Die Klassefrau
Beleidigungen perlten an ihm ab wie Wasser auf Öl. Sie holte tief Luft, um sich wieder zu beruhigen. Es blieb ihr wohl oder übel nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu sagen.
»Na schön, Drake, mein Angebot sieht folgendermaßen aus«, sagte sie und zwang sich, das aufblitzende Entsetzen in seinen blauen Augen zu übersehen. »In den einunddreißig Jahren meines Lebens habe ich schier unerträgliche Dinge erlebt. Ich habe jeden Menschen verloren, der mir am Herzen lag. Jeden, der mir wichtig war. Ich bin keine Kassandra, und ich bin auch nicht mit einem Fluch beladen, aber wie es scheint, bin ich nicht die Frau, die zu diesem Zeitpunkt eine wie auch immer geartete, lange Beziehung zu irgendjemandem haben kann. Ich könnte mich ganz leicht in dich verlieben. Es ist geradezu erschreckend, wie leicht. Aber das Problem daran ist, Drake, ich könnte es nicht ertragen, wenn du stirbst. Nicht dieses Mal. Ich habe all die anderen Tode überlebt. Dieses Mal würde ich es nicht schaffen.«
»Mallory«, sagte er und nahm ihre kalte Hand in seine warmen Hände, »ich werde erst sterben, wenn ich ein steinalter Mann bin. Ich habe unsere Zukunft gesehen, Mallory. Vor uns liegt ein unfassbar glückliches Leben.«
Sie unterdrückte das Glücksgefühl, das sie mit einem Mal überkam, und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, aber er hielt sie fest.
»Ich verstehe deine Angst«, sagte er. »Du hast wirklich allen Grund dazu, ich weiß. Aber du bist wie geschaffen dafür, Liebe zu geben und zu empfangen. Dafür, alle Freuden einer Verbindung zweier Menschen, die füreinander gemacht sind, zu teilen und weiterzugeben. Ich weiß nicht, warum du all die Menschen, die dir am Herzen lagen, verlieren musstest. Aber es wird Zeit für einen Neuanfang. Verdammt, Mallory, du hast schon damit angefangen. Nimm zum Beispiel Mike. Wie lange kennst du ihn jetzt? Vier Jahre?! Seit vier Jahren arbeitet er für dich? Und wenn du ihn hundert Mal als deinen Mitarbeiter bezeichnest, er ist dein Freund. Und er ist immer noch da, auch noch nach vier Jahren. Und dann ist da dieses riesige schwarze Fellknäuel Horace und dein ergebener Sklave Jerry in der Gärtnerei. Dein Neubeginn ist bereits in vollem Gange, Mallory. Lass dir von mir … helfen.«
Mallory bemerkte die Tränen nicht, die ihr übers Gesicht liefen. Sie hörte nur, was er sagte, und sog jedes einzelne Wort wie eine Verdurstende auf.
»Drake, du würdest mich doch nicht belügen, oder?«, fragte sie ängstlich. »Hast du wirklich unsere Zukunft gesehen?«
»Vollständig, und zwar mit schmutzigen Windeln, aufgeschrammten Knien und heftigen Streitigkeiten«, erwiderte er ernst.
Plötzlich lächelte sie, wurde sich ihrer Tränen bewusst und wischte sie hastig weg. Sie starrte auf ihre Hand, die immer noch zwischen seinen Fingern lag. »Ich weiß nicht, ob ich deinen Träumen wirklich vertrauen kann. Ich habe nicht deine Zuversicht. Ich bin unsicher, ob ich das große Risiko eingehen soll, auf etwas Unbekanntes zu setzen.«
»Nicht auf etwas Unbekanntes, Mallory«, sagte Peter und zog sie näher zu sich. »Das hier ist alles andere als unbekannt.«
Mit seiner freien Hand umfasste er ihren Hinterkopf und zog sie so nahe zu sich, bis seine Lippen sanft die ihren berührten. Und da war sie wieder, diese wunderbare Wärme, dieses wundervolle goldene Licht. O nein, von unbekannt konnte wirklich nicht die Rede sein!
»Mm«, sagte sie, als er sie langsam freigab. »Du hast Recht.«
»Womit?«, fragte Peter.
Mallory blinzelte. »Ich weiß es nicht genau. Was hast du gerade gesagt?«
Peter schüttelte sie sanft, aber beharrlich. »Ich sagte, dass es Zeit wird, dich um deine Zukunft zu kümmern, Ms. Atkinson.«
Und Mallory wusste, dass er Recht hatte. Sie konnte zwar ihre Zukunft nicht deutlich vor sich sehen und wusste nicht, ob Peters Träume reine Fantasiegebilde waren oder in Erfüllung gehen würden. Aber nach diesen beiden Wochen mit ihm, in denen sie ihn angeschrien, mit ihm gelacht, ihn geküsst und in seinen Armen gelegen hatte, konnte sie ebenso wenig wieder in ihr selbstgewähltes Gefängnis der letzten sieben Jahre zurückkehren, wie sie jetzt Peters Hand loslassen konnte.
»In Ordnung«, sagte sie.
»In Ordnung … was?«
Mallory holte tief Luft. »Du hast dir gerade eine echte, erstklassige, vertrauensvolle Freundin eingehandelt«, erwiderte sie zu seiner Verblüffung und blickte ihm in die Augen.
Peter sah aus, als hätte sie ihm mitgeteilt, dass sie das Brautkleid
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