Die Klassefrau
an. »Wer gewinnt den Super Bowl?«
»Die Niners mit vier Punkten Vorsprung«, antworteten Peter und Mallory wie aus einem Munde.
»Wahnsinn«, wiederholte Consuela. »Ich überlege ernsthaft, ob ich nicht auch noch Ernestos Trainingsgeräte versetzen soll. Los, lass uns gehen, Peter. Der Captain weiß, dass wir nicht schwer verletzt sind, und erwartet uns in zwanzig Minuten in seinem Büro.«
»Gut«, sagte Peter. »Was macht deine Nase?«
Statt einer Antwort stimmte Consuela »I Feel Pretty« aus My Fair Lady an.
»Ich komme gleich«, rief Peter ihr nach.
Mallory versuchte ebenfalls, durch die Tür zu schlüpfen, aber Peter hielt sie am Arm fest. Seine edelmütige Entscheidung, sich von ihr fern zu halten, hatte die letzten Tage zur Hölle auf Erden gemacht. Jeden Tag hatte er an sie gedacht, jede Nacht von ihr geträumt, in der Gewissheit, dass sie ihn nicht wollte und er ihr nichts als Schmerz zufügen würde. Er war der festen Überzeugung gewesen, dass er dieses Mal nicht das bekam, was er sich wünschte. Dann hatte er sie plötzlich mit diesem grimmigen Gesichtsausdruck in der Tür der Notaufnahme stehen sehen, und ihr Anblick hatte ihn glatt umgehauen. Sie hatte gespürt, was mit ihm passiert war!
Es gab kein Zurück – was auch immer es sie und auch ihn kosten würde. Es gab eine Verbindung zwischen Mallory Atkinson und ihm, irgendetwas sehr Ursprüngliches und Starkes verband sie beide. Diese Tatsache zu ignorieren oder beiseite zu schieben wäre gleichbedeutend damit, sich sein eigenes Herz herauszureißen. Ob zum Guten oder zum Schlechten, er brauchte sie zum Überleben. Es gab keine andere Möglichkeit.
Er hatte sich bereits zu tief in diese Sache verstrickt. Er brauchte sie nicht nur, sondern wollte um jeden Preis ein Teil ihres Lebens sein. Obwohl sie selbst den kleinsten Annäherungsversuch seinerseits bisher abgeschmettert hatte, und obwohl es bedeutete, Sicherheit gegen Gefahr einzutauschen.
Bis zu diesem Tag hatte er ein bequemes und sorgloses Leben geführt, und Mallory Atkinson war weit davon entfernt, ihm ein solches Leben bieten zu können. Sie war eine einzige Herausforderung, sowohl was sein bisheriges Leben betraf als auch seine Zukunft. Sie bot keinerlei Garantien, nein, sie verweigerte sie ihm sogar ausdrücklich. Dennoch war sie diejenige, die ihn zurück in die Welt der Lebenden holte.
Für einen Mann, der die Zukunft vorhersagen konnte, war sie das größte Geschenk – nämlich eine ständige Überraschung. Er wusste nie, was sie im nächsten Moment sagen oder tun würde.
Er hatte sich eine Frau gewünscht, die ihm half, den Schmerz und die Leere in seiner Seele zu lindern, und stattdessen hatte er eine Seelenverwandte gefunden, die mit ihrem eigenen Kummer zu kämpfen hatte. Mit ihrer eigenen Leere. Er mochte eine wandelnde Leiche sein, aber Mallory hatte sich ganz und gar ihrer Trauer und ihrer Furcht ergeben. Pflanzen und Horace waren die einzigen Lebewesen, denen sie Zutritt zu ihrem Leben gewährte. Was zwar verständlich war, aber trotzdem nicht so bleiben durfte.
Es musste geändert werden, weil kein Wesen in einem so winzigen Käfig leben sollte. Er war davon ausgegangen, dass er Mallory nur Schmerzen zufügen würde. Doch nun begriff er, dass er sie auch befreien konnte. Vielleicht würde das nicht ohne Schmerzen abgehen, aber dennoch wäre es eine Befreiung. Und in seinen Augen war es ein durchaus fairer Handel – wenn er ihr half, ihrem selbst errichteten Gefängnis zu entkommen, konnte sie ihm vielleicht helfen, dem seinen zu entfliehen. Es war einen Versuch wert. In Wahrheit war Mallory alles wert.
Dieses Glücksgefühl, das ihn bei Mallorys Anblick im Türrahmen durchströmt hatte, diese Freude, dass sie trotz ihrer Mauern und Ängste über eine so große Distanz hinweg gespürt hatte, was mit ihm los war, dass sie etwas für ihn empfand, hatte seine Einstellung, was eventuelle Gefahren oder seine edle Gesinnung betraf, grundlegend verändert. Ein müheloses, sicheres und sorgloses Leben aufzugeben war kein zu hoher Preis für dieses Glück und die Freude über das, was sie verband.
Sie würde nicht leicht zu überzeugen sein, aber er würde es schaffen.
»Danke für die Warnung«, sagte er.
Sie drehte sich um und musterte ihn mit unverhohlenem Widerwillen. »Es scheint dir nicht viel genützt zu haben.«
»Wenn ich mich nicht an das Messer erinnert und rechtzeitig weggedreht hätte, wäre es mir bestimmt noch viel mehr unter die Haut gegangen
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