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Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Titel: Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine Straftat zu ermöglichen oder zu verstecken, einen Menschen tötet.

    Letztlich ist es allein das sexuelle Motiv des Täters, das den Sexualmord von anderen Mordarten unterscheidet. Bei der Überführung von Sexualmördern kommt der Rechtsmedizin daher eine entscheidende Rolle zu. Denn das Ergebnis der Obduktion ist nicht selten maßgeblich, wenn das Gericht sexuelle Handlungen zwischen Täter und Opfer beurteilt (welcher Straftatbestand ist erfüllt worden?) und entscheidet, ob die Tötung des Opfers als Mord oder Totschlag zu werten ist.
    Die Unterschiede im Strafmaß sind beträchtlich: Erkennt das Gericht weder auf Mord noch auf sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung, so kann der Täter mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren davonkommen – der Mindeststrafe bei einfachem Totschlag. Wird er dagegen als Sexualmörder verurteilt, so muss er mit lebenslanger Freiheitsstrafe (mindestens 15 Jahre) rechnen, auf die in vielen Fällen die Sicherungsverwahrung folgt.
    Auch für die öffentliche Sicherheit ist es also von erheblicher Bedeutung, dass Sexualmorde als solche erkannt und entsprechend bestraft werden. Nicht nur in diesem Kontext ist eine sowohl gut funktionierende als auch unabhängige und objektive Rechtsmedizin ein unverzichtbares rechtsstaatliches Instrument.

    Ein sexuell motiviertes Tötungsdelikt liegt dann vor, wenn mehrere der folgenden Kriterien erfüllt sind:
     
Geschlechtsverkehr (vaginal, oral, anal) zwischen Täter und Opfer ist nachweisbar.
Die Kleidung des Opfers ist beschädigt, fehlt teilweise oder vollständig.
Die primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmale des Opfers sind entblößt.
Die Leiche ist sexuellen Handlungen entsprechend positioniert.
In Körperöffnungen des Opfers sind Gegenstände eingeführt worden.
Sexuelle Ersatzhandlungen oder sadistische Fantasien sind nachweisbar, z.B. Verstümmelungen der Geschlechtsteile.

Risikogruppen und »Opferkarrieren«
    Bei sexuell motivierten Tötungsdelikten sind die Täter fast ausschließlich männlich, die Opfer dagegen weit überwiegend Frauen und Kinder. Auch bei den 41 Sexualtötungsdelikten, die sich in Berlin von 1990 bis 2010 ereigneten, verteilen sich Täter und Opfer nach diesem typischen statistischen Muster:
     
Die Täter waren ausnahmslos Männer; in einem Fall wurde eine Mittäterin dingfest gemacht.
Bei den Opfern handelte es sich in 31 Fällen um Frauen, in immerhin fünf Fällen um Männer und in weiteren fünf Fällen um Kinder unter 14 Jahren, davon drei Mädchen und zwei Jungen.
    Bei allen anderen Arten von Gewaltdelikten, mit denen Polizei und Rechtsmedizin konfrontiert werden, sind nicht nur die Täter, sondern auch die Opfer weit überwiegend männlichen Geschlechts. Vor allem Frauen haben also ein vielfach höheres Risiko, Opfer eines sexuell motivierten Tötungsdelikts zu werden.
    Die Kriminalistik unterteilt das Risiko von Menschen, Opfer einer Straftat zu werden, generell in drei Stufen: niedrig, mittel und hoch. Die Mehrheit der Bevölkerung gehört aufgrund ihrer Lebensumstände der niedrigen Risikostufe an. Akademiker, die in Forschung und Lehre, als Museumspädagogen oder Steuerberater ihrem Beruf nachgehen, laufen – zumindest, wenn man der Statistik Glauben schenkt – kaum jemals Gefahr, Opfer eines Tötungsdelikts zu werden. Das gilt genauso für Beamte, Auszubildende, Schulkinder und viele weitere »bürgerliche« Bevölkerungsgruppen.
    Zur mittleren Risikogruppe werden Personen gezählt, die häufig mit ihnen unbekannten und möglicherweise gefährlichen Personen Kontakt haben. Das können Menschen sein, die sich oftmals auf Gelegenheitsbekanntschaften einlassen; Montagearbeiter, die in wechselnden anonymen Unterkünften wohnen; Homosexuelle mit häufig wechselnden Sexualpartnern oder Kontakten zur Stricherszene; oder auch Marihuana-Gelegenheitskonsumenten, die ihren Bedarf in der illegalen Drogenszene decken.
    Ein hohes Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, gehen Menschen ein, die häufig aktiv an kriminellen Handlungen beteiligt sind, beispielsweise im Geschäft mit harten Drogen. Besonders gefährdet, zum Opfer sexueller Tötungsdelikte zu werden, sind – wenig überraschend – Prostituierte.

    Die kriminalistische Opferforschung hat eine Reihe weiterer Faktoren herausgearbeitet, die die »Opferanfälligkeit« erhöhen können. Ein großer Teil der Opfer

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