eingebunden. In der Stadt kenne ich selbst meine Nachbarn nur vom Namen am Briefkasten. In der Dorfschänke wusste ich nach drei Runden, dass der Frisör depressiv ist (was die anwesenden Frisuren erklärte), der Bäcker schwul und der Bürgermeister sehr gut versaute Witze erzählt.
Nach fünf Runden hatte ich Freunde. Mehr als in der Stadt. Richie versprach, mir bei der feuchten Wand im Keller zu helfen, Gonzo kommt günstig an jede Form von Elektronik, und der Lenni bringt mir den Wagen übern TÜV. Dazu lief spitzen Musik aus den 80ern. Es war ein herrlicher Abend.
Währenddessen saß Ramona eher allein an der Theke. Die Landfrauen hatten alle Kinder und mussten früh nach Hause. Außerdem gab es kein W-LAN und kein Handynetz. Um sie aufzumuntern, schlug ich ihr Sex im Stall vor, übergab mich allerdings praktisch gleichzeitig. Der Pansen vertrug sich wohl nicht mit dem Alkohol. Noch während ich ihr meinen Mageninhalt vor die Füße kippte, gestand ich ihr, dass sie mit ihrer Landliebe recht hatte und ich mich umgehend nach einem Wochenendhäuschen in der Nähe umgucken würde. Ich sei sogar praktisch schon Mitglied der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr. Aber Ramona reagierte patzig und wollte nach Hause. Ein kotzender Kerl mit seinen Kumpeln sei nicht ihre Vorstellung von Idylle. Wenn Frauen wüssten, was sie wollen, wären sie ja Männer.
Ich hole gerade meine Pubertät nach und rebelliere gegen meine Mutter. Damals, als ich im passenden Alter dafür gewesen wäre, hab ich es nicht gemacht, teils aus Angst vor Taschengeld- oder Fernsehentzug, teils aus Unwissenheit. Zum Beispiel beim Thema Essen. Ich gehöre zur ersten Mikrowellengeneration. Meine Mutter hatte die Vorzüge von Fertiggerichten entdeckt und exzessiv ausgelebt, deswegen war es für mich wiederum später eine echte Entdeckung, dass man Püree aus Kartoffeln macht und nicht aus Tüten, dass es neben Pfeffer, Salz und Maggi noch
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