Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
andere Gewürze gibt und dass Rosenkohl, Kohlrabi und Wirsing von Natur aus unterschiedlich schmecken und nicht hauptsächlich nach Sahne und Schmelzkäse. Meine Teenager-Essstörung war nur eine Reaktion auf Mutters Kochstörung, weiß ich heute.
Ich habe sie jetzt nachträglich mit dieser Erkenntnis konfrontiert, und ihre verblüffende Antwort war, sie sei vor der Ehe quasi selbst eine Kohlrabi gewesen, die dann aber durch ihren Mann, den Job und die nervigen Kinder nach und nach in die Mikrowelle gedrängt wurde . Männer sind nicht nur verantwortlich für Kriege, Not und Elend, sondern auch für Fertiggerichte. So die Quintessenz meiner Mutter. Ihr Mann sei schuld, dass sie zeit ihres Lebens keinen Garten hatte, dass sie im Urlaub immer ans Meer musste und dass die Liste ihrer Rezepte noch kürzer ist als die Liste von talentierten Schauspielern bei der Lindenstraße .
Und ich, sagte meine Mutter dann noch, sei ihre Tochter, die es keinen Deut besser mache. Mein Rainer bestimme doch auch immer, wie wir unsere Freizeit verbrächten, mein Rainer nehme doch eine Pizza mit in ein Sternerestaurant, aus Angst nicht satt zu werden, kurz, mein Rainer sei praktisch Papa 2.0, und ich sei sie, in jünger und mit weniger Oberweite.
Vielleicht meinte sie es liebevoll, ich fasste es nicht so auf. Ich beschloss die Rebellion. Ich wollte meiner Mutter zeigen, dass Rainer und ich im Vergleich zu Papa und ihr so sind wie ein Smartphone im Vergleich zu Rauchzeichen.
An dem Abend brachte Rainer strahlend alle Zutaten für Hotdogs mit, denn es gab Fußball im Fernsehen. Er stellte mir seine Einkäufe in die Küche, machte sich ein Bier auf und den Fernseher an. Er war nicht Papa 2.0, er war einfach nur Papa.
Ich hielt mit einer Illustrierten dagegen, die das Landleben feiert. Ich drehte voll auf. Ich sprach von einem Wochenendhäuschen auf dem Land. Rainer war völlig von den Socken. Ich sagte ihm natürlich nicht, dass es mir hauptsächlich darum ging, es meiner Mutter zu zeigen, sondern behauptete, ich wolle zurück zur Natur, weg vom wärmegedämmten Neubau in der Stadt, hin zu alten Bauernhöfen, wo frischer Wind durch die Ritzen pfeift und man einen gemütlichen Holzofen anzündet.
Rainer meinte, ökologisch sei das sehr schlecht, und er hat natürlich recht. Natur ist nicht gut für die Umwelt, aber das wird sich erst in zwanzig, dreißig Jahren auswirken, und ich hatte Angst, dass ich bis dahin Fertiggerichte gut fände. Das Leben auf dem Land ist wie ein Placebo. Man muss dran glauben, dass es einem hilft. Ich griff in meine Trickkiste: Ich erzählte in seinem Beisein meinen Freundinnen von unserem Landhäuschen und behauptete, es sei Rainers Idee gewesen, als die Mädels begeistert reagierten. Gelobt werden Männer immer gern, egal ob sie es verdient haben oder nicht.
Irgendwann kam Rainer aus der Nummer nicht mehr heraus, und wir fuhren aufs Land. Ich machte triumphierend jede Menge Bilder, die ich meiner Mutter schickte. Rainer und ich mit Kühen. Rainer und ich mit Kuhfladen. Rainer und ich und irgendwas Schwobbeliges auf dem Teller, was roch wie Socken und angeblich eine lokale Spezialität war. Ich tat begeistert und knipste auch das. Alles, um meiner Mutter zu zeigen, dass ich weiter war als sie. Dass ich problemlos einen Garten bekäme, und einen Mann hatte, der sich problemlos von mir die Freizeit gestalten ließ. In Wirklichkeit zog Rainer einen ausgewachsenen riesen Flunsch. Um ihn zu beruhigen, hatten wir Sex in einem Bett, dessen Bettwäsche schon so hässlich war, dass sie vermutlich normalerweise zur Verhütung benutzt wurde.
Abends saß ich an der Theke im örtlichen Wirtshaus mit anderen Frauen meines Alters, die alle so waren wie meine Mutter. Sie hatten Kinder, halbe Stellen und kümmerten sich um den Haushalt, während ihre Männer ein, zwei Tische weiter über Autos sprachen und wie man sie über den TÜV bringt. Und Rainer mittendrin. Ich wollte schnell wieder in die Stadt, ich wollte sofort die Emma abonnieren, ich wollte mich nachträglich von Angela Merkel adoptieren lassen. Vermutlich hat die Natur, in der ich jetzt herumsaß, es schlau eingerichtet, dass man normalerweise in meinem Alter nicht mehr anfängt, gegen seine Eltern zu rebellieren.
Sex Bingo?
Hat mir Nicole geschenkt … das ist so’n Partyding …
»Wenn alle Stellungen durch sind, seid ihr bingo!« Das ist ja schon grammatikalisch fragwürdig und biologisch einfach nicht hinzukriegen.
Na ja …
Was zur Hölle ist denn
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